SSV Jahn Regensburg:Effektive Auszeit

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Marvin Knoll wurde von den Jahn-Fans zum Spieler des Jahres gewählt. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Regensburg siegt gegen Fortuna Düsseldorf 4:3 nach 0:3-Rückstand - denn Trainer Achim Beierlorzer fällt in jeder Lage etwas Wirkungsvolles ein.

Von Johannes Kirchmeier, Regensburg

Es gibt im Regelwerk des Fußballs immer wieder technische Neuerungen, oftmals nähert sich die ureuropäische Sportart dadurch den amerikanisch geprägten an. In dieser Saison kam, zumindest testweise, ein Video-Schiedsrichter in der ersten Bundesliga hinzu, zudem gibt es die Torlinientechnologie - das sogenannte Hawk Eye. Was es aber bisher nicht gibt, ist: die Auszeit. Die fehlende Regel hält Trainer freilich nicht davon ab, Abwandlungen davon einzusetzen. Auszeiten sind im Eishockey oder Basketball ja lange erprobt. Coaches nehmen sie, um einem Gegner aus dem Rhythmus zu bringen oder taktische Anweisungen zu geben. Und so hat auch der Fußball-Trainer des SSV Jahn Regensburg Achim Beierlorzer seinen Spielern in dieser Saison mal gesagt: "Wenn ein Spiel einmal aufgrund einer Verletzung unterbrochen ist, dann schaut, ob ich euch ein Zeichen gebe." Schließlich sei es in den Zweitliga-Stadien oft zu laut für detaillierte Taktik-Rufe: "Da hört man mich ja nur zehn Meter."

Trainer Beierlorzer fällt in jeder Lage etwas Wirkungsvolles ein

Am Freitag war es soweit: Ein Spieler von Fortuna Düsseldorf lag am Boden, Beierlorzer gab seinen Kickern nach einer Viertelstunde das Zeichen zur Auszeit. Sie stellten sich an der Seite im Kreis auf, hörten zu, denn Beierlorzer war sauer. Alle Pläne gegen den Tabellenzweiten hatte sein Team schnell zunichte gemacht, es lag 0:3 zurück. Am Ende aller Mahnungen gab er den Spielern mit auf den Weg: "Reset! Alles beginnt von vorne, wir fangen wieder bei Nullnull an."

Der Kniff funktionierte: Der Jahn hat als erst zehntes Team der Zweitliga-Historie einen Drei-Tore-Rückstand zum Sieg gedreht. Beierlorzers Kicker wurden sicherer, die Fortuna verhaltener. Das Toreschießen übernahm der Jahn: Marco Grüttner und Jonas Nietfeld trafen noch vor der Pause. Marvin Knoll per Elfmeter und Sargis Adamyan wandelten die Partie zum 4:3. Beim Abpfiff schauten sich die Zuschauer an, schüttelten ihre Köpfe und jubelten erst dann. "Wir sind einfach drübergerollt", sagte Kapitän Grüttner. Innenverteidiger Knoll meinte: "Nach 20 Minuten wollte ich die Feuerwehr rufen, weil es bei uns hinten so gebrannt hat. Aber wir wissen, dass wir solche Spiele drehen können."

In Regensburg war am Freitagabend das Kuriose nicht der Erfolg an sich, sondern, dass eigentlich keiner der Beteiligten wirklich überrascht von ihm war. "Ich war auch nach dem 0:3 nicht sicher, dass wir gewinnen", sagte Düsseldorfs Trainer Friedhelm Funkel, "weil ich weiß, mit wie viel Leidenschaft und Herz Jahn Regensburg immer wieder zurückgekommen ist." Erst vor einem Monat drehte der Klub das ebenfalls scheinbar entschiedene Derby gegen Ingolstadt nach 0:2-Rückstand zum 3:2.

Das Team drängt auf dem Platz immer nach vorne, fordert seine Gegner durch ein so hohes Tempo und läuferisches Vermögen wie niemand anders in der Liga - und gibt nie auf. "Wir hätten auch nach einem 4:0 weiter nach vorne gespielt", meinte Knoll. Dem Trainer Beierlorzer fällt zudem in jeder Lage etwas Wirkungsvolles ein, selbst wenn es nur die Einführung einer Auszeit ist. Der Aufsteiger ist mittlerweile so sehr angekommen in der Liga, dass ihm nur noch ein Punkt auf den Relegationsrang fehlt. In einer Tabelle der letzten zehn Spiele belegt er Platz zwei.

Vom erneuten Aufstieg, der Jahn marschierte ja aus Liga vier durch, spricht dennoch keiner. "Wir brauchen noch vier Zähler bis zu den 40 Punkten", sagte Torschütze Adamyan. Um nicht abzusteigen, meint er - vor der Saison wurden die Oberpfälzer ja als Kandidat dafür gehandelt. Doch die 40 wird bald fallen, und dann braucht Regensburg vermutlich doch noch ein neues Saisonziel.

© SZ vom 26.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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