US Open:Unter der Haube

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150 Millionen Dollar hat das Dach gekostet, es schließt in sieben Minuten. (Foto: Matt Campbell/dpa)

Das Arthur Ashe Stadium in New York hat nun endlich ein aus- und wieder einfahrbares Dach, das den Spielbetrieb auch bei Regenschauern ermöglicht. Kosten: mehr als 150 Millionen Dollar. Jetzt lässt nur noch einer auf sich warten: der Regen.

Von Jürgen Schmieder, New York

Die besten Plätze im Arthur Ashe Stadium von New York, das weiß jeder, der mal dort war, sind nicht die hinter den Spielerbänken. Es sind auch nicht jene in den Logen, in denen Champagner und Kaviar gereicht wird. Der schönste Ort in dieser Arena, der ist ganz oben. Wenn die Night Session beginnt, wenn sich Serena Williams oder Novak Djokovic gerade einschlagen und von Menschen bejubelt werden, die keinen Kaviar essen, dann können jene, die auf der Tribüne nach oben gekommen sind, hinüberblicken gen Westen, wo die Sonne hinter der Skyline von Manhattan versinkt. Es ist grandios da oben.

Nun aber haben sie dort ein bewegliches Dach gebaut, für mehr als 150 Millionen Dollar. Freilich ist diese Arena nicht die erste mit dieser prächtigen Funktion, es gibt so etwas zum Beispiel in Melbourne und Wimbledon oder bei den Königsblauen auf Schalke. Die New Yorker Konstruktion ist jedoch eine besondere, weil diese Arena vor 19 Jahren an jener Stelle gebaut wurde, an der sie noch 1964 während der Weltausstellung den Müll entsorgten. Das neue Dach kann in weniger als sieben Minuten geschlossen werden, es berührt das Stadion nur leicht - es ist mehr Sonnenschirm als eng aufsitzender Hut.

Die Organisatoren haben Regeln festgelegt, die gerade jedem Besucher auf Papier gereicht werden. Es gibt Anmerkungen wie jene, dass das neue Dach keineswegs dazu da sei, das Champagner-Publikum vor der Sonne zu schützen. Es gibt nützliche Hinweise, dass eine Partie, während der das Dach geschlossen wird, auch bei geschlossenem Dach beendet werden muss - und vielleicht haben ja John Isner und Nicolas Mahut noch ein zweites Elf-Stunden-Match wie 2010 in Wimbledon im Köcher.

Es gibt aber auch fragwürdige Details wie jenes, dass dieses Dach entweder völlig geschlossen oder komplett offen zu sein habe - aber gut, die Amerikaner schreiben in die Bedienungsanleitung für eine Mikrowelle auch hinein, dass der Kunde bitte keine Katze darin grillen möge.

Brian Earley, der Turnier-Schiedsrichter, ist laut Reglement der Einzige, der im Raum 26 der Arena anrufen darf. Dort sitzt Danny Zausner, der Direktor der Anlage, mit dem Finger auf einem, ja wirklich: roten Knopf. Der Knopf soll nur gedrückt werden, wenn es regnet oder die Meteorologen einen Starkregen prognostizieren.

Ein Anruf bei der Wetterbehörde der USA offenbarte nun jedoch die Prognose, dass es in den zwei Wochen der US Open kein einziges Mal regnen soll. Dieses Dach, diese gelungene architektonische Konstruktion, dürfte in diesem Tennis-Sommer demnach allenfalls zu Demonstrationszwecken, aber nie ernsthaft gebraucht werden. Der Ausblick von den besten Plätzen ganz oben bleibt also weitgehend ungetrübt. Gen Westen, wo die Sonne Abend für Abend hinter der Skyline von Manhattan versinken soll.

© SZ vom 30.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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