Start der Fashion Week:Designer auf Kuschelkurs in Berlin

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Sie sind wieder mit dabei: Die Designerinnen Alexandra Fischer-Roehler und Johanna Kühl von Kaviar Gauche. (Foto: Getty Images for IMG)
  • In Berlin beginnt am Montag die Fashion Week. Vorgestellt werden die Trends für den kommenden Herbst und Winter.
  • Mit der neuen Plattform "Berliner Modesalon" gibt es nun eine gemeinsame Initiative unterschiedlichster Designer.
  • Nach der Pleite der Streetwear-Messe Bread&Butter fällt ein entscheidender Magnet weg.

Von Anne Goebel

Zusammenrücken in Berlin: Wenn Modeschöpfer auf einmal ihr Herz füreinander entdecken, sollte man nicht gleich auf Nächstenliebe schließen. Die Branche ist seit jeher ein Parkett für Selbstdarsteller, für ichbezogene Paradiesvögel, und doch stehen zum deutschen Auftakt des alljährlichen Schauen-Marathons die Zeichen auf Harmonie. Auf der vielgesichtigen Fashion Week, die an diesem Montag in der Hauptstadt beginnt, soll mit dem "Berliner Modesalon" eine weitere Plattform etabliert werden - das Besondere daran: Sie ist eine gemeinsame Initiative unterschiedlichster Designer, es sind Newcomer dabei und renommierte Rückkehrer, die viele längst an der Spree gern wiedergesehen hätten.

Mit ungemütlichem Januarwetter hat der Kuschelkurs aber nichts zu tun, eher mit der frostigen Zukunft der Modestadt Berlin. Nach der Pleite der Streetwear-Messe Bread&Butter fällt ein entscheidender Magnet weg. Und neben dem Lokalmatador Michael Michalsky, der seine Modegala abgesagt hat, sind auch andere feste Größen wie Lala Berlin nicht mit einer Show dabei. Jetzt heißt es Kräfte bündeln.

Äußerlich wird in den kommenden Tagen alles sein wie immer. Ausgebuchte Hotels, das ein bisschen zu großspurige Zelt der Mercedes-Benz-Fashion-Week am Brandenburger Tor, eine Horde aus PR-Leuten, Einkäufern, Journalisten, im Galopp unterwegs zwischen mehr als zehn parallel stattfindenden Modemessen. Natürlich bricht so ein Branchenauftrieb nicht von einer Saison zur nächsten zusammen, aber es gärt mal wieder. Wobei die Berliner Wirtschaftssenatorin nicht müde wird zu versichern, dass sich die Stadt eine respektable Position erobert hat im globalen Fashionbusiness.

"Berlin hat einen festen Platz im internationalen Schauenkalender. Und wir bieten mit der Fashion Week die wichtigste Leuchtturmveranstaltung in Deutschland", so Cornelia Yzer im Gespräch mit der SZ. Aber genau das sagt eben nichts über die heftig ersehnte Strahlkraft hiesiger Labels bis nach Paris oder New York, wo das Sortiment einflussreicher Stores eine Marke fast über Nacht groß machen kann.

Die Deutschen und die Mode

Wäre es nicht gut, wenn die Politik an höchster Stelle ein Zeichen setzte für die Mode als Kulturgut, wie in Frankreich, wo Madame la Ministère de la Culture mit lackschwarzem Pagenschnitt Defilees beehrt? Wünschenswert ja, sagt Cornelia Yzer. "Aber Sie können in einem Land nicht von heute auf morgen den Schalter umlegen." Die Deutschen und die Mode, das bleibt eine schwierige Paarung.

Für Aufmerksamkeit soll der Celebrity-Fotograf Mario Testino als Gastredner sorgen, er eröffnet in Berlin auch seine Ausstellung "In Your Face". Partner beider Events ist die deutsche Ausgabe der Vogue - und wenn man bedenkt, dass auch der neue "Modesalon" von deren Chefredakteurin Christiane Arp mitbefeuert wurde, dann kann man sich gut vorstellen, mit welchem Eifer da hinter den Kulissen daran gearbeitet wurde, das Image der deutschen Mode zu polieren.

Der Salon, veranstaltet von der Foto-und Eventagentur Nowadays, bringt 18 Designer im Kronprinzenpalais zu einer gemeinsamen Präsentation zusammen. Dorothee Schumacher, das Münchner Duo Talbot Runhof oder die Kaschmirspezialistin Andrea Karg mit ihrem Label Allude gehören zu den bekanntesten Namen. Sie zeigen ihre Kollektionen zum Teil längst in Paris und verstehen die Visite im Prachtbau Unter den Linden wahrscheinlich als Aufbauspritze für die schwächelnden Gefährten an der Heimatfront.

"Das ist Tamtam"

Aber auch Kritik an der Mercedes-Benz-Fashion-Week ist zu hören, die in ihrem Laufsteg-Zelt nicht strikt auf Qualität achte. "Dort können sich Fernsehstars als Designer vermarkten. Das ist Tamtam", sagt etwa der Frankfurter Modeschöpfer und Salon-Aussteller René Storck. Gelassene Reaktion aus der Pressestelle der Stuttgarter Autobauer: "Wir begrüßen neue Formate in Berlin."

Es sind also zum Jahresauftakt sämtliche Modeleute untereinander richtig anhänglich in Berlin. Auch die sphinxhaften Designerinnen von Kaviar Gauche, zwischenzeitlich abtrünnig, sind wieder zurück. Michael Michalsky hat für seine Absage edle Gründe angeführt (er spende lieber für Ebola-Opfer), die heimatlosen "Bread&Butter"-Aussteller sind bei anderen Messen untergekommen. Und sogar das märkische Umland sucht die Nähe zur Hauptstadt mit den Modetagen "Potsdam Now", die gleichzeitig stattfinden.

Das Branchenmagazin Women's Wear Daily resümiert die Stimmung: "Looking for Love in Berlin". Aber nach der Umarmung, das wissen alle, müssen für jeden Einzelnen die Zahlen stimmen.

© SZ vom 19.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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