SpVgg Greuther Fürth:Die Unerschrockenen

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Khaled Narey nach seinem Tor zum 1:0. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Fürth fasst einen im Abstiegskampf tollkühnen Plan: Damir Burics Team will Fußball spielen - und schlägt Eintracht Braunschweig 2:1. Seit acht Heimspielen ist die SpVgg nun unbesiegt, nur auswärts will ihr nicht so recht etwas gelingen.

Von Sebastian Leisgang, Fürth

Levent Aycicek traute offenbar seinen Augen nicht. Passierte das gerade wirklich? Das Bild, das sich ihm da bot, war spektakulär. Er musste diesen Moment festhalten, also zückte er sein Mobiltelefon, um diese Szene aufzubewahren: Der Mittelfeldspieler der SpVgg Greuther Fürth dokumentierte mit der Kamera, wie sein Kollege Sebastian Ernst vor den Journalisten stand und Auskunft gab. Man könnte das nun als albern abtun. Mensch, die Jugend von heute kommt halt einfach nicht ohne Smartphone aus - doch es war ein Stück Zeitgeschichte, ein Vorgang historischen Ausmaßes: quasi der erste Videobeweis der zweiten Fußball-Bundesliga.

Plötzlich ist Sebastian Ernst ein gefragter Mann

Ernst selbst hatte die Geschichtsschreibung an diesem Nachmittag mit seinem siegbringenden Tor zum 2:1 gegen Eintracht Braunschweig erheblich beeinflusst. Lange Zeit war Ernst ein Mann aus der zweiten Reihe, stets im Verdacht, für den Abstiegskampf nicht gestählt genug zu sein, und daher im Zweifel der Ersatzbank näher als dem Rasen. Und plötzlich: Ernst, ein gefragter Mann. Eine Gezeitenwende, die Aycicek festhalten musste - während Ernst davon sprach, wie schnelllebig das Geschäft doch sei.

Fürth werde übrigens in der Spielklasse verbleiben, "wenn wir so auftreten", sagte Ernst noch. Er meinte: so geschlossen, so unerschrocken und so forsch. "Man hat gesehen, wie wir Fußball spielen wollten", meinte auch Damir Buric später. Fürths Trainer hatte vor der Partie nicht nur die Grundtugenden von seinen Spielern eingefordert, sondern auch erkennbar versucht, ihnen fußballerische Lösungen an den Fuß zu geben.

Es gibt diverse Strategien, dem Abstiegskampf zu begegnen. Man kann etwa eine Barrikade vor dem eigenen Tor errichten und vor dem gegnerischen Tor sogenannte Nadelstiche setzen. Man kann auch den Trainer entlassen, um für sogenannten frischen Wind zu sorgen; und man kann natürlich den Manager entlassen, um dem frischen Wind Zugang zum Vereinsgelände zu verschaffen. All diese Wege hatte Fürth in dieser Saison ja schon bestritten, deshalb brauchte es nun neue Ideen, um diesem sinisteren Wesen namens Abstiegsgespenst einzutrichtern, dass es doch gefälligst andere Klubs behelligen solle. Und weil sich die Mannschaft zuletzt defensiv wacker geschlagen hatte, verordnete Buric seinen Spielern nun den Vorwärtsgang.

Im Abstiegskampf dominant oder offensiv spielen zu wollen, klingt wie ein tollkühner Plan. Es ist leichter und vor allem weniger riskant, erst mal die anderen machen zu lassen und dann mal zu schauen, was so passiert. Buric trug seinen Spielern aber tatsächlich auf, Mut zum Risiko aufzubringen - und lobte sie später auch für ein "couragiertes Spiel".

Der Abstiegskampf nimmt ja in aller Regel gerade jene Mannschaften in die Pflicht, die zwar laufen, buckeln und grätschen, als gäbe es kein Morgen, es aber nicht verstehen, sich für ihren Aufwand zu belohnen, wie das dann meistens heißt. Vor dem Spiel gegen Braunschweig hatte Fürth gerade einmal zwei Tore in diesem Jahr zustande gebracht. Das ist nicht besonders viel, genügte aber zumindest, um aus den beiden vorherigen Spielen vier Punkte aufs vereinseigene Konto einzuzahlen. Gegen die Eintracht traf die Spielvereinigung dann ebenso häufig wie in den fünf Partien zuvor und wusste teils sogar unter fußballerischen Gesichtspunkten zu gefallen. "Wir haben phasenweise einen guten Ball gespielt. Es gab sicher schon schlechtere Spiele von uns", sagte etwa Jurgen Gjasula und traf damit denselben Ton, den auch Buric anschlug. "Wir hatten sehr gute Ballstafetten und haben richtig gut kombiniert", fand Fürths Coach und leitete daraus die Rechtmäßigkeit des Sieges ab.

Seit acht Heimspielen ist die SpVgg nun unbesiegt, nur auswärts will ihr nicht so recht etwas gelingen. Vier Unentschieden sind alles, was Fürth in zwölf Auswärtsspielen zuwege gebracht hat. Ernst sagte: "Gerade zu Hause sind wir enorm gut diese Saison, nur auswärts müssen wir unbedingt bald gewinnen." Am besten am Samstag - beim Derby in Nürnberg. Im Erfolgsfall wäre es dann wieder an der Zeit, das Smartphone zu zücken.

© SZ vom 26.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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