Ärzte: Honorarsystem:Mehr Erfolg - mehr Geld

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Geldsegen für bessere Ärzte: Die 130.000 niedergelassenen Mediziner in Deutschland sollen künftig stärker nach Leistung bezahlt werden - eine Abkehr vom bisherigen pauschalen Abrechnungssystem.

Guido Bohsem

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, forderte am Montag in Berlin eine grundlegende Reform des bisherigen Honorarsystems. Die Qualität der ärztlichen Behandlung soll dabei eine zentrale Rolle spielen. Wer besser sei, bekomme mehr Geld, sagte Köhler.

Die Mediziner in Deutschland stellen das gültige Abrechnungssystem infrage. (Foto: Foto: AP)

Abkehr vom bisherigen Kurs

Das seit Anfang des Jahres geltende System, bei dem die Ärzte für ihre Arbeit Pauschalen erhalten, sei leistungsfeindlich, sagte Köhler. Die Ärzte strebten danach, ihre Patienten mit möglichst wenig Aufwand zu behandeln. Künftig müsse deshalb wieder anhand des Einzelfalls abgerechnet werden. Das ist eine Abkehr vom bisherigen Kurs der Ärzteschaft, die sich jahrelang eben für diese Pauschalisierung ausgesprochen hatte. Im neuen System wollen die Kassenärztlichen Vereinigungen messen, ob ein Mediziner seine Patienten erfolgreich behandelt.

Nach Köhlers Worten soll das in mehreren Stufen geschehen. So erhalte der Arzt zusätzliches Geld dafür, zum Beispiel alle seine Bluthochdruck-Patienten in einer Datenbank zu erfassen. "Wenn er dann bei mehr als 70 Prozent eine Normalisierung des Blutdrucks erreicht, wird dies zusätzlich honoriert", sagte Köhler. Ein ähnliches Vorgehen käme bei der Behandlung von Demenz-Kranken in Frage. Hier könne die Qualität der Behandlung daran gemessen werden, ob der Mediziner die verschiedenen Stadien der Erkrankung richtig behandele und so bei einer bestimmten Anzahl seiner Patienten eine deutliche Verbesserung ihres Gesundheitszustandes erreiche.

Nach Köhlers Worten soll es sich für die Mediziner lohnen, die Qualitätsanforderungen der KBV zu erfüllen. "Derjenige, der es tut, wird mehr Geld erhalten als der, der es nicht tut", sagte Köhler. Er deutete an, dass es zudem die Möglichkeit gebe, schlechter zu zahlen, wenn die Vorgaben nicht erfüllt würden.

Kritik an der Weiterbildung

Mit diesem Vorschlag geht die KBV bei einem in der Ärzteschaft heiß umstrittenen Thema in die Offensive. Schon seit Jahren diskutieren Experten, wie man die Qualität der ärztlichen Behandlung messen und entsprechend bewerten kann. Seit längerem wird beklagt, dass viele Mediziner sich nicht intensiv genug weiterbilden und deswegen die Qualität der Behandlung leide. Seit 2004 gibt es eine Fortbildungspflicht, wonach Kassenärzte alle fünf Jahre nachweisen müssen, dass sie sich auf dem Laufenden halten. Ansonsten drohen ihnen finanzielle Einbußen. Doch wird auch innerhalb vieler Kassenärztlicher Vereinigungen bezweifelt, ob dies ausreiche. Die Fortbildungsseminare seien oft zu seicht und die Prüfungen zu einfach, heißt es.

Es gibt zwar diverse Gütesiegel, mit denen die Ärzte für sich werben können. Diese konzentrieren sich jedoch nicht auf die Qualität der medizinischen Behandlungen, sondern begutachten nur, ob eine Praxis effizient geführt wird. Die Bundesärztekammer hatte für 2005 ein einheitliches Gesundheitssiegel angekündigt, dessen Einführung aber aussteht.

Die Gegner einer Bezahlung nach Leistung fürchten, dass die Ärzte damit einen Anreiz hätten, kranke Patienten als gesund einzustufen. In Großbritannien gab es sogar Fälle, in denen sich Ärzte weigerten, Kranke zu behandeln, weil sie fürchteten, dass sich dadurch die Leistungsbilanz ihrer Praxis verschlechtern könnte.

Der Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Klaus Theo Schröder, wies die Initiative der KBV zurück. "Die Versorgung der Kranken war noch nie so stabil und so gut finanziell abgesichert wie gegenwärtig", erklärte er. Die Forderungen seien daher unangemessen.

© SZ vom 14.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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