Sicherheit in der Formel 1:Schlimme Erinnerungen an Senna

Lesezeit: 2 min

Jules Bianchi in seinem Marussia - da war er noch flink unterwegs. (Foto: Getty Images)

Nach dem schweren Unfall des Franzosen Jules Bianchi muss die Formel 1 wieder einmal feststellen, dass sie ein Risikosport ist - zwei Jahrzehnte nach dem Tod von Ayrton Senna. Die Rennserie muss dringliche Fragen beantworten.

Ein Kommentar von René Hofmann

Die Formel 1 hat an diesem Wochenende gleich zwei denkwürdige Momente erlebt. In der Nacht zum Samstag gab Sebastian Vettel bekannt, dass er sich von Red Bull trennt. Im Rennen am Sonntag verunglückte in Suzuka der Franzose Jules Bianchi schwer. Der 25-Jährige kam mit seinem Marussia von der Strecke ab und prallte gegen einen Bergungskran. Bewusstlos wurde er mit ernsten Kopfverletzungen ins Krankenhaus gebracht und notoperiert.

Die Rennserie bangt. Zum letzten Mal ist in ihr vor zwei Jahrzehnten ein toter Fahrer zu beklagen gewesen, 1994 Ayrton Senna. Der Brasilianer war in jenem Jahr zu Williams gewechselt, dem dominanten Team der Vorjahre, um seinen Liste von drei WM-Titeln auszubauen. Er war einer der Stars der Szene. Als er in Imola in der berüchtigten Tamburello-Kurve von der Strecke abkam und verhängnisvoll gegen eine Mauer prallte, war es für manche Beobachter, als falle die Sonne vom Himmel.

Formel 1 in Suzuka
:Wenn Resultate unwichtig werden

Formel-1-Fahrer Jules Bianchi kämpft um sein Leben. Eine Reihe merkwürdiger Umstände begleiten seinen Unfall im Rennen von Suzuka - und werfen Fragen nach den Sicherheitsmaßnahmen auf.

Von Elmar Brümmer

Sebastian Vettel wendet sich nach vier Titeln in Serie von der Firma ab, die ihm geholfen hat, einer der renommiertesten Motorsportler weltweit zu werden - und der er im Motorsport zu ihrem ganzen Renommee verholfen hat. Und er wendet sich Ferrari zu, dem traditionsreichsten Team überhaupt, das mit dem 27-Jährigen an seine einstige Erfolgsserie anknüpfen will.

Das ist kein gewöhnlicher Wechsel. Es ist einer, der Fragen aufwirft: Wird sich der Tausch lohnen? Kann dem Deutschen gelingen, was der Spanier Fernando Alonso - ein anderer Hochbegabter und Höchstentschlossener - fünf Jahre lang erfolglos versucht hat: die Scuderia mit all ihren Marotten dauerhaft zu Triumphen zu führen? Der Letzte, dem das glückte, war Michael Schumacher, der 1996 nach Maranello zog und nach einigen Aufbaujahren von 2000 bis 2004 in Serie jubelte.

Michael Schumacher ist immer Sebastian Vettels Vorbild gewesen. Die beiden wurden oft schon verglichen. Aber nun wird sich Vettel bald wirklich am Nimbus seines Vorgängers messen lassen müssen. Glückt ihm an der mythenumränkten Stätte, was Schumacher hinbekam? Kann er den siebenmaligen Weltmeister vielleicht sogar übertreffen? Oder bleibt am Ende von Vettels Karriere doch der Eindruck, dass er bei Red Bull ein paar Jahre lang einfach in einem überlegenen Auto saß? Das sind Themen, die das Publikum bewegen.

Früherer Formel-1-Pilot
:Trauer um De Cesaris

Er fuhr 208 Formel-1-Rennen, gewinnen konnte er keines: Nun ist der Italiener Andrea De Cesaris bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen. Er war einst Teamkollege von Michael Schumacher und Heinz-Harald Frentzen.

Auch Bianchis Unfall sorgt für Gesprächsstoff, allerdings ist dieser ganz anderer Art. Hätte der Unfall vermieden werden können? War es fahrlässig, das Rennen angesichts des heraufziehenden Taifuns überhaupt zu starten? War der auffrischende Regen ein Grund, warum der Ferrari-Zögling von der Bahn abkam? Gab es an der Stelle, an der kurz zuvor Adrian Sutil im Sauber ausgerutscht war, genügend Warnungen? Wie konnte es sein, dass Bianchi unter dem schweren Bergegerät landete?

Sind die Fahrer in ihren offenen Cockpits genügend geschützt? Kann die Rettungskette bei den Rennen noch enger geknüpft werden? Von solchen Fragen kann das Leben der Protagonisten abhängen. Nach Sennas Unfall wurden sie ausgiebig diskutiert - und es wurden viele wichtige Lehren gezogen. Daran, wie schnell Vettels Wechsel wieder in den Mittelpunkt des Interesses rückt, wird sich einiges erkennen lassen.

© SZ vom 06.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: