SpVgg Greuther Fürth:Der vergessene Riese

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An Lukas Gugganig dachte lange niemand. Gegen St. Pauli steht der Innenverteidiger plötzlich wieder auf dem Platz und deutet seine Qualitäten an.

Von Thomas Gröbner

Fast schien es, als sei er vergessen worden. Erst 25 Minuten vor dem Anpfiff des Heimspiels gegen den FC St. Pauli erinnerte man sich beim Fußball-Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth wieder, dass man irgendwann diesen hünenhaften Abwehrspieler mit dem sanften Kinn verpflichtet hatte - der nun plötzlich auf dem Platz stand, weil sein Konkurrent Nicolai Rapp keine Luft mehr bekam.

Lange hatte Lukas Gugganig auf diesem Moment gewartet, in dem ein Fürther Trainer ihm das Vertrauen schenken würde. Ein halbes Jahr lang hatte er zugesehen, eine kleine Ewigkeit für ein Fußballerleben, in denen Spieler immer im nächsten Moment den so genannten nächsten Schritt machen müssen. In Fürth war Gugganig stehen geblieben, ab und zu durfte er sich in der zweiten Mannschaft in der Regionalliga die Beine vertreten.

"Wir haben nicht viel gesprochen. Eigentlich gar nicht", sagt Gugganig über Ruthenbeck

Nur einmal wurde er in der 90. Minute eingewechselt, um noch mal Zeit zu gewinnen und die knappe 1:0-Führung gegen Sandhausen über die Runden zu bringen. Auch das klappte nicht: Drei Minuten später fiel der Ausgleich. Unter Ruthenbeck spielte Gugganig nicht mehr. Wenn man Gugganig danach fragt, dann sagt er: "Wir haben nicht viel gesprochen. Eigentlich gar nicht."

Dabei hörte sich alles so gut an im Sommer. Man sei von seinem Potenzial überzeugt, alle würden es sehen, erklärte Fürths Manager Ramazan Yildirim damals nach seiner Verpflichtung vom Absteiger FSV Frankfurt. Doch schon nach wenigen Wochen attestierte Trainer Stefan Ruthenbeck, für den diese Mannschaft zusammengestellt wurde, dem jungen Österreicher erhebliche Defizite. "Weit weg" von der Stammelf sei er. Dabei hatte sich Gugganig in Frankfurt gleich einen Stammplatz erkämpft, er gilt als Freistoßspezialist und hat in seinen 25 Zweitligaspielen zwei Tore erzielt. In Fürth reichte es plötzlich nicht mehr, um zu spielen.

Stefan Ruthenbeck ist nicht mehr da in Fürth, an seine Stelle ist Interimstrainer Janos Radoki getreten. Und plötzlich wurde Gugganig bei der 0:2-Niederlage gegen St. Pauli aufgrund der Rippenverletzung von Rapp auf den Platz gespült. Das halbe Jahr Pause sah man ihm nicht an. "Ich hab' mich einfach daran erinnert, wie ich es früher gemacht habe", sagte Gugganig danach. Die Zuschauer zeigten ein gutes Gespür und spendeten warmen Applaus, als Gugganig mal wieder seinen Gegenspieler Aziz Bouhaddouz übersprang und dieser lieber den Kopf einzog.

Und dann schnappte Gugganig sich auch noch bei einem Freistoß den Ball, obwohl Radoki fuchtelnd bekundete, dass er lieber Stürmer Sararer dort sehen würde. An den beiden Gegentoren konnte ihm der Trainer allerdings keine Mitschuld anlasten - im Gegensatz zu den Nebenleuten, die Radoki auf der Pressekonferenz öffentlichkeitswirksam zusammenfaltete. Trotzdem, zu sanft war ihm der Auftritt des 21-Jährigen geraten. "Defensiv hätte ich mir etwas mehr Aggressivität gewünscht", sagte Radoki. "Wer ein Zeichen setzen will, muss einen Gegner ja nicht gleich über die Bande hauen."

Nach dem Spiel wurde Lukas Gugganig dann in einen Container hinter dem Fürther Stadion gezogen, das an vielen Orten eine Baustelle ist, und wo alles nach Werden und Vergehen aussieht. Auch Lukas Gugganig weiß im Moment nicht, was auf ihn zutrifft. Trotzdem soll er jetzt vor den Journalisten Erklärungen liefern. Warum die Mannschaft ihr "hässliches Gesicht" gezeigt hatte, wie es Radoki genannt hatte. Und wie es mit ihm weitergehen mag. Ein wenig schulbubenhaft den Oberarm mit der anderen Hand umschlungen gab er dann Auskunft: Dass er nicht gedacht hat, dass es so lange dauern würde, eine Chance zu bekommen. Dass er sich wohl fühle, aber über eine Leihe im Winter, "da denkt man natürlich nach".

Nun wissen weder Gugganig noch sein Trainer im Moment, wie es nach dem nächsten Spiel weitergeht. Janos Radoki sagt noch einen Satz über seinen Verteidiger, der auch für ihn selbst gelten könnte: "Wenn man eine Chance in der zweiten Liga bekommt, muss man sich anders präsentieren."

© SZ vom 15.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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