Sportschießen:Sie mag dich, sie mag dich nicht

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Armbrust-Schützin Sylvia Aumann will ihre Karriere mit dem Titel bei den deutschen Meisterschaften beenden - sie hört auch auf, weil sie das Gefühl hat, dem Druck oft nicht mehr standhalten zu können.

Von Katharina Brumbauer

Wenn Sylvia Aumann über die Nebenwirkungen ihres Sports reden will, dann erzählt sie von einem IQ-Test. Aumann hat Deutsch und Französisch auf Lehramt studiert, dazu auch noch Psychologie. Zu letzterem Studiengang gehörte eben auch jener IQ-Test, und Aumann erinnert sich noch gut daran, wie ihre Kommilitonen zum Ende der Prüfung anfingen zu schwitzen. Sie, die Sportschützin, die es kennt, sich immer wieder auf den Punkt zu konzentrieren, blieb dagegen ganz entspannt. Auf ihr Ergebnis ist sie bis heute stolz: 136 Punkte.

Inzwischen arbeitet Aumann als Lehrerin an der Fachoberschule Landshut, und bevor im September das neue Schuljahr startet, geht Aumann noch einmal ihrer Leidenschaft nach, der sie so viel verdankt. Bei den an diesem Freitag beginnenden deutschen Meisterschaften im Sportschießen tritt Aumann als Titelverteidigerin mit der Armbrust an, zum letzten Mal.

Die gebürtige Landshuterin wird den Tag nie vergessen, an dem sie ihre erste professionelle Armbrust geschenkt bekam. Ihre Teamkollegen schenkten Sylvia Härtinger die Waffe am Tag ihrer Hochzeit mit Schützen-Kollege Thomas Aumann 2006. Erst ein Jahr zuvor, da war sie nach München zur Feuerschützengesellschaft "Der Bund" gewechselt, hatte Aumann überhaupt mit dem Armbrustschießen begonnen, damals noch mit einer Waffe, die ihr die Isarschützen Plattling gestellt hatte. Doch die Armbrust wurde schnell zu ihrem "Baby", wie sie sagt, bei ihrer ersten WM gewann Aumann Bronze. Sie bewies schnell, dass sie mit der Armbrust umgehen kann. "An einem Tag kann die Armbrust dir unglaublich helfen, am anderen Tag funktioniert kein Schuss. Du musst viel präziser arbeiten als mit dem Gewehr. Es ist so: Entweder die Armbrust mag dich, oder sie mag dich nicht", sagt Aumann.

Oft glaubt sie, "dem Druck nicht mehr standhalten" zu können

Eine Schützin, die die Armbrust mag, ist Michaela Walo, 25, Aumanns Team-Kollegin beim "Bund" und aktuelle Weltmeisterin. Für sie ist die diesjährige WM-Zweite Aumann ein "großes Vorbild". Als Walo 2012 beim "Bund" mit dem Armbrustschießen begann, profitierte sie von Aumanns Erfahrung, "gerade auch weil Sylvia früher so viel international unterwegs war". Das war zu den Zeiten, als Aumann noch als Schützin mit dem Luftgewehr antrat, von 2005 bis 2009 für den "Bund" sogar in der Bundesliga. Aus dieser Zeit vermisst Aumann nur das viele Reisen zu den internationalen Wettkämpfen, von denen sie mehrere selbst gewonnen hat. Bereut hat Aumann die Abkehr vom Luftgewehr nie: "Bei den olympischen Disziplinen kommt erst man selbst und dann die Mannschaft, und so bin ich nicht eingestellt", sagt sie. Lieber ist der Niederbayerin das von Mannschaftsgeist geprägte Umfeld der Armbrustschützen.

Die deutsche Rekord-Armbrust-Schützin nennt es: eine Familie.

Auf ihre eigene Familie will sich die mittlerweile zweifache Mutter in den kommenden Jahren stärker konzentrieren, deshalb erklärte Aumann, vor allem ihrer beiden Kinder zuliebe aus dem Nationalschützenkader auszutreten. Der Niederbayernliga bleibt sie in der Mannschaft der Niedererlbacher Schützen aber erhalten. "Ich habe oft das Gefühl, dem Druck nicht mehr standhalten zu können", sagt sie.

Wer schießen will, muss sich auf den Punkt genau mental fokussieren können. Deswegen will Sylvia Aumann mit der Familie in den Bergen "aktive Regeneration" betreiben, bevor sie für die Armbrust-Wettkämpfe nächsten Mittwoch zur deutschen Meisterschaft nach München reist. Dort wird sie für die Titelverteidigung noch ein letztes Mal alle psychologischen Tricks auspacken. Ein letztes Mal will sie beweisen, dass sie dem Druck noch standhalten kann.

© SZ vom 25.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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