Mode:Hallo, Herbst

Vom Laufsteg auf die Straße: Mit diesen neun Trends für die nasskalte Saison fällt der Abschied vom Sommer garantiert leichter - allesamt tragbar und praxistauglich.

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Barett: Kluger Kopf

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Quelle: SZ

Niemand konnte ein Barett so tragen wie Lauren Bacall. Das Mützchen nachlässig schräg, dazu Kostüm und Schmollmund - darin steckt alles, was das französische "béret" ausmacht: Es ist eine Kopfbedeckung und doch informell, es ist verwegen und gleichzeitig verträumt und lebt vom Gegensatz. Che Guevaras Kampfmontur gab der Filzlappen etwas Verletzliches. Frauen lässt die weiche Kappe, je nach Trageweise, lasziv oder androgyn wirken. Prinzipiell sieht man damit - das Grundbedürfnis unserer Zeit - irgendwie besonders aus.

Diesen Effekt hat sich Maria Grazia Chiuri für Dior zunutze gemacht und einen Boom der Baskenmützen losgetreten. Sie zeigte Barett zu Culottes, Denim, Tüll - und jetzt wollen von Rihanna bis Bella Hadid alle ausschauen wie ein Mädchen von der Rive Gauche. Die Fast Fashion Ketten sind aufgesprungen, aber Vorsicht beim Nachmachen: Samt- oder Ledermütze im Alltag, das kann leicht ins Kostümierte rutschen.

goeb

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Krawatte: Nicht mehr ohne

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Quelle: SZ

Bis vor nicht allzu langer Zeit herrschte auf der Herrenbrust gähnende Leere - alles war tief geöffnet, aufgerissen und weit ausgeschnitten. Mittlerweile aber sind nicht nur die Hemden wieder fein säuberlich und bis zum letzten Knopf geschlossen, sondern auch oft noch mit einer Krawatte versiegelt.

Es sind ausgerechnet Anti-Modisten wie Vetements, Balenciaga oder Gosha Rubchinskiy, die den Binder derzeit wieder als Accessoire ins Spiel bringen. Nicht ganz schmal, aber auf keinen Fall zu breit sollte er sein und nonchalant seine Botschaft verbreiten: In einer Welt, die auseinander fällt, ist die Krawatte (im Foto von Paul Smith) wenigstens ein Versuch, alles oberflächlich zusammenzuhalten.

Bei Vetements sahen die Krawattenmodels dann auch aus wie völlig erschöpfte, kaputte Büroarbeiter. Bei Balenciaga blitzte sie ganz klein aus Mantel- und Jackenöffnung, genug, um die durch die Selfie-Kultur entstandene Aufmerksamkeit für das obere Körperdrittel zu bedienen.

xig

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Cord: Gerne gerippt

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Quelle: Prada

Anfang der Nullerjahre zwängte sich eine ganze Riege mittelalter Männer in karamellfarbene Cordanzüge, was ihnen als Ausweis ihrer Brillanz und generellen Andersartigkeit galt. Da sie nun aber alle exakt gleich aussahen, wurde ihnen auch das recht bald wieder fad. Insgesamt muss man sagen: Die meisten Menschen lieben Cord nicht. Sie halten es für irgendwie spießig oder wurden als Kinder zu lange in orange Cordlatzhosen gesteckt. Dabei handelt es sich um ein fantastisches Material - weich, strapazierbar, charakterfest.

Unbedingt begrüßenswert, dass es nun seine Wiederauferstehung feiert. Bei Miu Miu gibt es breitrippige Jacken mit Fellbesatz im Stil der Siebziger, bei Nina Ricci pastellige Westernröcke, Prada legt sogar den karamellfarbenen Schnöselanzug wieder auf, aber mit Leder besetzt (siehe Foto; erhältlich über net-a-porter.com). Cord steht für robuste Eleganz und trifft damit exakt den Zeitgeist: So ehrlich und erdverbunden war der Herbst lange nicht.

tar

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Rot: Von Kopf bis Fuß

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Quelle: ALDOCASTOLDI

Seit dem Baywatch-Badeanzug von Pamela Anderson ist die Farbe Rot eigentlich auserzählt. Als Hingucker und auf dem gleichfarbigen Teppich natürlich jederzeit gern genommen, aber immer ein wenig aufdringlich und offensichtlich, sprich: übelster Sex-Verdacht. Und Sex ist auf den Laufstegen seit Jahren so tot wie, äh, Glitzerstützstrümpfe. Nun aber das Überraschende: Red is back. Und zwar nicht in den verschämten Schattierungen Burgunder-, Korallen- oder Granatapfelrot. Sondern wenn schon, denn schon, also Feuerrot muss es sein.

Dies bitteschön gleich von Kopf bis Fuß, siehe Max Mara, Jil Sander oder auch Fendi (Foto). Aber - und das ist jetzt wichtig - es sollte schnörkellos bleiben. Bloß keine Rüschen, Volants, Stickereien und sonstiges Gedöns, sondern klassische Teile (Trenchcoat. Bleistiftrock. Stiefel.) und kompromisslose Silhouetten. Das neue Rot ist also gleichzeitig maxi- und minimalistisch. Klingt kompliziert? Sorry, einfacher haben wir's nicht.

tar

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Patchwork: Nichts wie weg

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Quelle: SZ

Naturkatastrophen, durchgedrehte Politik, die Welt ist aus den Fugen. Bleibt die Frage: Wohin dann? Die Mode schlägt für den Herbst zwei symbolische Fluchten vor, von denen eine ungemütlich kalt aussieht (der metallische Space-Trend). Auch nicht mehr ganz neu, aber heimeliger ist der folkloristische Ausweg aus der Gegenwart. Man nehme Lederflicken, Stoffreste, Fell, alles wird mit groben Stichen aneinandergesetzt, bestickt, vielleicht mit Glasperlen besetzt - voilà, ein Patchwork-Mantel, in dem sich die zivilisationsmüde Städterin sofort vorkommt wie ein einsamer Pferdehirt vor seiner Jurte in der Steppe von Kasachstan.

