TSV 1860 München:Alles im Umbruch

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"Ich lasse mir sicher nicht vorwerfen, dass ich nicht alles versucht hätte."- Daniel Adlung (r.) war bei den Löwen erst Kapitän, dann außen vor. (Foto: Thomas Starke/Getty)

Der neue Geschäftsführer Ian Ayre kommt erst später zum TSV 1860 München, Trainer Vitor Pereira ärgert sich über Fragen nach dem ehemaligen Kapitän Stefan Aigner.

Von Markus Schäflein

Vitor Pereira war auch am Samstag noch stinksauer, wild gestikulierend debattierte er auf dem Trainingsplatz mit Geschäftsführer Anthony Power. Ein Reporter des Senders Sky hatte dem Trainer beim Spiel am Freitagabend in Bielefeld (1:2) die Frage gestellt, ob Stefan Aigner jemals wieder für den TSV 1860 München spielen werde, nachdem er aus dem Kader gestrichen und vom Kapitänsamt zurückgetreten war. Das machte Pereira wütend, allerdings hatten es die Löwen selbst versäumt, die Sache zu erklären. Aigner habe unter der Woche "einen Fehler gemacht", räumte Pereira dann auf die Frage hin ein, "keinen großen, aber wir müssen das intern klären". Aigner soll sich im Training eine Auseinandersetzung mit dem neuen Innenverteidiger Abdoulaye Ba geliefert haben, berichtete das Internetportal dieblaue24.de.

Nachdem Aigner zurückgetreten war und Jan Mauersberger nicht in der Startelf stand, trug der dritte Kapitän Daniel Adlung diesmal die Binde und übernahm die Analyse. "Man hat schon in Ansätzen gesehen, dass wir das Spiel unter Kontrolle hatten", meinte er, "allerdings kam der letzte Pass nicht an, die Abschlüsse haben gefehlt." Trotz viel mehr Ballbesitz spielten die Löwen in der zweiten Hälfte keine einzige Torchance mehr heraus gegen die Bielefelder, die so genannten typischen Zweitligafußball boten.

Daniel Adlung weiß nicht, wie lange er Kapitän bleibt

Immerhin hatte die Mannschaft mit vier Zugängen in der Startformation zumindest keinen gänzlich ungeordneten Eindruck hinterlassen. Diese Aufstellung im zu erwartenden Kampfspiel auf der Alm gegen einen direkten Konkurrenten im Kampf um den Klassenverbleib war eine umstrittene Entscheidung Pereiras, aber aus seiner Sicht eine konsequente. Er hat stets betont, den nächstjährigen Aufstieg zu planen, den diesjährigen Klassenverbleib hat er nie thematisiert. Er will die Neuen - wie Amilton als Vorbereiter und Christian Gytkjaer als Schütze des zwischenzeitlichen Ausgleichs - sofort spielen lassen. "Trotz der Niederlage bin ich mit der zweiten Halbzeit zufrieden. Es war eine Entwicklung zu sehen", erklärte der Trainer dementsprechend. "Allerdings haben wir kein Mittel gefunden gegen einen Gegner, der defensiv gut stand."

Adlung setzt nun auf das Pokal-Achtelfinalspiel am Mittwoch beim Drittligisten Lotte. "Das ist die Chance, sich ein gutes Gefühl zu holen und mehr Mut und Selbstvertrauen in die Automatismen zu bekommen", sagte er. Als Kapitän ist er gefordert, dazu beizutragen, dass sich die Zugänge aus Brasilien, Dänemark, Ghana, dem Senegal und Kamerun schnell integrieren - und dass diejenigen Akteure aus dem großen Kader, die angesichts des neuen Personals und der ambitionierten Pläne ihre Perspektive anzweifeln, nicht lustlos werden. Goran Sukalo löste seinen Vertrag auf, aber viele andere trainieren - und spielen - weiter mit.

Ganz in die Verantwortung, diese Gemengelage zu moderieren, will sich Adlung trotz der Binde nicht nehmen. "Da sind alle gefragt", meinte er, und außerdem: "Ich war gestern Kapitän. Was der Trainer in Zukunft entscheiden wird, weiß ich nicht." Adlung droht ja selbst seinen Platz im Mittelfeld zu verlieren, wenn Frank Boya vom Afrika-Cup anreist.

Es bleibt alles im Umbruch an der Grünwalder Straße - auch auf der Geschäftsstelle. Die von 1860 am Freitag per Pressemitteilung angekündigte Ankunft des neuen Chefs Ian Ayre vom FC Liverpool verzögert sich nun doch. Er werde "in naher Zukunft" erscheinen, hieß es in dem Schreiben, das ist ein dehnbarer Begriff: Mindestens einen Monat wird es wohl noch dauern, bis Ayre kommt. Bis dahin bleibt Power, der als Vertrauter von Hasan Ismaik ins Amt kam, der Geschäftsführer. Das erfreut nicht alle: Von der neuen Ultragruppe "Münchner Löwen" und anderen Fans wurde Power in Bielefeld, als er sich am Zaun für die Anfeuerung bedanken wollte, wüst beschimpft.

© SZ vom 06.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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