Tour de France:Die Sponsoren halten Abstand

Lesezeit: 3 min

Die spanische Mannschaft Saunier Duval wird nach ihrer unehrenhaften Flucht von der Tour de France komplett aus dem Peloton verschwinden und kein Rennen mehr bestreiten.

Andreas Burkert, L'Alpe d'Huez

Remscheid hat also doch geprüft, sehr genau sogar, und für Saunier Duval ist die Angelegenheit erwartungsgemäß nicht gut ausgegangen: Die spanische ProTour-Mannschaft wird nach ihrer unehrenhaften Flucht von der Tour de France komplett aus dem Peloton verschwinden und kein Rennen mehr bestreiten. Dies bestätigte Jens Wichtermann, Sprecher der deutschen Muttergesellschaft Vaillant, zu welcher Teamsponsor Saunier Duval gehört. "Die aktuellen Ereignisse haben das Unternehmen zum Handeln bewegt", sagte Wichtermann der Süddeutschen Zeitung, die Kündigung des ursprünglich bis 2013 gültigen Vertrags gelte "per sofort".

Betreuer der spanischen Mannschaft Saunier Duval packen ihre Koffer. (Foto: Foto: dpa)

Somit haben die Geschäftsleute aus dem Bergischen Land letztlich doch recht schnell und konsequent gehandelt. Zunächst hatte die Vaillant-Gruppe bei der Zuständigkeit komplett auf die spanische Tochter Saunier mit Sitz in Santander verwiesen, zumindest offiziell. Doch dass das deutsche Heizungstechnikunternehmen den seit den Dopingfällen Riccardo Ricco und Leonardo Piepoli glimmenden Posten aus der eigenen Bilanz tilgen mochte, war bereits durchgesickert.

"Den Vertrag hat die spanische Tochter unterzeichnet", sagt Wichtermann, "doch klar ist natürlich auch, dass unsere Geschäftsleitung bei so einer Sache beteiligt ist." Die Einflussnahme ging jedenfalls so weit, dass die Kollegen von Saunier am Dienstag in Remscheid anzutreten hatten - ebenso Mauro Gianetti, der dubiose Teammanager, bei dessen Equipe systematisches Doping vermutet werden darf. Der ehemalige Profi aus der Schweiz hat das deutsche Empfangskomitee nicht überzeugen können, Firmensprecher Wichtermann sagte jedenfalls: "Man hat sich mit Gianetti zusammengesetzt, und herausgegangen ist man mit einer Kündigung."

Nach Barloworld, das bei der Tour den Dopingfall Moises Duenas zum vorzeitigen Ausstieg Ende 2008 nutzte, verliert der Radsport also binnen einer Woche einen zweiten namhaften Geldgeber. Wie schwierig es ist, in diesen Tagen einen Sponsor mit dem Metier zu begeistern, durchlebt gerade Gerolsteiner-Chef Hans-Michael Holczer. Sein Finanzier hatte im Spätsommer 2007 das Ende der zehnjährigen Partnerschaft verkündet - seitdem blieb die Suche des geschäftstüchtigen Schwaben ergebnislos. Nach dem Erfolg im Zeitfahren durch Stefan Schumacher berichtete Holczer zwar von ersten Eingängen im E-Mail-Fach, ergänzte aber zurückhaltend, er wisse "nicht, ob das nicht alles Spinner sind". Offenbar haben sich doch seriöse Kontakte ergeben, denn derzeit meldet Holczer, die Sache sei "wieder in Bewegung".

Holczer muss die nicht enden wollenden Affären als geschäftsschädigend empfinden und verzichtet wohl nur deshalb auf Regressforderungen, weil er seinen Leuten auch nicht zu 100 Prozent trauen kann, wie er stets betont. Und so tummeln sich momentan eher Hasardeure unter den Geschäftspartnern, die ihre Marke unbedingt platzieren wollen. Und die das ja auch können, denn in Frankreich hat das Fernsehen den Vertrag mit der Tour soeben bis 2013 verlängert, der europäische EBU-Verbund mit ARD/ZDF steht offenbar bis 2011 im Wort. "Wer ein Produkt bekannt machen will, und am besten schnell, der ist im Radsport weiterhin gut aufgehoben", sagt Christian Frommert.

Einbuße bei der Attraktivität

Frommert hatte als Sprecher den Doping-Skandal um Jan Ullrich beim T-Mobile-Team offensiv moderiert, doch die Telekom entschied sich letztlich zum Abschied. "Auch rückblickend die richtige Entscheidung", sagt Kommunikationschef Frommert, "denn die aktuelle Tour de France verdeutlicht doch sehr offensichtlich die Probleme eines Sponsors im Radsport." In der Problembranche würden "ja selbst Erfolge von Dopingdiskussionen und Skandalen überdeckt", sagt Frommert, "eine klare Botschaft bekommt ein Unternehmen im Radsport nicht hin - vor allem, wenn es ein Image und Werte transportieren will." Schade sei das, findet er, "denn der Radsport wäre unter anderen Bedingungen eine gute Plattform". Doch generell gehe der Trend der großen Konzerne nun eher "zu sozialen Komponenten des Sports", die Telekom will auch in Zukunft die Nationale Antidoping-Agentur Nada mit jährlich 200.000 Euro unterstützen.

Den Imageabsturz des Radsports bei Wirtschaftspartner kann die Kölner Beratungsagentur Sport + Markt genau belegen: In Umfragen bei 1000 Sportinteressierten hat die Sportart im Parameter "Attraktivität" von 18 Prozent (2004) auf aktuell nur noch sechs Prozent Zustimmung eingebüßt; beim Imagefaktor Spannung fiel der Wert von einst 26 (2004) auf elf Prozent in 2008. Weil dem Publikum inzwischen sonnenklar sei, dass flächendeckend betrogen werde? "Genau", sagt Stephan Schröder, Vorstand bei "Sport + Markt". Im Ausland werde das Thema zwar "längst nicht so kritisch" gesehen wie in Deutschland. "Trotzdem hat überall ein Umdenken eingesetzt, es heißt jetzt: 'Halten wir uns besser mal aus dem Radsport raus'.'"

Skoda Deutschland ist noch drin als Co-Sponsor in Holczers Team, "uns ist der Imagekragen noch nicht zu eng", sagt Firmensprecher Nikolas Reichert ironisch. Die Marke sei eben traditionell ,,radsportaffin'', zum anderen vertraue man Holczers Arbeit. "Und machen wir uns doch nichts vor - Garantien gibt es nirgendwo, in keinem Sport." Ein alleiniges Sponsoring schließt Reichert jedoch kategorisch aus. "Nein", sagt er dazu nüchtern, "so weit geht unsere Liebe zum Radsport nun auch wieder nicht."

© SZ vom 24.7.2008/jüsc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: