Tour de France:Jenseits von Knittkuhl

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Städte rund um Düsseldorf buhlen um ein paar Minuten der Tour 2017. Für Aachen sieht es schlecht aus, für Ratingen hingegen gut.

Von Ulrich Hartmann, Ratingen

Hinter Knittkuhl geht es bergab. Von diesem Düsseldorfer Stadtteil brauchen Rennradler für die 1600 Meter bis zum Ratinger Ortsschild vielleicht noch zwei Minuten. 120 Sekunden - dann wäre die Tour de France am 2. Juli 2017 auch in Ratingen. Doch womöglich könnte der Tross die Stadt im Nordosten Düsseldorfs knapp verfehlen. In Knittkuhl soll das Feld nämlich abbiegen - und der Ratinger Tour-Traum könnte platzen. Dabei hatte Bürgermeister Klaus Konrad Pesch beim Düsseldorfer OB Thomas Geisel längst eine Streckenänderung angeregt: ein paar Kilometer bloß - mit großer Wirkung für eine Stadt, die stets im Schatten Düsseldorfs steht. Pesch sagt, er habe für den Abstecher nach Ratingen "gute Chancen signalisiert bekommen". Doch auch wenn es klappt: Billig würde es nicht werden.

Die Planungen zur Tour 2017 zeigen, was ein paar Kilometer des bedeutendsten Radrennens wert sind. Mehr als elf Millionen Euro kostet der Prolog samt Zeitfahren und Etappenauftakt die Stadt Düsseldorf. Knapp fünf Millionen davon sind bislang nicht refinanziert. "Aber man muss sich bloß mal überlegen, was es sonst kosten würde, so viele schöne Bilder aus Düsseldorf in die ganze Welt zu schicken", sagt Geisel. So denken auch Politiker in Ratingen, Neuss, Krefeld und Aachen. Alle diese Städte wären gerne Tour-Station. Mönchengladbach lässt sich die Sprintwertung während der Auftaktetappe geschätzte 100 000 Euro kosten. Durch welche rheinischen Städte die Etappe führen wird, das hänge, so Geisel, "auch davon ab, wer sich an unseren Kosten beteiligt". Aber diese Städte würden auch etwas dafür bekommen, Werbe-Effekte etwa. Bis zur Sommerpause wisse man, wie der erste Auftakt-Abschnitt aussieht. Die Chancen für Ratingen stünden gut. Das Feld würde in Knittkuhl nicht abbiegen, sondern geradeaus fahren. Von 50 000 Euro Kosten für die Stadt ist die Rede. "Ich glaube, dass es durch Ratingen durchgehen wird", sagt Geisel.

Krefeld, Aachen, Gelsenkirchen und Neuss haben geringe Chancen

2017 wird die Tour de France zum 22. Mal im Ausland starten; zum vierten Mal in Deutschland nach 1965 in Köln, 1980 in Frankfurt und 1987 in Berlin. Am Samstag, 1. Juli, führt ein 13 Kilometer langes Einzelzeitfahren am Rhein entlang und über die Königsallee. Tags darauf beginnt in Düsseldorf die erste Etappe. Sie führt zunächst östlich durch das Neandertal. Die Athleten rasen mit Hightech-Rädern durch jene Gegend, in der einst der Urzeitmensch lebte. Danach fährt das Feld Richtung Ratingen auf die Stadt zu, deren Eishockeyteam 1994 die Deutsche Eishockey-Liga mitbegründete und in der jedes Jahr wichtige Mehrkampf-Meetings stattfinden. Doch am 2. Juli 2017 könnte Ratingen in aller Welt wahrgenommen werden - wenn auch nur für ein paar Minuten. "Es wäre die Chance, Ratingen einem großen Publikum näherzubringen", sagt Bürgermeister Pesch. Er hofft auch auf Nachahmung. "Eine Teilnahme am Grand Départ könnte bei den Ratingern die Bereitschaft fördern, öfter mal aufs Fahrrad umzusteigen."

Am 18. Oktober wird in Paris der detaillierte Tour-Verlauf 2017 vorgestellt. Dass dann außer Ratingen auch Neuss, Krefeld, Aachen oder Gelsenkirchen berücksichtigt sind, glaubt Geisel eher nicht. "Wenn wir allen Wünschen gerecht werden wollten, müssten wir die zweite Etappe in konzentrischen Kreisen rund um Düsseldorf führen - das wird nicht möglich sein."

Kürzlich ist der Karnevalszug durch Ratingen gerollt, der am Rosenmontag wegen Sturms abgesagt wurde. Zweieinhalb Stunden brauchte die Kolonne für die drei Kilometer. Sollte nächstes Jahr die Tour durch Ratingen sausen, dann würde das Vergnügen für die Zuschauer nur wenige Minuten dauern. Diese Kosten-Nutzen-Rechnung sorgt im Stadtrat für Diskussionen. Pesch ist aber zuversichtlich. Im März hat man einen 'Masterplan' zur Förderung des Radverkehrs beschlossen. "Darin könnte der Grand Départ eine bedeutende Rolle einnehmen", sagt der Bürgermeister. Ratingen dürfte mithin einiges unternehmen, damit die Tour nächstes Jahr in Knittkuhl nicht abbiegt.

© SZ vom 06.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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