TSV 1860 München:Antreiber mit Manieren

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Benno Möhlmann stellt die Löwen bei seinem Testspieldebüt für 1860 etwas offensiver auf als sein Vorgänger Fröhling. Das Ergebnis: ein 3:1-Sieg in Innsbruck. Was hat sich sonst noch geändert?

Von Nino Duit, Innsbruck/München

Wie viel sich in knapp fünf Wochen doch ändern kann. Anfang September war es, als der TSV 1860 in der vergangenen Länderspielpause Wacker Innsbruck zu einem Freundschaftsspiel empfing. Damals, als die Blätter noch auf den Bäumen hingen, gab es berechtigte Hoffnungen, dass das Pflänzchen TSV 1860 unter Trainer Torsten Fröhling gedeihen könnte. Obwohl die Punktausbeute nicht passte, zeigten die Löwen doch durchaus ansprechende spielerische Ansätze. Diese Ansätze gingen und kamen und gingen, doch Siege folgten keine.

Jetzt ist es Mitte Oktober. Von der dezenten Aufbruchsstimmung des Spätsommers ist nicht mehr viel zu sehen. Und von Torsten Fröhling auch nicht. Wie vor fünf Wochen spielten die Löwen auch an diesem Freitag in einem Testspiel gegen Wacker Innsbruck. Diesmal saß aber Routinier Benno Möhlmann auf der Trainerbank. Er ist nach Ricardo Moniz, Markus von Ahlen und eben Fröhling bereits der vierte Trainer des TSV 1860 in etwas mehr als einem Jahr.

Ein Zwischenfazit soll es erst nach vier Pflichtspielen geben

Die Innsbrucker bewahrten aber trotzdem den Überblick, sie wussten genau, dass Möhlmann sein Debüt feierte. Der neue Löwen-Trainer wurde vor dem Spiel sogar per Durchsage des Stadionsprechers gewürdigt: "Es freut uns sehr, dass Benno Möhlmann seine Trainerkarriere bei 1860 München hier startet." Bei den Löwen hoffen sie inständig, dass es sich dabei nicht um ein weiteres kurzes Intermezzo handelt, sondern, dass Möhlmann etwas Ruhe in den Verein bringt und diesen stabilisiert. Der Start verlief schon mal verheißungsvoll: Mit 3:1 schlug der TSV 1860 den österreichischen Zweitligaspitzenreiter Wacker Innsbruck.

Große Rückschlüsse lässt diese Partie für Möhlmann aber nicht zu. "Ich will nicht zu viel hineininterpretieren", sagte er. Erst nach etwa vier Punktspielen sei Zeit für ein erstes kleines Resümee. Für Möhlmann, 61, wären das dann persönlich die Spiele 1081 bis 1084 in der ersten oder zweiten Liga, an denen er entweder als Spieler oder Trainer mitgewirkt hat. Mit derzeit 501 Spielen als Trainer in der zweiten Liga ist er der Reckordcoach. Der TSV 1860 hat sich geballte Erfahrung eingekauft. Erfahrung ist jedoch eine Eigenschaft, die leider nicht dabei hilft, verletzte Spieler auf wundersame Weise zu heilen. Jemanden mit dieser Fähigkeit würde man bei den Löwen derzeit wohl sofort unter Vertrag nehmen.

"Er coacht viel von außen"

In den vergangenen Tagen meldete sich ein Spieler nach dem anderen ab. Nachdem sich Kai Bülow im ersten Training unter Möhlmann einen Innenbandriss zuzog, erwischte es zuletzt auch Daniel Adlung und Gary Kagelmacher. Gegen Innsbruck musste zudem noch in der ersten Halbzeit Verteidiger Rodnei verletzungsbedingt runter. Einige Spieler waren zudem für ihre Nationalmannschaften unterwegs. Der neue Trainer war am Freitag froh, überhaupt elf Spieler auf den Rasen bringen zu können, reiste mit zahlreichen A-Junioren nach Tirol. "Sowas habe ich noch nie erlebt", sagt Möhlmann, der schon relativ viel erlebt hat. Etwa einige komischen Entlassungen, zuletzt musste er seinen Posten nach drei sehr erfolgreichen und einem halben eher dürftigen Jahr beim FSV Frankfurt vor dem letzten Spieltag der vergangenen Saison räumen.

Über die Fitness von Möhlmann selbst braucht man sich jedoch keinerlei Sorgen zu machen. Bei seinem Trainerdebüt für 1860 saß der 61-Jährige praktisch keine Sekunde auf der Bank. Ganz im Gegenteil, er nutzte die ganze Breite und Tiefe seiner Coachingzone aus. Mal schlenderte er mit verschränkten Armen umher, mal gestikulierte er wild. Der Wechsel vom gutmütigen Übungsleiter zum emotionalen Rumpelstilzchen ist fließend. Als Krisztian Simon eine gute Chance vergab, spurtete er mit leicht gerötetem Kopf und schimpfend aufs Feld und verbarg seinen Unmut keineswegs; kurz bevor er Nachwuchsmann Foti Katidis einwechselte, legte er fast väterlich den Arm um den 18-Jährigen. "Er coacht viel von außen", ist auch Sportdirektor Neat Aygün aufgefallen, "er treibt die Jungs an."

Besonders effektiv trieb er augenscheinlich Michael Liendl, Krisztian Simon und Stephane Mvibudulu an. Das Trio schoss nämlich den Sieg gegen Wacker Innsbruck heraus. "Wir haben den Mut gehabt, der zuletzt manchmal gefehlt hat", lobte Möhlmann. Er richtete seine Mannschaft etwas offensiver aus, als es Fröhling zuletzt getan hatte. In der Defensive ist sich Möhlmann dagegen noch nicht ganz sicher, was er will. Im Tor durften sich Vitus Eicher und Stefan Ortega je eine Halbzeit präsentieren, auf eine Nummer eins will sich der Trainer-Routinier noch nicht festlegen. Eines trifft aber auf beide Schlussleute genauso zu wie auf jeden anderen Spieler: dass sie von ihrem Trainer gesiezt werden. Möhlmann bringt dem TSV 1860 neue Umgangsformen bei. Ob diese Höflichkeit auch zu sportlichem Erfolg führt, wird sich erstmals bei Möhlmanns Pflichtspieldebüt gegen Karlsruhe zeigen. Mit sechs Punkten nach zehn Spielen belegen die Löwen derzeit den 17. Tabellenplatz.

© SZ vom 11.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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