Verletzung bei Olympia:US-Sprinter läuft mit Wadenbeinbruch

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400-Meter-Läufer Manteo Mitchell verletzt sich schwer - und rennt trotzdem weiter. Auch einen deutschen Zehnkämpfer bremst eine Verletzung. Turmspringerin Christin Steuer verfehlt eine Medaille, deutsche BMX-Fahrer scheiden im Viertelfinale aus, Freiwasserschwimmerin Angela Maurer wird Fünfte.

in Kürze

Manteo Mitchell (li.) vollbrachte eine Heldentat: Er lief mit Wadenbeinbruch.  (Foto: Getty Images)

400 Meter der Männer: Als der amerikanische Staffel-Läufer Manteo Mitchell im Vorlauf nach gut der Hälfte der 400 Meter einen Schmerz im linken Bein spürte, ahnte er nicht Gutes. Doch mit der Diagnose der Ärzte hätte auch er nicht gerechnet. Denn die stellten nach dem Rennen am Donnerstagnachmittag einen Wadenbeinbruch fest. Er sei zwar unter Schmerzen gelaufen, hätte den Lauf allerdings auch nicht abbrechen wollen, sagte der 25-Jährige danach. "Ich habe einfach das getan, was jeder in meiner Situation gemacht hätte." Sein Einsatz hat sich gelohnt, die Staffel der USA qualifizierte sich mit 2:58,87 Minuten für das Finale am Freitagabend.

Basketball: Die Französischen Basketballerinnen spielen am Samstag gegen Weltmeister USA um olympisches Gold. Frankreich besiegte am Donnerstag Russland 81:64. Überragende Spielerin war die nur 1,67 Meter große Edwige Lawson-Wade mit 18 Zählern. Bei den Russinnen kamen lediglich Becky Hammon und Alena Danilochkina mit 13 Punkten auf Normalform. Entsprechend groß war die Enttäuschung: "Wir hätten hier gewinnen müssen, jetzt werden wir alles tun, um im Spiel um Platz 3 zu gewinnen", sagte Danilochkina. Im ersten Halbfinale hatten die Amerikanerinnen es dem Dream Team der Männer vorgemacht: Mit einem 86:73 über Australien zogen die Weltmeisterinnen am Donnerstag ins olympische Finale ein und spielen am Samstag wie schon 2008 in Peking um Gold. Beste Werferinnen aufseiten der USA waren Diana Taurasi und Tina Charles, die jeweils 14 Punkte erzielten.

Turmspringen: Christin Steuer hat als Olympia-Siebte vom Turm eine Medaille verpasst. Damit bleiben Deutschlands Wasserspringer vor der abschließenden Turm-Entscheidung der Männer in London weiter ohne Medaille. Vor vier Jahren in Peking hatte die Fachsparte des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) zwei Medaillen gewonnen. Steuer absolvierte ein durchschnittliches Finale. Die dreimalige Europameisterin aus Riesa kam auf 351,35 Punkte. Damit konnte die 29-Jährige, die eine Entscheidung über ihr Karriereende nach Olympia noch offen gelassen hat, nicht bei der Medaillenvergabe mitmischen. Die Chinesin Chen Ruolin gewann wie 2008 in Peking. Mit 422,30 Punkten verwies sie die Australierin Brittany Broben (366,50) und Pandelela Pamg aus Malaysia (359,10) auf die Plätze zwei und drei. Die EM-Dritte Maria Kurjo aus Berlin war bei ihrem Olympia-Debüt auf Rang 17 im Halbfinale ausgeschieden. Zum Abschluss vom Turm am Freitag und Samstag gehen Steuers Teamkollege Sascha Klein und Martin Wolfram aus Dresden an den Start.

Zehnkampf: Jan-Felix Knobel kann seinen ersten olympischen Zehnkampf nicht beenden. Der 23 Jahre alte Frankfurter musste am Donnerstag in London nach dem Stabhochsprung aufgeben, weil ihm muskuläre Probleme zu schaffen machten. Nach der achten Disziplin lag der WM-Achte nur auf dem 24. Rang. Der Hallenser Rico Freimuth greift dagegen am späten Abend nach einer Medaille. Vor dem Speerwerfen und dem finalen 1500-Meter-Lauf war der 24-Jährige überraschend Dritter.

Dressur: Die letzte Gold-Serie der deutschen Dressur ist mit dem Triumph der Britin Charlotte Dujardin gerissen. Bei zwölf Olympia-Starts gab es seit 1964 immer mindestens einen deutschen Triumph, in London reichte es am Donnerstag nach Team-Silber nur zu den Plätzen vier, sieben und acht für die deutschen Reiterinnen im Einzel. Helen Langehanenberg schrammte allerdings hauchdünn an ihrer zweiten Medaille vorbei: Die 30-Jährige aus Havixbeck kam mit Damon Hill in der Kür auf 84,303 Prozentpunkte - die Winzigkeit von 0,036 Zählern fehlten ihr damit zum Bronze-Rang, den die in Mainz geborene Britin Laura Bechtolsheimer mit Mistral Hojris eroberte. "Die Zeiten sind vorbei, da Deutschland allein den Ton angegeben hat", kommentierte Dennis Peiler, der Sportchef des Reitverbandes FN. Bundestrainer Jonny Hilberath meinte: "Ich wäre ein Idiot, wenn ich sagen würde, ich will keine Einzel-Medaille. Aber wir sind hier gegen die Besten der Welt geritten." Team-Olympiasiegerin Charlotte Dujardin holte mit Valegro ihr zweites Gold. Sie siegte mit 90,089 Punkten vor Adelinde Cornelissen aus den Niederlanden mit Parzival (88,196). Dorothee Schneider aus Framersheim wurde Siebte (81,661). Kristina Sprehe aus Dinklage kam mit Desperados als Achte ebenfalls noch in die Top Ten (81,375).

BMX: Das Olympia-Debüt der beiden deutschen BMX-Fahrer Luis Brethauer (Betzingen) und Maik Baier (Bietigheim) war bereits nach dem Viertelfinale beendet. Brethauer wurde in seiner Gruppe nach fünf Läufen auf dem 450 Meter langen Parcours Fünfter und verfehlte den notwendigen vierten Rang nur um einen Zähler. Für Baier langte es in seiner Staffel nur zum achten und letzten Platz. Lediglich die jeweils vier Besten in den vier Viertelfinal-Gruppen erreichten das Halbfinale, das am Freitag ausgetragen wird. Für Aufsehen sorgten indes wieder zahlreiche Stürze. Im dritten Lauf kamen beispielsweise sieben von acht Fahrern in einer Steilkurve zu Fall, was dem Neuseeländer Marc Willers eine Solofahrt ins Ziel bescherte. Als Favoriten haben sich die beiden Niederländer Raymon van der Biezen und Twan van Gendt sowie Connor Fields aus den USA und der Neuseeländer Willers herauskristallisiert, die allesamt ihre Viertelfinals gewonnen haben. BMX ist seit 2008 olympische Disziplin. In London sind erstmals auch deutsche Fahrer am Start, nachdem der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) 2009 begonnen hatte, die Sportart zu fördern.

Handball: Norwegens Handballerinnen spielen erneut um olympisches Gold. Die Welt- und Europameisterinnen, die 2008 in Peking die Goldmedaille gewannen, besiegten am Donnerstag Südkorea 31:25 und treffen am Samstag im Finale (21.30 Uhr MESZ) auf die Frauen aus Montenegro, die sich mit 27:26 (13:13) gegen die Spanierinnen durchsetzten.

Boxen: Die irische Boxerin Katie Taylor hat ihrem Land die erste Olympische Goldmedaille seit 16 Jahren beschert. Im Leichtgewichts-Finale schlug die favorisierte Weltmeisterin vor Tausenden jubelnden Landsleuten die Russin Sofia Oschigawa mit 10:8. Bronze ging an Mawsuna Tschorijewa (Tadschikistan) und Adriana Araujo (Brasilien).

Olympia, Pech & Pannen
:Blaues Auge schützt nicht vor Gold

Die Vorbereitung auf den Höhepunkt Olympia ist lang - und dann ereilt einige Athleten ein schlimmes Missgeschick. Manche verletzen sich schwer, andere stürzen vom Sportgerät oder verlieren ihr Trikot. Doch die Spiele in London zeigen, dass der Wettkampf selbst nach einem Unglück noch nicht verloren ist.

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Volleyball: Die Frauen aus den USA haben in London das Finale erreicht. Die US-Frauen fertigten am Donnerstag in der Vorschlussrunde Südkorea mit 3:0 (25:20, 25:22, 25:22) ab und erreichten damit wie schon 2008 das Endspiel. In der zweiten Vorschlussrunden-Partie treffen Peking-Olympiasieger Brasilien und Japan aufeinander. Brasilien hatte im Viertelfinale Weltmeister Russland in fünf Sätzen niedergerungen. Die deutschen Volleyball-Frauen hatten den Sprung zu Olympia verpasst.

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Schwimmen: Die deutsche Langstreckenschwimmerin Angela Maurer hat bei den Olympischen Spielen über zehn Kilometer eine Medaille nur knapp verpasst. Die 37-Jährige benötigte für die Distanz durch den See "The Serpentine" im Londoner Hyde Park 1:57:52,8 Stunden und wurde nach einem engagierten Rennen Fünfte. Gold gewann überraschend die Ungarin Eva Risztov (1:57:38,2) vor der US-Amerikanerin Haley Anderson (1:57:38,6) und Martina Grimaldi aus Italien (1:57:41,8). Weltmeisterin und Top-Favoritin Keri-Anne Payne aus Großbritannien belegte Rang vier. Für Maurer waren es nach dem vierten Platz 2008 erneut eine Top-Platzierung bei ihren letzten Olympischen Spielen.

