Adidas:Vorfreude ist am schönsten

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Der neue Konzernchef Kasper Rorsted präsentiert die guten Zahlen seines Vorgängers und hebt die Prognosen an. Den Aktionären gefällt das. Dabei läuft beim Sportartikelhersteller längst nicht alles rund.

Von Caspar Busse, München

Es ist ein gewaltiger Vertrauensvorschuss für Kasper Rorsted. Der 55-jährige Däne, der zuvor für Henkel gearbeitet hatte, ist seit Oktober vergangenen Jahres Vorstandsvorsitzender von Adidas, an diesem Mittwoch präsentierte er in Herzogenaurach erstmals die Bilanz des hinter US-Konzern Nike zweitgrößten Sportartikelkonzerns der Welt. Und die Investoren jubelten über das, was er ankündigte. Die Adidas-Aktie legt um zeitweise neun Prozent auf nahezu 175 Euro zu - und ist damit jetzt so viel wert wie nie zuvor.

"Wir sind ein Wachstumsunternehmen in einem Wachstumsmarkt", sagte Rorsted und fügte an: "Und jetzt ist es an der Zeit, unsere Ziele für 2020 anzuheben." Bis zum Jahr 2020 sollen die Einnahmen, verglichen mit 2015, jährlich im Durchschnitt um zehn bis zwölf Prozent auf dann bis zu 27 Milliarden Euro zulegen, der Gewinn sogar um bis zu 22 Prozent, mehr als Analysten zuvor erwartet hatten.

Künftig will sich das Unternehmen nur noch auf zwei Marken konzentrieren

Dafür will Rorsted Adidas vereinfachen und künftig auf die beiden Hauptmarken Adidas und Reebok konzentrieren. Neben dem Verkauf des Golfgeschäfts, bei dem es zuletzt hakte, wird jetzt auch eine Trennung von der Eishockey-Marke CCM Hockey angestrebt. Gleichzeitig machte der neue Adidas-Chef auch klar, wo es noch große Probleme gibt - im wichtigen US-Markt zum Beispiel, wo Nike noch immer deutlich vor den Deutschen liegt. Oder bei der noch immer mit Schwierigkeiten kämpfenden Tochterfirma Reebok, die nun weiter saniert werden soll. Außerdem kritisierte er, dass es Lieferschwierigkeiten bei beliebten Produkten gebe.

Ganz locker im Pulli mit hochgekrempelten Ärmeln und Dreitagebart: Adidas-Chef Kasper Rorsted setzt auf einen neuen Stil in Herzogenaurach. Er glaubt auch, dass Sport das Leben verändern kann. (Foto: Daniel Karmann/AFP)

Es läuft also bei weitem nicht alles glatt bei Adidas, doch die Investoren setzen auf Rorsted, hoffen auf eine gute Zukunft.

Auch rein äußerlich ist einiges neu in Herzogenaurach: Rorsted trat in schwarzem Pulli mit Adidas-Logo auf der Brust auf, dazu eine helle Jeans und weiße Turnschuhe, die aus recyceltem Plastik gemacht wurden, das aus den Ozeanen gefischt wurde. Daneben wirkte der nur vier Jahre ältere Finanzvorstand Robin Stalker in seinem dunklen Anzug mit Krawatte wie ein Gast aus einer anderen Zeit. Der gebürtige Neuseeländer hat gerade nach 16 Jahren im Adidas-Vorstand seinen Abschied verkündet und wird nun durch Harm Ohlmeyer ersetzt.

Das vergangenen Geschäftsjahr, das größtenteils noch von Rorsteds Vorgänger Herbert Hainer verantwortet wurde, war bereits sehr gut gelaufen. Der Umsatz erhöhte sich um 18 Prozent auf 19,3 Milliarden Euro. Der Gewinn liegt erstmals bei einer Milliarde Euro. Die Aktionäre sollen davon profitieren und eine Dividende von zwei Euro je Aktie bekommen, ein Viertel mehr als zuletzt - auch das dürfte zur guten Stimmung am Markt beigetragen haben. In diesem Jahr peilt Adidas nun ein Umsatzplus von bis zu 13 Prozent an, der Gewinn soll sogar um ein Fünftel steigen auf 1,23 Milliarden Euro. Das ist auch angesichts der Unsicherheiten in der Weltwirtschaft ein sehr anspruchsvolles Ziel, an denen sich Rorsted nun messen lassen muss.

Vorgänger Hainer hatte Adidas mehr als 15 Jahre lang geführt. In seinen letzten Amtsjahren hatte er mit einem deutlichen Einbruch zu kämpfen, er brachte den Konzern dann aber wieder auf Kurs. Die noch von Hainer erarbeitete Strategie mit dem Titel "Creating the new" führt Rorsted im Grundsatz weiter - mit einigen kleineren Veränderungen. So soll der Onlinehandel deutlich stärker als bisher geplant ausgebaut werden. Bis 2020 wird ein Internetumsatz von vier Milliarden Euro angestrebt, eine Vervierfachung gegenüber 2016. Man werde so den Gewohnheiten gerade der jungen Kunden gerecht, sagte Rorsted. Bislang sah es der stationäre Handel kritisch, wenn Adidas seine Produkte an ihm vorbei direkt online verkauft.

SZ-Grafik (Foto: SZ-Grafik)

Außerdem will Adidas künftig noch mehr auch auf Lifestyle-Produkte setzen, besonders in Großstädten wie New York, Los Angeles, Shanghai oder Tokio. Der Bereich, der zuletzt etwa mit den Turnschuhmodellen Stan Smith oder Superstar ein hohes Umsatzwachstum erzielte, macht bislang gut 30 Prozent des Umsatzes aus, der große Rest entfällt auf reine Sportprodukte. "Wir sind eine Sportfirma und wollen die beste Sportfirma der Welt sein", betonte Rorsted. Allerdings sei die Unterscheidung mehr und mehr fließend. Reine Sportschuhe würden inzwischen auch in der Freizeit getragen. Es ist ein Spagat: Adidas-Konkurrent Puma etwa hatte mal voll auf Mode gesetzt, damit großen Erfolg, dann aber ging die Anziehungskraft für Sportler verloren. Puma geriet in die Krise.

Rorsted betonte, Adidas bleibe weiterhin eine Sportmarke. Insgesamt soll es künftig auch weniger Produkte geben. Die Produktion soll teilweise wieder zurück in die Hauptabsatzmärkte verlegt werden. Weltweit zieht Adidas sogenannte "Speed-Factories" hoch, in denen mit modernen Fertigungsmethoden neuartige Turnschuhe hergestellt werden. So sei es beispielsweise möglich, den eigenen Namen auf die Schuhe drucken zu lassen oder Maßanfertigungen zu bestellen. Mit diesen Artikeln, die künftig wieder in Deutschland und den USA produziert werden, will Rorsted 2020 bereits mehr als die Hälfte seines Umsatzes machen.

Der neue Adidas-Chef hat große Pläne, doch die Umsetzung wird hart.

© SZ vom 09.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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