VfB Stuttgart - Werder Bremen (15.30 Uhr):Ohne Zielscheibe

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Keine Experimente: Trainer Jürgen Kramny soll den VfB in der Übergangsphase sicher verwalten. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Der VfB ist zum Siegen verdammt. Das Problem: Nach der Entlassung von Alexander Zorniger ist zwar der Buhmann der vergangenen Wochen weg. Der Kader ist dadurch aber nicht besser geworden.

Von Christoph Ruf, Stuttgart

Jürgen Kramny stellt in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil seines Vorgängers Alexander Zorniger dar. Favorisierter Spielstil: pragmatisch, ergebnisorientiert. Rhetorik: abwartend, defensiv. Mimik: schwer zu entschlüsseln. Kurzum: Der Kontrast zum auch verbal stets angriffsfreudigen Vorgänger ist mit Händen zu greifen. Überraschenderweise kommt Kramny damit im Schwäbischen allerdings bislang hervorragend an. So hervorragend, dass selbst die 1:4-Niederlage gegen Dortmund - objektiv gesehen nicht eben ein Fortschritt gegenüber den Zorniger-Ergebnissen - als Schritt in die richtige Richtung interpretiert wird, weil die Defensivreihe ein wenig tiefer stand als zuvor. Vier Gegentore gab es trotzdem, und Daniel Didavi war nicht der Einzige, der gesehen hatte, woran das lag: "Wenn jeder Pass in die Tiefe ein Treffer ist, ist das auch eine Qualitätsfrage."

So ist es. Und weil es so ist, sind Kramny die Hände gebunden. Egal, wen er neben dem schwächelnden Youngster Timo Baumgartl in der Innenverteidigung bringt, er holt sich in schöner Regelmäßigkeit Noten ab, die in der Schule zum Sitzenbleiben führen würden. Gegen Dortmund setzte Kramny auf den von Zorniger verschmähten Georg Niedermeier. Doch das erwies sich nicht als gute Idee.

Das Duell der anfälligsten Defensivreihen

Es bleibt also dabei: Die Statik zwischen einer Defensive, die wohl einfach nicht bundesligatauglich ist, und einer mit Stars und Talenten gesegneten Offensive mag sich einfach noch nicht einstellen. Zumal in Daniel Ginczek und Martin Harnik weiterhin die beiden Spieler verletzt fehlen, denen man vor der Saison die größte Treffsicherheit zugetraut hat. Immerhin kehrt am Sonntag der zuletzt gesperrte Serey Dié zurück, der einige gegnerische Angriffe abfedern kann, bevor sie auf die sklerotische Defensivreihe zurollen.

Angesichts dieser nicht eben kurzen Mängelliste trifft es sich natürlich gut, dass am Sonntag Werder Bremen vorstellig wird, neben Hoffenheim der einzige Verein, der genauso von Selbstzweifeln geplagt wird wie die Schwaben selbst. Im kollektiven Gedächtnis beider Vereine sind noch rauschende europäische Nächte eingefräst, begeisternder Offensivfußball und gar Meisterschalen. Doch die heutigen Topwerte sind trauriger Natur: Es treffen die beiden schwächsten Defensiven der Liga aufeinander. 28 Gegentreffer bekam Werder eingeschenkt, sieben weniger als der VfB, der pro Spiel zweieinhalb Treffer kassiert. Es kann also eigentlich nur besser werden.

Favre sagt dem VfB ab

Sportdirektor Robin Dutt hat derweil in der zurückliegenden Woche alles getan, um ein wegweisendes Spiel nicht auch noch durch dramatische Aussagen zusätzlich aufzuheizen. Die Wendung "Sechs-Punkte-Spiel" umging er dabei raffiniert, indem er von einem Match "zur Vermeidung eines Sechs-Punkte-Abstands" sprach.

Sollte der zurückhaltende Herr Kramny das Spiel gewinnen, dürften seine Chancen auf eine dauerhafte Beschäftigung steigen. Zumal die Rheinische Post meldet, dass ein gewisser Lucien Favre kein Interesse daran habe, seinen Urlaub in Costa Rica vorzeitig abzubrechen, um in Stuttgart als neuer Coach anzuheuern. Wirklich überraschend ist das nicht. Zum einen besitzt Favre einen Vertrag, der noch bis 2017 gültig (und bezahlt) ist. Und zum anderen stellt für einen Trainer, den sie in Gladbach nur allzu gerne gehalten hätten, ein Engagement beim VfB Stuttgart nun wirklich keinen Karrieresprung dar.

© SZ vom 06.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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