VfL Wolfsburg:Plötzlich böse Jungs

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Wie ausgewechselt: Yunus Malli (linsk) blüht in Wolfsburg unter dem neuen Trainer Martin Schmidt auf. (Foto: Susanne Huebner/imago)

Wolfsburg zeigt im Spiel gegen Gladbach, was unter Trainer Martin Schmidt in dieser Saison möglich ist. Vor allem aufgrund der starken Leistung von Yunus Malli steigen die Ansprüche.

Von Anna Dreher, Wolfsburg

Meistens hat Yunus Malli Ärger für seinen Trick bekommen. Für den Tritt auf den Ball, der diesen nach vorne in die Luft abspringen lässt und den Gegner überrascht. Schon in Mainz, hieß es am Sonntagabend, habe er seinen damaligen Trainer Thomas Tuchel damit oft zur Weißglut gebracht. Und auch jetzt beim VfL Wolfsburg komme dieses Chippen bei den Mitspielern im Training nicht immer gut an. Malli hat trotzdem weiter geübt. Und gegen Borussia Mönchengladbach bekam der Mittelfeldspieler nach seiner Aktion dann keinen Ärger. Er wurde bejubelt. "In dem Moment war das ein Pass, den man machen kann", sagte Malli nach dem Wolfsburger 3:0 (2:0) gegen seinen Jugendverein. "Ich habe den Ball aber auch perfekt gespielt, muss man sagen."

Der Moment, den er im Nachhinein mit gewisser Genugtuung betrachtete, geschah in der 25. Minute. Und er war das beste Beispiel dafür, dass es an diesem Abend für den VfL Wolfsburg so gut lief, wie wohl noch nie in dieser Saison unter dem Trainer Martin Schmidt: Malli spielte den Ball eindrucksvoll über zwei Gladbacher hinweg in den Lauf von Daniel Didavi, der sich ein Beispiel an seinem Vorlagengeber nahm und mit einem Lupfer über Gladbachs Torwart Yann Sommer das 2:0 erzielte. Zuvor hatte Malli den VfL Wolfsburg schon nach nur vier Minuten in Führung gebracht. "Ich weiß auch nicht, was ich mit Yunus gemacht habe", sagte Schmidt über seinen Spieler, den er einst in Mainz schon erfolgreich trainierte hatte und der sich anfangs in Wolfsburg noch schwer tat. "Für ihn ist Vertrauen sehr wichtig. Vielleicht spürt er das gerade mehr."

Gladbach tappte in genau jene Falle, die man umgehen wollte

Jenes gestärkte Selbstvertrauen war der gesamten Mannschaft anzumerken und zeigte sich auch beim 3:0. Matthias Ginter klärte einen Abpraller halbherzig und lenkte ihn geradewegs zu Josuha Guilavogui, der den Ball aus 28 Metern aufs Tor knallte, leicht abgefälscht war sein Schuss unhaltbar (71.). Es war genau die Art von Reaktion, die Schmidt nach sieben Unentschieden, einem Sieg gegen Freiburg und einer Niederlage gegen Augsburg sehen wollte. "Das hat gut geklappt, das letzte Spiel haben wir am Morgen danach in den Mülleimer geworfen. Die Jungs waren heute mal böse", sagte der Schweizer. "Sie haben sich die Hürde natürlich sehr hoch gelegt, an dieser Leistung werden sie sich messen lassen müssen." Abgesehen von einer stabilen Abwehr harmonierte vor allem die Offensive aus Malli, Didavi, Mario Gomez und Divock Origi. Unter Schmidt funktioniert das Zusammenspiel der unterschiedlichen Spielertypen auffällig gut.

Gladbach reiste zwar als eine der besten Auswärtsmannschaften und zudem als Bayernbesieger nach Niedersachsen. Nur tappte die Mannschaft von Dieter Hecking vor 24 265 Zuschauern in genau jene Falle, die sie umgehen wollte: Keines der letzten neun Teams, das den Rekordmeister schlagen konnte, hat das darauffolgende Spiel gewonnen. "Ein Bayernsieg sollte beflügeln, nicht bremsen", sagte Ginter. "Vielleicht haben wir zu viel darüber gesprochen. Die erste halbe Stunde haben wir komplett verschlafen."

Gladbach war in der Anfangsphase kaum präsent. Erst nachdem Tony Jantschke nach einem Zusammenstoß in der 31. Minute ausgewechselt werden musste, lief es besser. Die Abschlüsse gegen zwischenzeitlich tief stehende Wolfsburger in Tore zu verwandeln, gelang jedoch trotz einiger Versuche nicht - Morgan Hazard nach 37 Minuten und Lars Stindl nach 39 trafen jeweils, standen dabei jedoch im Abseits. Gladbach hätte mit einem Sieg von Platz vier auf Platz zwei vorrücken können. Aber die Borussia blieb trotz spielbestimmender Phasen in den Zweikämpfen zu passiv und wirkte in der Defensive manchmal überfordert. "Heute hätten wir stundenlang spielen können und hätten trotzdem kein Tor geschossen", sagte Gladbachs Manager Max Eberl. Seit 2003 konnte Gladbach in Wolfsburg nun bereits kein Spiel mehr gewinnen.

Yunus Malli, der in der gegnerischen Hälfte auf eine Passquote von 97 Prozent kam, wurde auch nach dem Spiel von allen Seiten gelobt. Mats Hummels bewertete den Pass auf Twitter als Geniestreich, Dieter Hecking nannte Mallis Leistung sensationell, Didavi knüpfte den Wolfsburger Aufschwung an seinen Sturmpartner, und Martin Schmidt sah ein, dass er Malli das Üben des Chippens wohl nicht mehr verbieten kann. Das Vertrauen in Malli ist weiter gewachsen. Für die nächsten Gegner heißt das nichts Gutes.

© SZ vom 05.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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