Hochsprung, Ariane Friedrich : Die deutsche Hochsprung-Rekordlerin Ariane Friedrich hat das Finale der Olympischen Spiele in London nicht erreicht. Übersprungene 1,93 Meter reichten für die 28-jährige Frankfurterin nicht, um in die Medaillenrunde am Samstag einzuziehen. Für die WM-Dritte von 2009 bedeutete dies Saisonbestleistung - die für den Einzug in den Endkampf erforderlichen 1,96 Meter schaffte sie aber nicht mehr. Friedrich war vom Deutschen Olympischen Sportbund für London nominiert worden, obwohl sie die Olympia-Norm von 1,95 Meter nicht erfüllen konnte.

Leichtathletik, 4x400-Meter-Staffel: Die deutsche 4x400-Meter-Staffel hat den Einzug ins Finale verpasst - und das deutlich. Jonas Plass (Wendelstein), Eric Krüger (Magdeburg), Kamghe Gaba (München) und Thomas Schneider (Dresden) wurden in ihrem Lauf in 3:03,50 Minuten nur Sechste. Ebenfalls nicht im Finale steht der beinamputierte Oscar Pistorius, der auf Karbon-Federn läuft: Der Südafrikaner kam nicht mehr zu seinem erhofften Staffeleinsatz. Ein Sturz des zweiten Läufers Ofentse Mogawane stoppte die WM-Zweiten. Pistorius wartete in der Wechselzone vergeblich auf die Staffel-Übergabe. Die beste Zeit liefen die Bahamas in 2:58,87 bei ihrem knappen Sieg über das zeitgleiche USA-Quartett.

Fußball, Frauen: Kanadas Fußball-Frauen haben sich die Bronzemedaille gesichert. Die Kanadierinnen gewannen in Coventry gegen Frankreich mit 1:0 (0:0). Den entscheidenden Treffer erzielte Diana Beverly Matheson in der zweiten Minute der Nachspielzeit. Im Finale stehen sich am Abend in einer Neuauflage des WM-Endspiels von 2011 Weltmeister Japan und die USA gegenüber.

Olympia-Splitter
:Heiratsantrag nach dem Schlusspfiff

Eine französische Basketballerin bekommt nach dem Einzug ins Halbfinale einen Heiratsantrag vor großem Publikum. Olympiasieger Robert Harting wird auf seiner Siegesfeier beklaut - und muss die Nacht in der Bahn verbringen. Usain Bolt lässt drei Schwedinnen zu sich ins Hotelzimmer. Kuriose Nachrichten aus London.

Doping: Victor Conte, Hauptschuldiger im Balco-Skandal, hält das Anti-Doping-Programm bei den Olympischen Spielen in London für Augenwischerei. "Das ist Propaganda, wenn sie sagen, das sind die am teuersten getesteten Spiele der Geschichte und sie machen 6000 Tests", sagte Conte der Times: "Sie müssten die Angel auswerfen, wenn die Fische beißen, und das war vor neun Monaten. Ist es einfach, zu dopen und davon während Olympia zu profitieren? Ja." Er geht davon aus, dass etwa 60 Prozent der Sportler bei den Spielen in London betrügen.

Victor Conte war Gründer und Inhaber des mittlerweile aufgelösten kalifornischen Unternehmens Balco und 2003 für einen der größten Dopingskandale der Sportgeschichte verantwortlich. Die Firma, die mit Nahrungsergänzungsmitteln handelte, versorgte über mehrere Jahre hinweg Sportler aus aller Welt mit Steroiden und Wachstumshormonen. Kunde war damals unter anderem auch der später überführte britische Dopingsünder Dwain Chambers, der in London wieder über die 100 Meter an den Start gehen durfte. Conte wurde 2005 zu einer viermonatigen Gefängnisstrafe verurteilt, vier weitere Monate stand er unter Hausarrest. Der Balco-Skandal hatte zahlreiche Haftstrafen zur Folge, unter anderem US-Sprinterin Marion Jones musste ins Gefängnis und ihre fünf Medaillen von den Olympischen Spielen 2000 in Sydney zurückgeben.

Kritik an Erwartungshaltung: Kajakfahrer Andreas Ihle hat beklagt, dass schon zweite oder dritte Plätze in Deutschland keinen Wert mehr haben. "Wenn ich höre, dass wir nur Dritter geworden sind, finde ich das sehr traurig für die, die im Boot stehen", sagte der Olympiasieger von Peking am Donnerstag bei einer Pressekonferenz im Deutschen Haus in London. Gemeinsam mit Martin Hollstein hatte Ihle am Mittwoch Bronze im Zweierkajak gewonnen. "Ich finde das keine schlechte Leistung", fügte der Magdeburger hinzu. Man müsse doch mal berücksichtigen, dass man hier von einem olympischen Finale spreche. Die Weltspitze liege so eng zusammen, sagte Ihle. "Da kann auch eine schlechte Nacht über eine Platzierung zwischen eins und sechs entscheiden."

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