Trainerin Silvia Neid bei der Frauen-EM:Nur Siege werden ihr Ruhe verschaffen

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Silvia Neid auf dem Trainingsplatz in Växjö (Foto: dpa)

Bei der Heim-WM war im Viertelfinale Schluss, nun setzt Bundestrainerin Silvia Neid alles daran, bei der EM in Schweden den Titel zu holen. Die 49-Jährige achtet auf jedes Detail - und lässt deswegen in einem Industriegebiet trainieren.

Von Kathrin Steinbichler, Växjö

Das kleine Växjö ist stolz auf seine Natur. "Die grünste Stadt Europas" nennt sich die Universitätsstadt im Südosten von Schweden, die ringsum von Seen und Wäldern umgeben ist, und natürlich will Växjö es seinen deutschen Besuchern derzeit besonders recht machen. Silvia Neid hatte dennoch etwas auszusetzen, schließlich hat die Bundestrainerin der Frauenfußball-Nationalelf in Schweden eine Aufgabe zu erledigen. An diesem Donnerstag starten die Deutschen gegen die Niederlande in die Europameisterschaft, und nur Siege werden Neid Ruhe verschaffen.

Deshalb ist Neid auch mit ihrer Mannschaft freiwillig ins Industriegebiet vor die Tore der Stadt gezogen, zumindest für die tägliche Übungseinheit. Der ursprünglich von den Organisatoren zugewiesene Trainingsplatz war der früheren Rekord-Nationalspielerin einfach nicht gut genug. "Silvia achtet immer noch auf jedes Detail, sie kann da sehr unnachgiebig sein", sagt Ulrike Ballweg, ihre Assistenztrainerin.

Wer Neid auf diesen Ehrgeiz anspricht und fragt, ob es denn auch mal entspannter gehe, muss den Blick aushalten können, der ihrer Antwort zuvorkommt. Neid, 49, kann es nicht leiden, wenn sich jemand zu schnell zufrieden gibt oder eine Chance wegwirft, besser gesagt: Sie verachtet das. Schließlich hat sie selbst immer gekämpft und kämpfen müssen. Die ersten Jahre, um etwas zu erreichen; die nächsten Jahre, um den Status zu verteidigen.

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Gastgeber Schweden verpasst den erhofften Sieg gegen Dänemark zum Start der Frauenfußball-EM. Das Team von Trainerin Pia Sundhage kommt in Göteborg nicht über ein 1:1 hinaus - die Spielerinnen zeigen dabei Nerven.

Heute kämpft Neid darum, dass ihr Sport und ihr Bemühen die Anerkennung ernten, die sie erwartet. Auch wenn die Zuneigung der Deutschen gelitten hat unter dem frühen Aus des Titelverteidigers bei der WM 2011 im eigenen Land. "Das war eine harte, auch lehrreiche Erfahrung", sagt Neid, "aber ich denke, dass ich daraus gestärkt hervorgegangen bin. Sonst wäre ich auch nicht mehr Bundestrainerin." Neid kämpft mit einer Entwicklung, die sie selbst befördert hat.

Als Neid anfing mit dem Fußball, gab es noch nicht einmal eine Frauen-Nationalelf. Auch Geld ließ sich im Frauenfußball damals noch nicht verdienen. Neid, die aus dem Odenwald stammt, lernte Fleischfachverkäuferin und arbeitete im Blumenhandel ihres Vereinstrainers. Nebenbei wurde sie zur prägenden Figur des frühen Frauenfußballs. Als 1982 erstmals eine deutsche Frauen-Elf zu einem Länderspiel auflief, wurde Neid mit gerade 18 Jahren eingewechselt. Eine Minute später schoss sie ihr erstes Tor. Beim ersten deutschen EM-Titel 1989 durfte sie als Spielführerin die Trophäe in die Höhe stemmen.

In Schweden, bei der elften Frauenfußball-EM, kann Deutschland sich nun den achten Titel holen. Bei der WM 2011 war bereits im Viertelfinale Schluss, diesmal, sagt Neid, "sollen und wollen wir es wieder besser machen". Sie weiß, dass sie und ihre Mannschaft an Titeln gemessen werden. Der Druck ist daher auch im beschaulichen Schweden groß. Aber diesmal, so glaubt die Trainerin, "können wir damit umgehen".

© SZ vom 11.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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