SSV Jahn Regensburg:Gerne auf der Felge

Lesezeit: 3 min

Es geht nach oben: Achim Beierlorzers Regensburger überwintern als Aufsteiger auf einem einstelligen Tabellenplatz in der zweiten Liga. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Jahn Regensburg krönt im letzten Spiel vor der Winterpause sein "sensationelles" Jahr. Nach der kurzen Weihnachtspause könnte für die Spieler Schneeschippen angesagt sein.

Von Christoph Leischwitz

Kurz habe er überlegt, gesteht Achim Beierlorzer, ob er zwischen den Jahren nach England fahren soll, wo ja bekanntlich pausenlos gespielt wird. Denn so ganz ohne Fußball... doch dann habe er den Gedanken schnell verworfen. "Man bekommt es ja nur mit, wenn man das da sieht", sagte er und machte eine Kopfbewegung in Richtung des Weihnachtsbaums, der hinter der Glasscheibe im Business-Bereich der Arena des SSV Jahn Regensburg steht. Doch bevor für Beierlorzer die besinnliche Weihnachtszeit beginnen konnte, hieß die letzte Hürde Arminia Bielefeld, am Samstag stand noch einmal ein körperlich sehr intensives Spiel an. "Einige meiner Spieler sind schon auf der Felge gelaufen", sagte der Trainer, merkte aber zufrieden an: "Das war ihnen egal." Am Sonntagmorgen gab es noch eine Analyse, es wurden individuelle Trainingspläne verteilt, und dann war sie da, die definitiv fußballfreie Zeit.

Natürlich haben alle die fünfeinhalb Wochen Zweitliga-Pause herbeigesehnt. Andererseits müssen sie nun aufhören, wenn es gerade am schönsten ist. 3:2 hatte der Jahn die Arminia bezwungen und in der Tabelle eingeholt, die Mannschaft überwintert auf einem einstelligen Tabellenplatz. Das Ergebnis spiegelte die körperliche und vor allem die mentale Überlegenheit der Oberpfälzer kaum wieder. Die eigenen Tore allerdings sind dafür ein gutes Beispiel. Das unbeirrt erzielte 1:1 etwa, keine zwei Minuten nach der Führung der Gäste: Benedikt Gimber schoss vom Strafraumrand, wurde geblockt, setzte nach, machte einen Haken und wuchtete den Ball ein zweites Mal Richtung Tor (14.). Für Gimber war es der erste Saisontreffer, er war im defensiven Mittelfeld für den verletzten Andreas Geipl eingesprungen. Und nicht nur das, er hatte schon nach fünf Minuten einen anderen Aushelfer auf der Doppelsechs neben sich, weil der angeschlagene Marc Lais noch mal umgeknickt war. Gimber und Asger Sörensen, zwei Innenverteidiger vor den beiden Startelf-Innenverteidigern Marvin Knoll und Sebastian Nachreiner. Doch die Mannschaft lasse sich nicht aus dem Konzept bringen, "sie nimmt das an und bleibt im Fokus auf das, was zählt", sagt Beierlorzer. Damit meint er wohl: auf der Felge laufen, und das gerne. Gegen Ende sorgte der Jahn mit seiner Wucht im Angriff noch dafür, dass die Gäste den Ball selbst über die eigene Linie drückten, Florian Hartherz hatte den Ball ins Gesicht bekommen (78.).

Anders als die Konkurrenz fährt der Jahn nun nicht in den Süden

Zum Saisonauftakt hatte der Aufsteiger in Bielefeld noch 1:2 verloren, doch die Regensburger sahen sich schon auf der Alm auf Augenhöhe. "Dass ich diesmal keinen Fehler gemacht habe", sagte Knoll lachend auf die Frage, was der Unterschied zum Hinspiel gewesen sei, der sichtbare Entwicklungssprung. Das Selbstvertrauen für die zweite Liga hatten sie sich schnell geholt. Und es ist auch dringend nötig für den Beierlorzer-Fußball.

Immer wieder heißt es, der neue Trainer lasse extrem offensiv spielen, und das bei wiederkehrenden offensichtlichen Schwächen in der Defensivarbeit, die es auch diesmal gab. Doch in Wahrheit steckt das Risiko nicht nur in der Taktik, sondern auch im Angriffsspiel an sich. Das Team geht ein solch bedingungslos hohes Tempo, dass gar nicht alles klappen kann. Dann landen zum Beispiel Außenrist-Flanken im Toraus. Oft genug aber landet eine scharfe Flanke eben genau auf dem Kopf des Mitspielers. Wie in der 25. Minute, als der wieder einmal starke Sargis Adamyan den Kapitän Marco Grüttner zum 2:1 bediente. Der Nachteil des beherzten Spiels war neben Lais' Ausscheiden die fünfte gelbe Karte für Adamyan, der nach der Winterpause im Derby beim 1. FC Nürnberg fehlen wird.

Beierlorzer nannte 2017 für den Jahn schlicht "sensationell". Es wurde also Zeit für den Rückblick. "Was für ein Jahr. Mit dem Aufstieg, mit allem. Es ist das schönste Jahr bis jetzt für mich. Da wünscht man sich für 2018 einfach nur, dass der Verein die Klasse hält, denn das hätten wir verdient", sagte Knoll. So langsam begann sie, die besinnliche Zeit. Danach könnte es aber schnell wieder anstrengend werden. Der Jahn ist eines von wenigen Zweitliga-Teams, das kein Trainingslager im Süden plant. Beierlorzer sagt, das liege an der kurzen Pause, eine wichtige Rolle werden auch finanzielle Überlegungen gespielt haben. Beierlorzer kann sich aber sicher sein: Nicht einmal Schneeschippen vorm Training würde seine Spieler wohl vom Weg abbringen.

© SZ vom 18.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: