SpVgg Greuther Fürth:Die Summe des Ganzen

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Die Trennung von Janos Radoki ist für die SpVgg auch das Scheitern des Versuchs, mit dem verwurzelten Trainer eine Aufbruchstimmung zu schaffen.

Von Markus Schäflein

Allzu viel ist nicht bekannt gewesen über Janos Radoki, als er im November 2016 das Amt als Trainer der SpVgg Greuther Fürth übernahm. Immerhin ein uralter Steckbrief ließ sich über den früheren Fürther Profifußballer und späteren A-Jugend-Trainer der SpVgg finden, in dem zu lesen war, dass er Golden Retriever mag und gerne Orangensaftschorle trinkt. Zunächst wurde Radoki, 45, auch als Cheftrainer abgeschirmt, versuchte, im Hintergrund zu bleiben. Er erhielt zunächst einen Vertrag bis zum Saisonende, verlängerte dann im April, als er die Mannschaft von Platz 13 auf Rang sechs geführt hatte. In der Endabrechnung kam immerhin noch Platz acht heraus, und im Sommer änderten die ganze SpVgg und eben auch Radoki dann deutlich die Kommunikationsstrategie.

"Es waren einige Spieler, vielleicht zu viele, die ihre Form nicht gefunden haben", sagt Yildirim

"Wir sollten nicht immer sagen: "Wir sind ja nur ein kleiner Verein", erklärte Radoki. "Wir dürfen auch mal sagen: Wir können auch mehr sein." Es sollte eine Aufbruchstimmung entstehen rund um den Ronhof, wo alle aus Gewohnheit immer nur Mittelmaß erwarten.

Statt Mittelmaß ist es nun der letzte Tabellenplatz mit null Punkten geworden, die Aufbruchstimmung ist nach vier Spieltagen dahin, im Gegenteil: Die Fürther müssen entsetzt feststellen, dass sie auch weniger sein können. Am Montag nach dem 0:1 gegen den bislang ebenfalls punktlosen FC Ingolstadt gab die SpVgg die Trennung von Radoki bekannt. "Am Ende geht es um die Zukunft des Vereins, der über allem steht", sagte Präsident Helmut Hack, der in Fürth für so einschneidende Entscheidungen stets selbst gerade steht.

Dass er vom Ronhof ist, das weiß ein jedes Kind: Seine langjährige Fürth-Vergangenheit half Janos Radoki, 45, am Ende nicht, den schwierigen Umbruch zu moderieren. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Profifußball-Direktor Ramazan Yildirim erklärte, die Zusammenarbeit mit Radoki sei "eng und vertrauensvoll" gewesen. "So eine Entscheidung ist immer schwer zu treffen, aber wir müssen sie treffen", sagte Yildirim der SZ. "Janos Radoki hat sehr emotional reagiert. Ich hoffe, er lässt sich nicht davon entmutigen." Entmutigt müssen sich nun jedenfalls die Fürther fühlen. Radoki stellte ja den Versuch dar, nicht zum hundertsten Mal Benno Möhlmann zu verpflichten oder einen renommierten Externen wie einst bei Mike Büskens oder Frank Kramer. Sondern aus der Vereinshistorie und dem eigenen Unterbau heraus eine Identität zu schaffen - das Fachmagazin Kicker etwa bescheinigte Radoki anerkennend "Stallgeruch". Er ließ die Mannschaft im Trainingslager gar das Vereinslied singen ("Dass wir vom Ronhof sind, hallihallo, das weiß ein jedes Kind, hallihallo").

Doch solche Versuche, die Identifikation zu stärken, reichten nicht. Für die mutigen Ansprüche, die der Klub entwickelt hatte, waren nicht nur die Punkte, sondern auch die gezeigten Leistungen viel zu dürftig. Radoki hatte einen Umbruch zu moderieren, den er als Chance verkaufte, der aber komplexer war als vermutet. Wichtige Stammspieler wie Innenverteidiger Marcel Franke (Norwich City), Linksverteidiger Niko Gießelmann (Fortuna Düsseldorf) und vor allem Mittelfeldspieler Robert Zulj (Hoffenheim) wurden abgegeben. Zwar kamen auch Zugänge für gehobene Zweitliga-Ansprüche, aber Verletzungssorgen erschwerten den Neuaufbau, und viele Akteure blieben überraschend weit hinter den Erwartungen zurück. "Die Summe des Ganzen" sei der Grund für die Trennung gewesen, erklärte Yildirim: "Es waren einige Spieler, vielleicht zu viele Spieler, die ihre Form nicht gefunden haben. Wir hatten das Gefühl, etwas tun zu müssen."

Das Training wird vorerst Radokis bisheriger Assistent Mirko Dickhaut übernehmen, der von 2008 bis 2011 mal Cheftrainer bei Hessen Kassel in der Regionalliga war. Yildirim kündigte an: "Wir werden noch einen Trainer dazu holen." Benno Möhlmann steht derzeit allerdings leider bei Preußen Münster unter Vertrag.

© SZ vom 29.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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