Fashionspießer zu Floraldruck-Hosen:Blüht auf

Fashionspießer Floraldruck

Florales zum Frühling: Romantikerinnen sollten sich lieber etwas anderes ausdenken.

(Foto: Süddeutsche.de)

Kein Wunder, dass uns nach dem endlosen Winter die Romantik übermannt. Aber Blümchenjeans? Florales gehört ins Bett, in die Küche oder an die Wand. Die unverbesserlichen Romantiker sollten sich etwas anderes einfallen lassen. Eine Modekolumne.

Von Lena Jakat

Der Morgen: In grauem Frottee. Der Mittag: in grauem Hosenanzug. Der Abend: in Grau und noch ein Schleier dazu. Ton in Ton war das Gewand gehalten, in dem sich der Spätwinter in den vergangenen Monaten präsentierte, vielleicht elegant und klassisch, aber vor allem ein bisschen langweilig, geradezu deprimierend. Wie eine Jil-Sander-Show in Endlosschleife hing das Wetter im unifarbenen Modus fest.

Gänseblümchen und Schmetterlinge, der Geruch nach frischem Gras und Apfelblüten im Haar - das gab es einzig und allein: in unseren Träumen. Kein Wunder also, dass wir uns jetzt, da die ersten Sonnenstrahlen des Jahres die Natur explodieren lassen und unsere Seelen streicheln, nicht ausgerechnet in die anthrazitfarbene Jeans schmeißen. Der Sommer muss her, auch an Bauch und Beinen: Pink, Gelb, Türkis, alles was der Kleiderschrank so hergibt.

Mit so manchen fashion-victims scheinen die Frühlingsgefühle jedoch ein wenig durchgegangen zu sein. Da winden sich Rosenblüten und Feldblumen über Unterschenkel, ranken sich Dahlien in schönster Laura-Ashley-Manier um Mädchenbeine, explodieren Knospen auf Knien und Hinterteilen. Die Floralprint-Hose ist die textilgewordene Wetterfühligkeit des Jahres. Und wieder einmal der beste Beweis dafür, dass das Wörtchen "altmodisch" sich längst selbst ad absurdum geführt hat.

Der Trend geht dabei zur naturalistischen Pflanzenstudie. Was bislang nur als historische Lexikonillustration in Holzrahmen auf Flohmärkten verkauft wurde, prangt jetzt auf Leggings, Jeans und Chino. Dabei sind die Blumenkinder des Frühlings 2013 stilmäßig durchaus in prominenter Gesellschaft: Auch Katie Holmes, Rihanna und Beyonce haben sich per Foto schon öffentlich zum floralen Beinkleid bekannt.

Nun ist ja die Sehnsucht nach dem Sommer durchaus nachvollziehbar, insbesondere für alle, die ihre Tage in einem von Wind und Wetter abgeschotteten Büro verbringen, wo es 19 Grad und 20 Prozent Luftfeuchtigkeit hat, ganz egal, ob August, Dezember oder Februar. Aber Blümchen? Wenn schon Natur auf Stoff gedruckt werden muss, dann bitte: auf Bettwäsche. Oder Geschirrtücher. Oder das Sofa im englischen Landhaus.

Vielleicht ist der Blümchenlook auch eine Verschwörung der Rosamunde-Pilcher-Ultras. Eine Geheimloge von Frauen, die der rauen Naturromantik der Sonntagabend-Schnulzen hoffnungslos verfallen sind und die Welt in ein einziges adeliges Happy End verwandeln wollen. Womöglich nähen Omas reihenweise Hosen aus ihren alten Vorhängen und schicken ihre Enkelinnen mit der heißen Ware in die deutschen Fußgängerzonen, damit sie diese dann heimlich stapelweise in den Regalen der Klamottenläden deponieren. Jemand sollte mal beim ZDF nachfragen.

Klar, es ist Frühling, alles blühet, vögelt, duftet. Die Hormone kochen. Aber es gibt doch auch andere Möglichkeiten, die vollkommen legitime Sehnsucht nach unverdorbenem Romantik-Kitsch, die heimlichen Mauerblümchenträume auszuleben: "Stadt der Engel" ausleihen zum Beispiel, und mit Prosecco, Laptop und Birnenkuchen zur Besten Freundin aufs Blümchensofa. Endlich mal mit dem Häkeln/Romanschreiben/Schwedisch lernen anfangen. Mit dem Liebsten ins Schwimmbad einbrechen und sich anschließend auf dem Gepäckträger nach Hause fahren lassen. Bunten Nagellack für die Zehen kaufen und für den Balkon palettenweise (echte) Primeln. Auf der Wiese liegen und die Welt mit all ihren Zeckenwarnungen vergessen.

Diese Aktivitäten sind auch ziemlich romantisch und dafür müssen weder Blumen noch Betrachter unangemessen leiden. Im Gegenteil. Wer seine Zielperson romantischer Bemühungen nachts aufs Erdbeerfeld entführt oder ihr einen selbstgepflückten Blumenstrauß vor die Haustür legt, kann in der Regel tragen, was er will. Wenn das alles nicht funktioniert, hilft die Rosenhose allerdings auch nicht weiter.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: