TSV 1860 München:Keine 75 Prozent

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Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung scheitert die Satzungsänderung zur Präsidentenwahl. Dafür erhält Präsident Peter Cassalette den Auftrag, sich für den Erhalt der 50+1-Regel einzusetzen.

Von Philipp Schneider

Es dauerte etwas länger, bis das amtliche Ergebnis dieser Wahl feststand, die ja eine kleine Revolution für den Münchner Traditionsverein hätte bedeuten können. Um 21 Uhr reckten am Donnerstagabend die Vereinsmitglieder zwar 144 blaue Stimmkärtchen in die stickige Luft der Gaststätte Heide Volm in Planegg, doch das waren 54 zu wenig: Der TSV 1860 München wird nun doch nicht mehr Demokratie wagen.

Eine Dreiviertel-Mehrheit wäre notwendig gewesen, um die Satzung des Vereins so zu ändern, dass künftig mehrere Kandidaten bei der Wahl für das Amt des Präsidenten gegeneinander angetreten wären. Weil nicht länger nur der Verwaltungsrat einen Kandidaten ins Rennen hätte schicken können, sondern auch eine Koalition von einem Prozent der Mitglieder - was etwa 160 im Vorfeld gesammelten Unterschriften entsprochen hätte. Die Vereinsvertreter hatten für diese außerordentliche Versammlung nur den kleinen Nebenraum in der Gaststätte gebucht. Etwa 80 von 263 stimmberechtigten Mitgliedern fanden daher keinen Sitzplatz und mussten stehen. "Wie Sie sehen, wird es leider, oder Gott sei Dank, sehr voll", sagte Präsident Peter Cassalette zur Begrüßung. Dann wurde hitzig diskutiert. Über eine geplante Satzungsänderung, der die Deutsche Fußball-Liga noch nicht einmal zugestimmt hatte. "Die Abstimmung findet unter Vorbehalt statt", verkündete Verwaltungsrat Markus Drees.

Cassalette wird beauftragt, sich für 50+1 stark zu machen

Fanrat Sascha Königsberg, einer der Unterstützer der Satzungsänderung, warb vergeblich mit dem Argument für Stimmen, ein Prozent der Mitglieder sei bereits eine respektable Hürde. "Bei Werder Bremen etwa genügen schon 0,15 Prozent", sagte Königsberg. Und in Sandhausen gehe es sogar noch viel anarchischer zu, "da kann jedes Mitglied, das auf der Versammlung anwesend ist, zum Präsidenten gewählt werden!" Gegner der Neuerung hatten im Vorfeld die Befürchtung geäußert, der Verwaltungsrat würde es sich künftig schwerer tun, geeignete Kandidaten zu finden - weil diese vor einer Kampfabstimmung in bierseliger Atmosphäre zurückschrecken könnten. Grober Unfug sei das Argument, sagte Königsberg: In vielen anderen Vereinen mit demokratischen Satzungen hätten es ehrenwerte Personen aus Wirtschaft und Politik ins Amt geschafft. Werner Spinner, hauptamtlicher Präsident des 1. FC Köln, sei beispielsweise im Vorstand des Chemiekonzerns Bayer gewesen. "Jemand, der tätowiert ist und aktiv in der Fanszene, ist nicht ein ungeeigneter Kandidat!", rief Königsberg. Dem Argument hielt der nach dem alten (und noch immer aktuellen) Verfahren vom Verwaltungsrat nominierte Präsident Cassalette entgegen, er selbst sei zwar nicht tätowiert: "Aber ich versichere Euch, dass ich viele Tätowierte in meinem Bekanntenkreis habe." Großes Gelächter im Saal.

Dann betrat der Verwaltungsrat Robert von Bennigsen die Bühne; er hielt ein flammendes Plädoyer, den Antrag abzulehnen. "Ich bin gegen die Satzungsänderung. Weil meiner Meinung nach die Rolle des Verwaltungsrats bei der Kandidatensuche eine gute war", sagte Bennigsen: "Ihr habt ja schon einen Verwaltungsrat direkt gewählt. Aus 32 Kandidaten. Dieser steht hier vor euch." Es sei auch so: Die Auswahl eines Präsidenten sei nicht einfach. Es gebe viele "Ego-Kandidaten". Daher sei es wichtig, dass der Verwaltungsrat in Vorgesprächen die "charakterliche Eignung" des potenziellen Präsidenten ergründe. "Ich schließe aus, dass es nach unserem Auswahlverfahren Kandidaten gibt, die mit Investoren kungeln."

Dazu passte, dass die Mitglieder ihrem Votum an diesem Abend noch ein weiteres folgen ließen, das Hasan Ismaik kaum gefallen wird. Mit 234 von 236 Stimmen verfügten sie, dass sich Cassalette für 50+1 stark machen soll.

© SZ vom 29.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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