TSV 1860 München:Sehnsucht nach Haini

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In Schräglage geraten: Trainer Torsten Fröhling und der TSV 1860 München sind wieder auf einem Abstiegsplatz gelandet. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Nach dem 0:3 gegen Fortuna Düsseldorf ruft Trainer Fröhling bei 1860 München erstmals ein Punkteziel aus. Stürmer Okotie gibt Entwarnung.

Von Markus Schäflein

Für den Montag war beim Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München eine Kinder-Pressekonferenz angekündigt, es wurden Fragen gestellt zum Aberglauben von Fußballern und ihren Sternzeichen (Maximilian Wittek ist Löwe). Aber der neunjährige Collin empfahl sich für einen leitenden Posten bei der Schülerzeitung - mit einem guten Gespür für die Situation. Es war ja nun wirklich nicht der Tag, Trainer Torsten Fröhling nach seinem Lieblingsessen zu fragen, nach dem 0:3 beim Tabellenletzten Fortuna Düsseldorf, nach zwei Punkten aus den ersten sechs Saisonspielen. Also fragte Collin entschlossen: "Wie motivieren Sie ihre Mannschaft nach dieser Niederlage wieder?" Fröhling erklärte, ebenso entschlossen: "Ich motiviere sie, indem ich morgen den freien Tag streiche."

Statt frei zu haben, müssen die Spieler sich die Niederlage gegen Düsseldorf auf Video ansehen

Stattdessen steht für die 1860-Profis an diesem Dienstagvormittag die ungefähr schlimmste vorstellbare Strafe auf dem Programm: Alle schauen sich gemeinsam das Auswärtsspiel gegen Fortuna Düsseldorf noch mal in voller Länge an. "Mit Unterbrechungen. Das kann schon drei Stunden dauern. Wir haben das bis jetzt schlechteste Spiel gemacht, und das analysieren wir jetzt", sagte Fröhling in der Erwachsenen-Pressekonferenz, "da können die Spieler mal mitanalysieren, weil ja vieles falsch gelaufen ist."

Erst lief es falsch, dass Valdet Rama die Großchance zur Führung der Münchner vergab - das Auslassen selbst bester Möglichkeiten gehört zu den Konstanten im Spiel der Löwen. Dann lief noch viel mehr falsch, als sich die Löwen einen Ballverlust in der Vorwärtsbewegung leisteten und die Düsseldorfer bei ihrem Führungstor die "Wucht, Willenskraft und Einstellung" zeigten, die Fröhlings Mannschaft eigentümlicherweise vermissen ließ. Und danach lief sowieso alles falsch. "Wir haben viel zu viele einfache Fehlpässe gespielt und uns den Schneid abkaufen lassen", stellte Fröhling fest.

Nachdem in den ersten Partien meist nur die Tore und Punkte zum Glück fehlten, war es diesmal die Leistung, die für das Abrutschen auf einen direkten Abstiegsplatz und einigen Unmut sorgte. Wie unzufrieden Fröhling war, bewiesen seine frühen Auswechslungen. Rama und Zugang Michael Liendl mussten schon zur Pause gehen (für Marius Wolf, obwohl dieser seinen neuen Vertrag noch immer nicht unterschrieben hat, und für Rubin Okotie), Daylon Claasen kurz darauf (für Korbinian Vollmann). Dass Liendl nach der Halbzeit nicht mehr auf den Platz zurückkehrte, begründete Fröhling taktisch; für den Zehner kam in Okotie angesichts des 0:2-Rückstands ein zweiter Stürmer ins Spiel.

Der andere Zugang, Stefan Mugosa, durfte in der Spitze 90 Minuten durchspielen. Was Fröhling allerdings von Mugosas Auftritt hielt, formulierte er so: "Das klären wir intern." Sein ausdrückliches Lob für den derzeit verletzt fehlenden Stephan Hain war gleichzeitig auch ein Hinweis an die derzeitigen Stürmer: "Haini fehlt mir. Er ist ein wichtiger Spieler für uns, weil er viel arbeitet und die Bälle festmacht." Darauf muss Fröhling allerdings noch eine Weile verzichten: Hain ist schmerzfrei und hat mit dem Lauftraining begonnen, mit seiner Rückkehr in den Kader ist aber erst in einigen Wochen zu rechnen.

"Wenn du so spielst, kannst du auflaufen, wie du willst - dann holst du nix", kritisiert Fröhling

Und auch Okotie droht im Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern (Samstag, 13 Uhr) auszufallen; nach einem Zusammenprall mit Düsseldorfs Torwart Michael Rensing war der Stürmer bewusstlos zusammengebrochen und in der Düsseldorfer Uniklinik untersucht worden. Die Ärzte ließen ihn zwar nach München reisen, am Montag teilte Okotie dann auf Facebook mit, sein Kopf brumme noch ein bisschen. Aber Fröhling erklärte: "Zur Zeit sieht es so aus, als ob es am Samstag nicht geht."

Das Spiel gegen Kaiserslautern ist der Auftakt einer Englischen Woche, die noch eine Auswärtspartie beim überraschend starken SV Sandhausen und ein Heimspiel gegen RB Leipzig bereithält. "Fünf oder sechs" Punkte hätte Fröhling aus diesen drei Partien gerne. "Eigentlich gibt man ja keine Punkteziele aus", sagte er, "aber wir müssen welche holen, es hilft ja nix." In der Tat befinden sich die Münchner - und ihr Trainer - schon wieder in einer Situation, in der nur noch die nackten Resultate zählen. Eine Systemänderung, hin zum abstiegskampftauglichen Bollwerkfußball, schließt Fröhling aber aus. "Ich weiß nicht, ob wir die Spielertypen haben, um Beton anzurühren", erklärte er, wenngleich er diese Spielertypen im Abstiegskampf der vergangenen Saison ja durchaus mal Beton anrühren ließ. Das System sei ohnehin nicht ausschlaggebend gewesen an jenem bitteren Sonntag von Düsseldorf: "Wenn du so spielst, kannst du auflaufen, wie du willst. Dann holst du sowieso nix."

© SZ vom 15.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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