Prada und Sonia Rykiel haben, natürlich maximal veredelt, solche Ganz-weit-weg-Jacken gezeigt, bei Alexander McQueen gab es sogar bodenlange Kleider im Flickenmuster. Praktischer sind Ethno-Taschen (im Foto: Etro) mit Fransen, Zotteln oder Volkskunst-Ornamenten. So trägt man die Sehnsucht nach dem Anderswo immer bei sich.

goeb

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Zweireiher: Breite Brust

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Quelle: SZ

Der Fachmann spricht nur noch vom neuen DB-Style. Das hat aber nichts mit der Bahn zu tun, sondern meint Double-breasted-Sakkos und -Mäntel, zu Deutsch: Zweireiher. Die standen als klassischer Pflichtanzug für Wirtschaftswunder-Politiker und später Mafia-Bosse eigentlich nie im Ruf besonderer Frische und Flottheit. Das ändert sich jetzt, seit jemand entdeckt hat, dass eine doppelte Knopfreihe nicht unbedingt mit kastenförmiger Form einhergehen muss.

Von Bottega Veneta (Foto) über Stella McCartney bis hin zum schicken Start-Up-Schneider suitsupply.com sind die Doppelreiher diese Saison überall im Aufgebot und machen aus jungen Trägern gestandene Herren. Damit sie nicht zu großväterlich wirken, werden sie dabei entweder in knalligen Farben und Mustern getragen oder mit T-Shirt und Jeans kombiniert. Ihren Zweck erfüllen sie heute genauso wie damals: Der Oberkörper wird damit zu einer dicht geschlossenen Festung gegen die Unbilden der urbanen Welt.

xig

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Rollkragen: Dünne Unterschicht

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Quelle: SZ

So ein hautenger Skirolli unterm Hemd wirkt ja erst mal furchtbar unbequem. Ist er aber nicht: Die Baumwolle ist so dünn und dehnbar, dass man das gute Stück selbst unterm zugeknöpften Hemdkragen kaum merkt. Raf Simons, der neue Designer von Calvin Klein, hat dieses Styling in seiner ersten Kollektion rauf und runter gezeigt. Da saßen - für Frauen und für Männer gleichermaßen- Rollkrägen in allen möglichen Bonbonfarben unter Jeans- und Lederhemden. Nur als Einzelteil waren sie nie zu sehen.

Schwer vorstellbar, dass Simons uns in der kalten Jahreszeit einfach nur wärmen will. Nein, es zählt natürlich die Optik: So eine weiße, rote, schwarze oder gelbe Halskrause ist ein feiner Blickfang. Weshalb Modeleute den Trick schon längst anwenden, vor allem Frauen. Sie tragen den dünnen Rollkragen unter weiten und verspielten Kleidern - und machen so längst eingemottete Modelle noch mal fit für die neue Saison. Kleines Teil, große Wirkung.

debr

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Bergstiefel: Stadtfein gemacht

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Quelle: SZ

Bergstiefel finden sich diesen Winter auch in solchen Schaufenstern, die bisher keinesfalls mit Outdoor-Aktivitäten in Verbindung gebracht werden wollten: Valentino, Chloé, Acne, Axel Arigato (Foto) etc. Mit diesen Schuhen verhält es sich dann eigentlich genau wie mit den SUVs in der Großstadt: Sie sind groß, auffällig und sehen aus, als wären sie fürs Gelände gemacht, in Wirklichkeit haben viele nicht mal einen Allradantrieb und berühren nie etwas anderes als Asphalt.

Das alles dürfte auch für den Fashion-Bergstiefel zutreffen, der seinen Träger zwar durchaus verwegen und alpin wirken lässt, damit seine Funktionalität aber meistens schon erschöpft hat. Sportliche innere Werte? Eher Fehlanzeige, oder die Stiefel sind gleich so edel zusammengenäht, dass sich ein ruppiger Einsatz von selbst verbietet. Immerhin, die Knöchel sind warm, das Fußbett ist stabil, und einen Schutz gegen Umknicken bieten die hohen Treter auch. Das kann nicht jeder Schuhtrend von sich behaupten.

xig

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Weltraum-Look: Ufos in Sicht

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Quelle: SZ

Eisberg, Windpark, Eiffelturm: Karl Lagerfeld hat mit den Dekorationen seiner Chanel-Schauen schon häufiger nach den Sternen gegriffen. So nah wie bei der Show zur aktuellen Herbstkollektion kam er ihnen jedoch nie: Die Models flanierten um eine Raketenattrappe, die zum Finale sogar startete, zumindest ein bisschen. An der Hallendecke war Schluss. "Im Moment ist hier unten nicht viel zu holen. Also gehen wir lieber woanders hin", sagte der Designer später und spielte damit auf die politisch unsicheren Zeiten an.

Der Hang zum Außerirdischen treibt auch andere Designer um. Bei Valentino und Dior etwa gibt es derzeit Kometenprints. Gucci (Foto) setzt den Trend noch ironischer um, mit Ufos auf Strickpullovern und Schlüsselanhängern. Die alltagstaugliche Variante des Space Age sind silbermetallische Sneakers und Boots von Stella McCartney oder Acne. Die kann man selbst in der Fußgängerzone tragen, ohne abgehoben zu wirken.

debr

© SZ.de/vs
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