SpVgg Greuther Fürth:Im Dilemma

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Fabian Reese (l.) kämpft mit Kiels Dominik Schmidt um den Ball - ein Tor bejubeln konnten sie nicht. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Die Fürther tun gegen Kiel, was sie können - und spielen torlos unentschieden. In der Defensive haben sie mehr Verstand als Glück.

Von Sebastian Leisgang

Nach allem, was überliefert ist, hat sich Rachid Azzouzi immer noch nicht an seinem Schreibtisch niedergelassen und einen Brief aufgesetzt. Man könnte das als fahrlässig bezeichnen, aber im Grunde weiß auch der Sportdirektor der SpVgg Greuther Fürth: Er würde nicht durchkommen mit seinem Antrag. Anlass gäbe es aber durchaus, sich an die Deutsche Fußball-Liga (DFL) zu wenden und in einem Schreiben eine Reform zu erbitten. Betreff: Änderung des Spielplans.

Vor dem 0:0 am Samstagnachmittag gegen Holstein Kiel trieb Fürth ja eine Debatte um, die den Klub schon vor der Winterpause beschäftigt hatte. Im Wesentlichen ging es um die Frage, wie diese Diskrepanz zwischen Heim- und Auswärtsspielen zu erklären sei. In der Tabelle, die nur die Partien im Ronhof berücksichtigt, ist die Spielvereinigung Fünfter, in der Auswärtstabelle sieglos Letzter. Kapitän Marco Caligiuri riet, diese Statistiken aus dem Hinterkopf zu verbannen - ehe es beim 0:0 zum Jahresauftakt in Bielefeld gehörig Glück bedurfte, um überhaupt einen Punkt zu ergattern. Und nun, bei diesem Spiel gegen Kiel, knöpfte Fürth einem Aufstiegsaspiranten verdientermaßen einen Zähler ab. Dennoch dürfte Azzouzi bei der DFL kein Gehör finden, sollte er eine Abschaffung aller Auswärtsspiele ersuchen.

"Wir haben den Anspruch, guten Fußball zu spielen, das ist uns teilweise nicht gelungen", räumte Kiels Trainer Markus Anfang nach der Partie ein. Es war ein Kompliment an Fürth, auch wenn dessen Coach Damir Buric nicht rundum zufrieden war. Er lobte zwar: "Die Mannschaft hat sehr diszipliniert gespielt." Allerdings monierte er auch die mangelnde Entschlossenheit in vorderster Front.

Sein Team habe ja in einem Dilemma gesteckt, fand Buric. Vor der Partie stand es vor der Frage: Mutig angreifen oder auf die Defensive besinnen? Und auch wenn das eine das andere nicht ausschließt, meinte Buric: "Da muss man sich entscheiden, was man will." Oder was man kann. In der gegenwärtigen Lage ist seine Mannschaft jedenfalls eher imstande, dem Gegner Einhalt zu gebieten, als selbst ein Spiel zu gestalten. So entschied sich Buric gegen die beste Offensive der Liga (beinahe zwei Tore pro Spiel) für die Sicherheitsvariante - und errang einen Punkt.

Fürth steht zwar noch immer auf einem Abstiegsplatz, aber jene Brücke, über die Buric mit seiner Mannschaft den Weg zum Klassenverbleib bestreiten will, steht. War die Mannschaft in Bielefeld noch mit Fortuna im Bunde, so hatte sie diesmal in der Defensive durchaus mehr Verstand als Glück. Hinterher stand Mario Maloca im Bauch des Stadions und erklärte: "Für unser Selbstvertrauen ist es gut, zweimal zu null gespielt zu haben." Gespräche mit dem Fürther Innenverteidiger sind gemeinhin eine Wonne. Ganz egal, was in den vorangegangen 90 Minuten geschehen ist, wie spektakulär oder trist auch immer sie waren - Maloca murmelt mit tiefer Stimme eintönig vor sich hin. "Wir brauchen jeden Punkt", erklärte Maloca also. Und: "Wir müssen so weitermachen." Wobei an dieser Stelle einzuhaken wäre: defensiv ja, offensiv nicht.

© SZ vom 29.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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