WM-Tagebuch "Blog do Brasil":Nächtens in der Schlange

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Extra für die WM gebaut: der Flughafen São Gonçalo do Amarante in Natal (Foto: REUTERS)

Der Flughafen Natal ist so jung wie die WM. Er hat sogar ein Kartenlesegerät - das aber nur unter bestimmten Voraussetzungen funktioniert. Was SZ-Reporter bei der WM erleben.

Von Boris Herrmann, Natal

Wer behauptet, der neue Flughafen von Natal sei nur halbfertig, der lügt. Es gibt eine Landebahn. Es gibt ein Terminal mit zwei Stockwerken. Es gibt sogar eine Rolltreppe. Das ist mehr, als man für einen halben Flughafen braucht. Ein bisschen was fehlt trotzdem noch.

Nach brasilianischen Dimensionen liegt der Natal-Airport durchaus in der Nähe der WM-Stadt selbigen Namens. Ein knappes Stündchen mit dem Taxi - schon ist man da. Eine andere Möglichkeit, diesen Flughafen zu verlassen, gibt es leider nicht, zumindest dann nicht, wenn man mit der Abendmaschine aus Rio kommt. Die Taxigebühr ist vorab in der Zentralstelle für Taxifahrten zu entrichten. Dort sitzen zwei fröhliche Beamte. Einer stellt handschriftliche Fahrscheine aus, einer guckt zu. Der Beamte Nummer 1 kassiert und schreibt mit einer beneidenswerten Ruhe, selbst wenn die Schlange fast bis zurück nach Rio reicht. 125 Reais soll eine Fahrt ins Zentrum kosten, etwa 40 Euro.

Der Bankautomat hat strenge Bürozeiten

Das würde man mangels Bargeld gerne mit Karte zahlen, man kann in Brasilien eigentlich immer und überall mit Karte zahlen. In der Zentralstelle für Taxifahrten am Flughafen von Natal geht es leider nicht, erfährt man nach 25 Minuten Schlangestehen. "Es gibt hier einen Automaten", sagt der Taxibeamte Nummer 2. Jetzt macht es sich bezahlt, dass der Flughafen eine Rolltreppe in den zweiten Stock besitzt, denn dort steht der einzige Bankautomat. Der hat allerdings strenge Bürozeiten. Geld spuckt er nur von 8 bis 22 Uhr aus. Die Abendmaschine aus Rio landet um 2.30 Uhr.

Hinterm Airport-Infoschalter sitzt (rund um die Uhr) ein extrem fröhlicher Beamter. Jedwede Frage zu den Themen Taxi, Taxischlange, Kartenzahlung, Bankautomat beantwortet er mit: "New Airport, lot of problems." Als der Gedanke Gestalt annimmt, dass man am diesem Flughafen wird biwakieren müssen, biegt plötzlich der Taxibeamte Nummer 2 um die Ecke. Er hat eines dieser Kartenzahlungsgeräte dabei und ein Grüppchen WM-Touristen im Schlepptau. Er sagt: Leider sei eine Kartenzahlung im Terminal weiterhin nicht möglich. Er könne nun aber eine Kartenzahlung vor dem Terminal anbieten.

Draußen wird es langsam hell. Der Beamte steuert eine räudige Grünfläche an, auf der sich gerade ein Hund erleichtert. Am offenbar einzigen Ort, an dem das Kartengerät der zentralen Taxibezahlungsstelle des WM-Flughafens von Natal eine Netzverbindung aufbauen kann, klappt es dann reibungslos mit der Ausstellung des Fahrscheins.

© SZ vom 27.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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