Korruptionsaffäre bei EADS:Konzernchef Enders in Bedrängnis

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Deutsche und österreichische Behörden ermitteln wegen dubiosen Eurofighter-Geschäften gegen EADS. Will der Vorstandsvorsitzende Enders die Korruptionsaffäre ohne größeren Schaden für sich und für das Unternehmen überstehen, wird er sich als bedingungsloser Aufklärer profilieren müssen. Dabei hat EADS derzeit ganz andere Probleme.

Caspar Busse

Thomas Enders hat große Probleme, EADS aus dem staatlichen Würgegriff zu befreien. Jetzt muss er sich auch noch in einer Korruptionsaffäre verantworten.  (Foto: REUTERS)

Thomas Enders hat einen großen Traum. Er will den europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS endlich zu einem "normalen Unternehmen" machen - zu einer Firma also, die ohne Rücksicht auf politische Eitelkeiten und Wünsche, ohne staatliche Einflussnahme weitgehend eigenständig entscheiden und weltweit ihren Geschäften mit Erfolg nachgehen kann.

Die Wahrheit ist: Enders, der erst Ende Mai den Job als Vorstandsvorsitzender von EADS übernommen hat, ist inzwischen weiter denn je von seiner Vision entfernt. Die Politik hat EADS fest im Griff, möglicherweise fester als zuvor. Die Milliardenfusion mit dem britischen Rüstungsunternehmen BAE Systems ist kläglich gescheitert - nicht zuletzt am energischen Widerstand der deutschen Politik, vor allem in der Person von Peter Hintze. Der CDU-Politiker koordiniert im Auftrag von Kanzlerin Angela Merkel die deutsche Luft- und Raumfahrtpolitik und profilierte sich zuletzt als ausgewiesener Gegner von Enders. Hintze pochte auf Standort- und Beschäftigungsgarantien für Deutschland und will nicht auf staatlichen Einfluss verzichten, geht es doch um viel Prestige, um tausende hochwertige Hightech-Arbeitsplätze und um Fördergelder in Millionenhöhe, die EADS erhält.

Jetzt erschüttert eine Korruptionsaffäre das Unternehmen, die am Ende Enders selbst gefährlich werden könnte. Es geht um dubiose Millionentransfers, die im Zusammenhang mit dem Verkauf von Eurofighter-Maschinen nach Österreich stehen könnten. Die österreichischen Behörden ermitteln, auch in Deutschland gab es bereits Durchsuchungen. Es soll um eine Menge Geld gehen, das über ein Netz von Tarnfirmen als Bestechung geflossen sein könnte. EADS kooperiert nach eigenen Angaben mit den Behörden. Enders selbst schrieb Ende vergangener Woche an seine Mitarbeiter, es gebe "null Toleranz" und kein Platz für betrügerisches oder unethisches Verhalten.

Doch so einfach wird sich Enders der Affäre nicht entledigen können. Der Bundeswehr-Major der Reserve, der seit der Gründung von EADS vor bald dreizehn Jahren für das Unternehmen arbeitet, war lange direkt in der Verteidigungssparte tätig und muss sich als damaliger Bereichschef zumindest nach seiner Verantwortung fragen lassen. Hätte er davon wissen können? Zudem könnten die Korruptionsvorwürde das internationale EADS-Rüstungsgeschäft erheblich beeinträchtigen, vor allem auf dem Milliardenmarkt in den USA, wo die Europäer ohnehin nicht besonders gut gelitten sind. Die Gefahr ist also groß.

Enders in Bedrängnis

Will Enders, der selbst als absolut integer gilt, die Affäre ohne größeren Schaden für sich persönlich und für das Unternehmen überstehen, wird er sich jetzt als bedingungsloser Aufklärer profilieren müssen. Die Frage ist, ob das reicht. Das Problem: Enders hat sich mit seiner kompromisslosen und manchmal auch ruppigen Art nicht viele Freunde gemacht. Sowohl innerhalb des Unternehmens als auch in der Politik gibt es offenbar einige, die die Probleme von Enders mit Schadenfreude sehen. Der EADS-Chef hatte beispielsweise das geplante Zusammengehen mit den Briten ohne intensive Einbeziehung der Bundesregierung vorbereitet. Berlin aber wollte sich nicht vor vollendete Tatsachen stellen lassen und meldete Bedenken an.

Innerhalb des Konzerns sorgt die geplante Verlagerung der Hauptverwaltung ins südfranzösische Toulouse - an den Standort der wichtigsten Konzerntochter Airbus - für große Unruhe. Angeblich werden immer mehr Führungspositionen mit Franzosen besetzt, das interne Gleichgewicht innerhalb von EADS zwischen Franzosen und Deutschen gerät zunehmend in Schieflage. Auch hier hatte Enders quasi handstreichartig seine Pläne verkündet, ohne vorher für sein Projekt zu werben. Diplomatie galt noch nie als besondere Stärke des EADS-Chefs. Der harte Kurs könnte sich in schwierigen Zeiten, wo EADS in Turbulenzen gerät, rächen.

Dabei ist die Strategie von Enders richtig. Der Luft- und Raumfahrtkonzern muss sich möglichst bald aus dem staatlichen Würgegriff befreien - noch immer haben Frankreich und Deutschland als wichtigste Aktionäre, als große Auftraggeber und als Geber von öffentlichen Fördermitteln ein entscheidendes Wort mitzureden. Noch immer wird oft nach politischem Kalkül entschieden, nicht nur nach betriebswirtschaftlichen. Es steht viel auf dem Spiel: EADS, hinter Boeing die Nummer Zwei der Welt, beschäftigt mehr als 133.000 Mitarbeiter.

© SZ vom 12.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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