Tennis: Finale der French Open:Chinesin auf flinken Beinen

Lesezeit: 3 min

Erst bezwang sie Maria Scharapowa, nun steht Li Na als erste Chinesin überhaupt im Finale der French Open. Das Erfolgsrezept der 29-Jährigen wirkt denkbar einfach: Ihr dänischer Trainer vermittelt ihr den Glauben jeden Ball erreichen zu können - wirklich jeden.

Milan Pavlovic, Paris

Sie war immer die Erste, wenn es um China und Tennis ging. Erste Turniersiegerin aus China. Erste Frau in den Top 20. Grand-Slam-Viertelfinalistin. Top 10. Grand-Slam-Finalistin. Top 5. Als 29-Jährige sollte sie sich daran gewöhnt haben, dass sie eine Pionierin ist. Dennoch kann Li Na sich weiterhin selbst überraschen. "Ich hätte nie gedacht", sagte sie nach ihrem Halbfinale, "dass ich einmal im Endspiel der French Open stehen würde." Als erste Chinesin, natürlich.

Überall auf dem Platz - und zwar gleichzeitig: die Chinesin Li Na. (Foto: Getty Images)

Ihre offenen Worte sind angesichts dessen, was man sonst von Chinesen in der Weltöffentlichkeit kennt, gewöhnungsbedürftig, genau wie ihr Sinn für Humor. "Sie hat einen mächtigen Aufschlag", wusste sie von ihrer Halbfinalgegnerin Maria Scharapowa, als diese einen Matchball abwehren wollte. "Deshalb dachte ich: Bitte, bitte, Doppelfehler, dann kann ich die Partie gewinnen."

Sie sieht eher unscheinbar aus, als sie das erzählt: trägt einen rosa Rock, eine orangefarbene Schirmmütze, hinter der ein kurzer schwarzer Zopf hervor lugt, ein weißes T-Shirt mit V-Ausschnitt, das den Blick freigibt auf ihre eintätowierte Rose knapp über dem Herzen. Sie könnte als Klub-Spielerin durchgehen, aber es wäre fatal, sie zu unterschätzen. "Ich wusste nicht, wie es ist, ein Grand-Slam-Finale zu spielen", sagt sie mit Blick auf das verlorene Endspiel gegen Kim Clijsters: "Jetzt weiß ich es."

Im Januar Finalistin bei den Australian Open, Anfang Juni im Endspiel der French Open, ab Montag mindestens die Nummer fünf der Welt, die Sache ist doch ganz klar: Li Na muss ein herausragendes Jahr erleben. Ja, aber auch nein. Denn ein großer Tennisprofi mag sich über die Erfolge bei Grand-Slam-Turnieren definieren.

Aber große Tennisspieler à la Steffi Graf oder Monica Seles gibt es nicht viele, und für alle anderen Profis - all jene, die noch keines der vier Majors gewonnen haben - sind die Turniere zwischen den Slams mindestens so wichtig. Und da hört der Spaß für Li Na auf. Dem herausragenden Januar mit elf Siegen in zwei Turnieren folgten finstere Monate: mit null Siegen im Februar und März, fünf Niederlagen gegen wesentlich schlechter platzierte Kontrahentinnen.

Es musste etwas geschehen, und sie unternahm etwas. Sie trennte sich von ihrem Trainer Shan Jiang, der ihr Ehemann ist. "Ich würde meinem Mann nie sagen: Du bist gefeuert." Aber etwas in der Art muss sie ihm gesagt haben. Denn nach der Niederlagenserie wurde Jiang zum Sparringspartner degradiert. "Es war unmöglich geworden, zwischen Ehemann und Trainer zu trennen", erklärt Li Na. "Wir waren am Tag 24 Stunden zusammen, das war ermüdend." Ende April präsentierte sie den Dänen Michael Mortensen als ihren Betreuer.

"Gute Trainer sind schwer zu finden", sagt Li Na, "und man weiß nie, wie man harmoniert." Deshalb war zunächst nur eine Testphase von drei Turnieren ausgemacht. Das Ergebnis: zwei Halbfinals und nun der Finaleinzug in Paris. Li lobt: "Er findet jedes Mal eine positive Art, mir etwas zu sagen." Mortensen gibt das Lob zurück: "Mit ihr zu arbeiten ist sehr dankbar, weil sie mit ganzem Herzen dabei ist, Ratschläge annimmt und gut umsetzt."

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Wichtig sei es, "dass sie auf dem Platz glücklich ist, positiv bleibt und - anders als früher - nicht an ihren Fähigkeiten zweifelt, vor allem in Spielen gegen niedriger eingestufte Gegnerinnen". Die Zusammenarbeit mit Li Nas Team, das bestenfalls brüchiges Englisch spricht, klappe prima, sagt der Däne: "Ich verstehe kein Wort von dem, was sie untereinander reden, aber das ist ja nicht wichtig. Wir tauschen uns auf Englisch ein bisschen über Tennis aus, das reicht."

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Li gibt die Komplimente zurück: "Er schenkt mir Vertrauen und lässt mir viele Freiheiten." Und vermittelt ihr den Glauben daran, das Unerwartete realisieren zu können. Li Na staunt immer noch, wenn sie von ihrer Siegesserie in Paris erzählt: "Ich hatte immer gedacht, man müsse auf Sand mit viel Top-Spin spielen, um Erfolg zu haben", sagt die flach spielende Chinesin, "doch nachdem ich in Madrid und Rom das Halbfinale erreicht hatte, sagte mir mein Team, ich sei jetzt eine Sand-Spezialistin. Ich fragte: Wirklich? So richtig kann ich mich über den Belag wohl nicht mehr beklagen."

Trotzdem behauptet sie weiterhin: "Ich renne nicht gerne." Francesca Schiavone, ihre Endspielgegnerin am Samstag (ab 14.45 Uhr, live bei Eurosport) lacht über diese Aussage: "Ach, das ist doch nicht wahr. Ich weiß, was sie meint, niemand rennt gerne, aber ihr ganzes Spiel basiert doch auf ihren flinken Beinen." Es ist die Mischung aus Beinarbeit und vorzüglicher Antizipation, die es Li erlaubt, die gegnerischen Bälle früh zu treffen.

Wenn die Gegnerinnen ihre Schläge, auch die härtesten, nicht platziert genug setzen, kommen die Bälle mit noch höherem Tempo zurück. "Das stimmt, ich mag es, gegen sehr hart schlagende Gegnerinnen anzutreten", sagt Li. Ab dem Achtelfinale traf sie auf Petra Kvitova, Viktoria Azarenka und Maria Scharapowa: drei draufknüppelnde Osteuropäerinnen, die nicht damit zurechtkamen, dass ihre Geschosse nicht bloß entschärft, sondern brillant gekontert wurden. Frust ist die Folge. "Ihr Spiel, wenn es funktioniert, ist mental ermüdend", sagte Petra Kvitova, die im dritten Satz trotz 3:0-Führung verlor.

"Was ich nicht mag, sind Gegnerinnen, die ihr Spiel ändern", gibt Li zu: "Spanierinnen, die abwechselnd extreme Top-Spins und unterschnittene Bälle spielen, jederzeit Stops einstreuen, vielleicht sogar vollieren können." Francesca Schiavone ist keine Spanierin, sondern kommt aus Italien.

Aber ihre Spezialitäten, zuletzt eindrucksvoll gegen Marion Bartoli vorgeführt, sind: Tempowechsel, mit extremen Top-Spins und unterschnittenen Bällen, sowie Stops und als Bonus einige wohlplatzierte Volleys.

© SZ vom 04.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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