TSV 1860 München:In der Bresche

Lesezeit: 2 min

"Kein grober Fehler": Benno Möhlmann motivierte seine Mannschaft im ersten Testspiel pausenlos. (Foto: Christina Pahnke/sampics)

Kaum im Amt, gehen dem neuen Trainer Benno Möhlmann schon die Profis aus. Vor dem ersten Pflichtspiel testet er Spieler aus der U19-Mannschaft.

Von nino duit

Man kann sich wahrlich unangenehmere Orte für sein Debüt vorstellen als das Innsbrucker Tivoli Stadion. Hoch über dem Stadiondach ragen die zerklüfteten Gipfel der Tiroler Alpen empor. Am Freitagabend glänzten sie in der untergehenden Sonne. So farbintensiv waren sonst nur die knallorangenen Schnürsenkel von Benno Möhlmann, der sich in seiner Coachingzone nur leicht nach links drehen musste, um das Alpenpanorama genießen zu können. Die Tiroler Natur interessierte den neuen Trainer des TSV 1860 aber deutlich weniger als das, was sich vor ihm auf dem Rasen abspielte. An seinem vierten Tag als Trainer der Löwen konnte er erstmals in einem Spiel Eindrücke seines Teams sammeln.

Dass es sich bei der Partie gegen Wacker Innsbruck nur um ein Testspiel handelte, ließ sich der Trainer nicht anmerken. Möhlmann ging an der Seitenlinie so intensiv mit, als ob es um Punkte im Abstiegskampf der zweiten Bundesliga gehen würde. Er spurtete in seiner Coachingzone von rechts nach links; er feuerte an, kritisierte, klatschte und korrigierte die Laufwege seiner Spieler gestenreich. "Er treibt die Jungs von außen an", sagte Sportdirektor Necat Aygün, "er hat alles im Griff."

So intensiv Möhlmann während dem Spiel coachte, so wenig Bedeutung wollte er diesem jedoch nach dem Abpfiff beimessen. Er wolle ins Spiel seiner Mannschaft, die dank Treffern von Michael Liendl, Krisztian Simon und Stephane Mvibudulu 3:1 gewann, nicht "viel hineininterpretieren", sagte Möhlmann. Die 1:0-Führung erzielte in Liendl ausgerechnet der Spieler, der in den vergangenen Wochen für den meisten Gesprächsstoff gesorgt hatte. Möhlmann ließ ihn im ersten Test etwas offensiver auflaufen, als es zuletzt Torsten Fröhling für richtig hielt. Eine Umstellung, die durchaus Liendls Fähigkeiten entspricht.

Kommt Liendl in Form, kann er ein wichtiger Mann im Abstiegskampf werden. "Ich erwarte, dass er sich zu hundert Prozent einordnet", sagte Möhlmann, "auf seiner Position gehört das offensive wie defensive Spiel dazu." Während Liendl die Angriffe teils mit klugen Pässen ankurbelt, zählt die Defensivarbeit bisher nicht zu seinen Stärken. Bis zu Möhlmanns erstem Pflichtspiel am kommenden Montag gegen Karlsruhe bleibt dem 61-Jährigen eine Woche, um Liendl und den anderen Spielern seine Ideen und sein Konzept näher zu bringen.

Der neue Trainer testet bereits den ersten U19-Spieler

Wirklich viele Spieler stehen dem Trainer in seinen ersten Tagen allerdings nicht zur Verfügung. Neben vier Nationalspielern fehlten in Innsbruck zehn Akteure verletzt oder krank. "So etwas habe ich noch nie erlebt", sagte Möhlmann, der angesichts von 1080 Ligapartien als Spieler und Trainer auf einen durchaus reichhaltigen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann. Am schlimmsten erwischte es zuletzt Kai Bülow, der sich im Training einen Innenbandriss zuzog und sechs Wochen pausieren muss. Gegen Innsbruck begann statt Bülow Rodnei. Schon in der ersten Halbzeit musste aber auch der Brasilianer angeschlagen den Platz verlassen - angeblich lediglich eine Vorsichtsmaßnahme

Dennoch gehen Möhlmann langsam die Spieler aus. Länderspielpausen bieten neuen Trainer ja normalerweise die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum ohne die Ablenkung eines Pflichtspiels an der taktischen Ausrichtung ihrer Mannschaft zu arbeiten. Wenn aber knapp die Hälfte des Kaders aus verschiedenen Gründen fehlt, ist dieser Vorteil kaum gegeben. "Diese Länderspielpause ist von der Trainingsseite nicht so optimal zu verwenden wie es eigentlich aussieht", sagte Möhlmann, "intensives Training ist da nicht so einfach." Sportdirektor Aygün erwartet nun vor allem von den bisherigen Ersatzspielern größeren Einsatz. "Jetzt müssen die Jungs in die Bresche springen, die zuletzt hintendran waren", sagte Aygün.

Schon gegen Innsbruck gab Möhlmann dem einen oder anderen Talent aus der A-Jugend eine Bewährungschance. Rechts hinten verteidigte beispielsweise Eric Weeger, der eine solide Partie absolvierte. Möhlmann zumindest war "kein grober Fehler aufgefallen". Diese sollten die Löwen auch bei Möhlmanns Pflichtspieldebüt gegen den Karlsruher SC vermeiden. Ein Tiroler Alpenpanorama fällt als Ablenkung dann jedenfalls schon mal weg. Der TSV 1860 spielt am kommenden Montag in der heimischen Arena.

© SZ vom 12.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: