Tennisturnier in Dubai:Federer surft seine letzten Wellen

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Verheißungsvoller Auftakt in Dubai: Roger Federer glänzte in seiner ersten Partie seit Januar. (Foto: Ahmed Jadallah/Reuters)
  • Roger Federer zeigt sich erstmals seit seinem Gewinn der Australian Open wieder als Aktiver im Tennis.
  • In Dubai übersteht er die erste Runde locker.
  • Doch wie fit ist der mittlerweile 35-jährige Schweizer noch?

Von Gerald Kleffmann, Dubai

Linda ist die erste Person, die ein paar warme Worte von Roger Federer im Presseraum vernehmen durfte; Linda und Roger, die beiden verbindet ein spezielles Erlebnis, von dem die wenigsten wissen. Das letzte Mal, als sich die zwei trafen, saßen sie in einem knuffig kleinen Raum, draußen herrschte eine laue Sommernacht, sicher mögen beide bis heute diesen Moment nicht missen.

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Federer sprach und strahlte und Linda hörte ihm aufmerksam zu. Wort für Wort schrieb die Amerikanerin schließlich auf einer speziellen Maschine mit. Es war der 29. Januar 2017, Federer, der nach einer sechsmonatigen verletzungsbedingten Auszeit zur Verzückung der Tenniswelt gerade zum 18. Mal Champion eines Grand-Slam-Turniers geworden war, teilte seine Freude mit. Und Linda hielt sie in Form eines "Transcripts" fest.

"Ich weiß nicht, wie viel ich meinem Körper zumuten kann"

Solche Begebenheiten verbinden, daher kann Federer nicht anders, als herzlich zu grinsen, als er nun, vier Wochen später, Linda plötzlich das erste Mal sieht. "Wie geht es?", fragt er, Linda lächelt verlegen. Die selbe Frage stellt sie nicht zurück. Dass es dem 35-jährigen Tennisprofi Schweizer auch einen Monat nach seinem Coup, als er die Australian Open gewann, gutgeht, sah jeder an diesem Montagabend in Dubai. Federer ist zurück.

Den Franzosen Benoît Paire hat er in der ersten Runde, in seinem ersten Tennis-Auftritt seit Melbourne vor ziemlich genau vier Wochen, vernascht mit 6:1, 6:3. Er wolle "die Welle weitersurfen", diktierte Federer, eine erfreuliche Nachricht für seine Bewunderer, die auch auf der Arabischen Halbinsel kaum weniger sind als anderswo. Hier besitzt er eine Wohnung und verbringt viele Wochen im Jahr. Sieben Mal triumphierte er in Dubai. Zuletzt konnte man indes den Eindruck gewinnen, Federer gebe es nicht mehr als Tennisprofi: Er war zwar oft zu sehen, aber eben immer häufiger im Flanier- und Geselligkeitsmodus.

Dass einer wie er nach speziellen Erfolgen in ein Loch fällt, hat er jedenfalls eindrucksvoll widerlegt. Federer war im Winterurlaub, mit Gattin Mirka und den vier Kindern, es gab Schneemobilfahrten und Käsefondue-Abende, spontan reiste er zur Ski-WM, um seine gute Bekannte Lindsey Vonn anzufeuern. In Prag warb er tennisspielend auf einem Boot auf der Moldau für den Laver Cup im Herbst, den er ausrichtet mit seinem Manager Tony Godsick.

In einem neuen Werbefilm tauchte Federer als Robinson Crusoe auf, Fotos zeigten ihn, wie er für eine britische Outdoor-Wildnissshow den Schläger im Schnee schwang, am schönsten waren natürlich jene Motive, die ihn zeigten, wie er Norman in die Luft warf. Norman heißt mit vollem Namen Norman Brookes Challenge Cup, es ist der Siegerpokal aus Australien. Federer ist mit ihm per Du. "Ich hatte auch schon Dinner mit Norman", teilte er der New York Times kürzlich fröhlich mit.

So sehr er in Melbourne manch wundersame Dinge vollbrachte, eines kann auch ein Federer nicht: die Zeit anhalten. "Es beginnt nun wieder bei null", sagt er in Dubai. Tatsächlich wurde er gar gefragt, ob er nun von 20 Grand Slams träume, weiter, immer weiter, aber Federer hat unmissverständlich erklärt, dass er bei Weitem nicht die Erwartungshaltung seiner Fans hat. "Die Pause war zu lang, ich kann jetzt nicht einfach wiederkommen und spielen wie in Australien", sagt er, allerdings ohne jeden Vorwurf, auch nicht an sich. Er wollte alles ja so. "Die Zeit in den Schweizer Bergen tat mir auch gut und gab mir neue Energie", versichert er.

Und doch haben sich in sein aufgefrischtes Selbstbewusstsein ein paar kleine Zweifel eingeschlichen. Oberschenkelbeschwerden tauchten kurzzeitig auf. "Ich bewege mich immer noch etwas im Unbekannten und weiß nicht, wie viel ich meinem Körper zumuten kann", gibt er zu verstehen. So brütet er bezeichnenderweise schon über der richtigen Zusammenstellung seines Turnierkalenders, auf dem körperlich anspruchsvollen und schlauchenden Sandbelag wird er wohl nur wenige Turniere bestreiten. Diese Entscheidung wolle er nach den US-Turnieren in Indian Wells und Miami im März treffen.

In Dubai hat sich Roger Federer selbst ermahnt, er müsse sich "das große Bild anschauen". Schließlich will er noch etwas länger Wellen surfen. Für das Turnier in Basel hat er jüngst einen Vertrag bis 2019 unterzeichnet.

© SZ vom 01.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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