SpVgg Greuther Fürth:Hässliches Gesicht

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Nach elf sieglosen Spielen gewinnt der FC St. Pauli mit 2:0 gegen die vergebens auf Fehler des Gegners lauernde SpVgg Greuther Fürth. Der positive Effekt des Wechsels zum neuen Trainer bei Fürth, Janos Radoki, scheint damit vorerst verpufft zu sein.

Von Thomas Gröbner

Am Ende war es auch Kunst, die Fürths Interimstrainer Janos Radoki wüten ließ. Als St. Paulis Cenk Sahin in der letzten Minute nach einem Fürther Freistoß erst Khaled Naery abschüttelte und dann den Ball aus 20 Metern über den staunenden Megyeri zum 2:0-Siegtreffer hob, da veränderte sich etwas. Da wurde aus dem schüchternen Tabellenletzten St. Pauli plötzlich wieder ein breitschultriger Zweitligist. Und Radoki erkannte zum ersten Mal das wahre Gesicht seiner Mannschaft. Dabei war es lange Zeit ein Abnutzungskampf zweier Mannschaften auf Augenhöhe, die dann stärker sind, wenn sie den Ball nicht haben. Radoki hat sich der Idee vom Ballbesitz seines Vorgängers Stefan Ruthenbeck abgewandt. Stattdessen lauerten seine Spieler auf Fehler des Tabellenletzten.

Die aus dem Krankenstand auf das Fußballfeld gewechselten Fürther Hoffnungsträger Mathis Bolly und Sercan Sararer sollten "Stress" auf die gegnerische Abwehrreihe ausüben. Und nach neun Minuten gelang das tatsächlich, Sarerer verteilte geschickt den Ball, und Bolly traf das Außennetz. Doch in der Folge gab es nur für Radoki Stress, der an der Seitenlinie rohrspatzte, winkte, brüllte. Sein Gegenüber Ewald Lienen versank im Nieselregen derweil tief in seiner Kapuze und konnte wohl gerade noch sehen, wie sein Wunschstürmer Aziz Bouhaddouz vereinsamt im gegnerischen Strafraum den Ball recht uninspiriert in die Arme von Torwart Megyeri tropfen ließ. Mehr brachten beide Mannschaften nicht zustande. Obwohl für beide so viel auf dem Spiel stand.

Denn für Ewald Lienen und St. Pauli war es "wieder ein Endspiel", ein "überlebenswichtiges". Und für Fürths Interimstrainer Radoki ging es auch darum, es Patriarch Helmuth Hack mit einem weiteren Sieg noch schwerer zu machen, ihn in der Winterpause nicht zum Cheftrainer zu befördern. Und so reagierte Radoki, brachte nach der Pause Angreifer Serdar Dursun für Mittelfeldmann Benedikt Kirsch, Sararer sollte nun als Spielgestalter die schnellen Außen einsetzen.

Doch die Szene, die Radoki auch noch lange nach Schlusspfiff so beschäftigte, sie spielte sich am Fürther Strafraum ab. Dort umkurvte St. Paulis Sobota fast an der Eckfahne lässig Djokovic, ließ dann Heidinger vorbeifliegen, und Bouhaddouz übernahm trocken den Rest - die Führung in der 64. Minute. Fürth warf dann alles nach vorne, und Radoki wechselte alle Spieler ein, die im Verdacht stehen, Tore schießen zu können: Tripic kam für Berisha und Vukusic für Djokovic.

Doch dann lupfte Cenk Sahin, und Radoki rechnete mit der Mannschaft ab: "Die Leidenschaft war nur bei St. Pauli zu sehen." Als ehemaliger Verteidiger erzürnten ihn besonders die Vorstellungen von Djokovic und Heidinger: "Wegbleiben, die Verantwortung weiterschieben. Das ist kein Zweikampfverhalten", beschwerte er sich, ohne die beiden beim Namen zu nennen.

Dann schimpfte er noch über die Unordnung vor dem letzten Konter zum 0:2, als sich alle Fürther vorm gegnerischen Strafraum versammelten: "Da wird mit dem Kopf genickt, aber gemacht wird nichts." Die gute Laune nach zwei Siegen in den ersten beiden Spielen, sie ist verflogen. "Heute hat die Mannschaft ihr hässliches Gesicht gezeigt", stellte Radoki fest. Und ganz am Ende fällte er noch ein Urteil: "Wenn man das Spiel heute anschaut, dann ist der Kader zu schwach". Der Radoki-Effekt, nach drei Spielen scheint er verpufft zu sein.

© SZ vom 12.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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