Ski-WM: Riesenslalom der Männer:Wenn Lieblinge rutschen

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Bode Miller und Felix Neureuther machen im ersten Durchgang des WM-Riesenslaloms nach guten Zwischenzeiten schwere Fehler. Und so führen trotz allerlei Widrigkeiten die Favoriten.

Frei zu fallen ist eigentlich nicht die bevorzugte Form der Fortbewegung eines Riesenslalom-Fahrers. Aber was sollten sie tun, die Könner des Tempo-Schwungs? Hat ihnen doch der Pisten-Planer in Garmisch-Partenkirchen eine Stelle vorgesetzt, bei der Otto Normalskifahrer nichts anderes tun kann, als sich vor Schreck einfach hinfallen zu lassen. 92 Prozent steil geht es da hinunter, und während die Abfahrer dort zum Flug ansetzen konnten, sollen die Riesenslalom-Profis hier auch noch Kurven fahren.

Enttäuscht: Felix Neureuther. (Foto: REUTERS)

"Die Einfahrt zum Freien Fall ist entscheidend", sagte vor dem ersten Durchgang des WM-Rennens zum Beispiel Aksel Lund Svindal. An der brutalen Stelle in der Mitte scheiterten dann auch einige. Prominenteste Opfer: Bode Miller und Felix Neureuther.

Mit der späten Startnummer 16, nach allen Favoriten, war der Amerikaner Miller an den Start gegangen, als er bei der ersten Zeitnahme Bestzeit hatte, wackelten am Berg Kreuzeck alle Äste ob des dröhnenden Jubels unten im Zielraum. Doch dann dachte Miller ein Tor zu früh an die Schlüsselstelle, rutschte am Innenski aus und verlor sehr viel Zeit. Im Ziel waren es 1,93 Sekunden auf Platz eins. Schon wieder eine Fahrt zwischen Genie und Wahnsinn, wie schon im Super-G und der Super-Kombination.

Neureuther kam mit Nummer 21 und machte es zunächst besser als Miller. An der Zwischenzeit nach dem Freien Fall hatte der Slalom-Spezialist nur 47 Hundertstel Sekunden Rückstand, wieder hofften die 10.000 Zuschauer mit Gebrüll, ihrem Lokalhelden hinunterhelfen zu können. Doch dann der gleiche Fehler: Als die schwierigste Passage schon hinter Neureuther lag, rutschte er am Innenski aus und verlor vor dem flachen Schlussstück das Tempo. Am Ende waren es 2,37 Sekunden Rückstand und ein fassungsloser Blick bei Fahrer und Betreuern. "Ich bin in eine Rille reingekommen und am Schuh ausgerutscht. Ausgerechnet an der blödesten Stelle", klagte Neureuther.

Das Publikum darf deshalb sehr wahrscheinlich keinem seiner beiden Lieblinge dabei zusehen, im zweiten Lauf von 13:30 Uhr an um die Medaillen zu kämpfen. Denn vorne haben einige Fahrer wieder ihre Klasse bewiesen, haben sich auch von 92 Prozent Gefälle nicht aus dem Konzept bringen lassen. Einige hatten ohnehin mit noch ganz andere Widrigkeiten zu kämpfen.

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:Felix, einmal der Glückliche

Felix Neureuther ist der Sohn berühmter Skifahrer. Seine Karriere bietet alles: große Siege, herbe Enttäuschungen, emotionale Momente - nun tritt er vom aktiven Sport zurück. Seine Karriere in Bildern.

Svindal, der Schnellste im ersten Lauf: Der war bei der Abfahrt im Zielraum gestürzt und in die Luftpolster geflogen, musste von Ärzten aus der Kandahar-Arena geführt werden. Später sprach er von Kopfschmerzen, als wäre ein Lkw gegen seinen Kopf gefahren. Er erholte sich davon aber so schnell, dass er bereits am Montag die Super-Kombination gewann. Nach dem ersten Durchgang sagte er: "Ich habe ein paar Fehler gemacht, aber das ist eine WM: Da muss man Gas geben und es kommen Fehler."

Nur fünf Hundertstel dahinter kam Philipp Schörghofer, ein Österreicher. Ein Österreicher? Das Reservoir des Alpenlandes im alpinen Skisport scheint unerschöpflich zu sein, sind dem Land doch gleich eine ganze Gruppe Sieganwärter abhandengekommen. Marcel Hirscher hatte sich schon vor der WM verletzt, Benjamin Raich und Hannes Reichelt erst in der vergangenen Woche. Die vielen Fans mit den rot-weiß-roten Fahnen im Zielraum dankten Schörghofer umso lauter für den schnellen Lauf.

Platz drei: Ivica Kostelic. Der Kroate war nach dem Super-G abgereist, weil er müde sei nach diesem "schwersten Rennen seiner Karriere". Erst am Tag vor dem Riesenslalom kam der Gesamtweltcup-Führende zurück nach Garmisch, hatte im oberen Teil des Rennens sichtlich Probleme mit der Piste, meisterte dann aber den Freien Fall am besten und kämpfte sich noch bis auf 23 Hundertstel an Svindal heran.

Dahinter folgt der Amerikaner Ted Ligety (25 Hundertstel), und dann kamen schon die Schweizer Didier Cuche (38 Hundertstel) und Carlo Janka (49 Hundertstel). Cuche fuhr mit einem gebrochenen Daumen und muss am Samstag operiert werden. "Mit ein bisschen Schmerzmitteln, einer guter Schutzschiene und psychischer Stärke geht es schon", sagte er im Ziel und kündigte an: "Ich bin richtig heiß auf den zweiten Lauf." Womit sich die Ärzte schon auf eine ganz besondere Operation freuen dürfen, denn der Metzger aus Le Paquier versprach: "Wenn ich eine Bronzemedaille gewinne, dann braucht der Doktor, der mich am Samstagnachmittag um drei Uhr operiert, gar keine Narkose mehr."

Kollege Janka, Weltmeister und Olympiasieger im Riesenslalom, steht ebenfalls vor einer Operation. Nachdem er im Sommer über Müdigkeit und Überanstrengung geklagt hatte, stellten Ärzte bei ihm einen Herzfehler fest. Dennoch erlaubten sie ihm, diese Saison noch zu Ende zu fahren.

Die Gastgeber durften sich dann auch noch freuen. Fritz Dopfer fuhr eine schöne Linie die Kandahar-Strecke hinunter und kam mit 1,39 Sekunden Rückstand auf Rang 13, nur 21 Hundertstel langsamer war Nachwuchsfahrer Stefan Luitz, er kam auf Platz 17.

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