Sebastian Zbik fordert Felix Sturm:Mundwerk-Muskeln und böses Blut

Vor dem Kampf um die Mittelgewichts-Weltmeisterschaft der WBA duellieren sich Titelträger Felix Sturm und Herausforderer Sebastian Zbik mit markigen Sprüchen. Sportlich dürfte es am Freitagabend eine hochklassige und spannende Auseinandersetzung werden. Zumal beide Boxer sehr unterschiedlich agieren.

Jürgen Schmieder, Köln

Die kreative Beleidigung ist seit jeher ein wichtiges Element beim Preisboxen: Muhammad Ali lästerte über Äußerlichkeiten, Lennox Lewis über boxerische Schwächen, David Haye zweifelte das Vorhandensein des Y-Chromosoms bei den Klitschkos an.

Boxen - Sturm - Zbik

Einst Kollegen im gleichen Boxstall - nun Gegner, die sich nicht mögen: Felix Sturm (links) und Sebastian Zbik.

(Foto: dpa)

Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich Felix Sturm und Sebastian Zbik vor ihrem Kampf um die Mittelgewicht-Weltmeisterschaft der World Boxing Association (WBA) am Freitag in Köln (22.30 Uhr/ Sat 1) ein Gefecht mit den Mundwinkel-Muskeln liefern. Nur: Sturm und Zbik beleidigen sich nicht, sie formulieren nur die Wahrheit ein wenig überspitzt.

Sturm fragte auf der Pressekonferenz vor Wochen: "Gegen wen hast du deinen WM-Titel gewonnen? Und wie oft hast du ihn eigentlich verteidigt?" Jeder im Raum kannte die Antworten: Zbik hatte den Gürtel des World Boxing Councils (WBC) nicht im Ring gewonnen - der Verband erklärte ihn nach drei Kämpfen als Interims-Champion zum Weltmeister, weil Titelträger Sergio Martinez aus Argentinien einen Kampf verweigert hatte.

Ein Promi in einem Dorf

Die erste Titelverteidigung verlor der 30-Jährige im Juni vergangenen Jahres in Los Angeles gegen Julio César Chávez junior nach spannendem Kampf - seitdem hat er nicht mehr geboxt. "Einige Dinge sind nicht so gelaufen, wie sie hätten laufen sollen", sagt Zbik. Es habe Unstimmigkeiten wegen der Handschuhe, des Gewichts und der Dopingkontrolle gegeben: "Man wollte den Sohn einer mexikanischen Ringlegende als Weltmeister. Ein Rückkampf wäre zu riskant gewesen."

Nach zuvor 30 Siegen als Profi-Boxer (zehn Niederschläge) zog sich Zbik zurück in sein Heimatdorf Altentreptow, er begann zu studieren. Sturm lästert: "Er kann froh sein, gegen mich kämpfen zu dürfen. Sonst würde ihm außer seinem Dorf doch niemand zusehen." Zbik reagierte gekränkt: "Wir mögen uns nicht, aber das war respektlos. Ich habe auf einen guten Kampf gewartet." Diesen mit "Bad Blood" umschriebenen Kampf hat er nun.

Die beiden waren einst Kollegen beim Universum-Boxstall, nun vermarktet sich Sturm selbst und wird von Zbiks einstigem Trainer Fritz Sdunek vorbereitet. Wie Sturm umschrieb auch Zbik einige Fakten: Sturm habe zuletzt schlecht geboxt, er habe sich vor Herausforderungen gedrückt, er sei nicht der Quoten- magnet, als der er sich gerne präsentiere.

Auf den Sieger warten lukrative Kämpfe

Sturms letzte Kämpfe waren tatsächlich nicht mitreißend, gegen den Iren Matthew Macklin gewann er im Juni vergangenen Jahres dank eines schmeichelhaften Urteils der Punktrichter, gegen den Engländer Martin Murray gab es im Dezember ein Unentschieden. Sturm sagt selbst: "Meine letzten zwei Kämpfe waren nicht besonders gut."

Der 33-Jährige ist dennoch das Zugpferd für den Sender Sat 1, seine Kämpfe werden am Freitagabend gezeigt. Das könnte durchaus daran liegen, dass am Samstagabend nur die Klitschkos für gute Quoten sorgen.

Sportlich ist ein hochklassiges und spannendes Gefecht zu erwarten: Das Mittelgewicht ist eine interessante Gewichtsklasse, das Ring Magazine führt Sturm in der unabhängigen Rangliste auf Rang zwei, nur zwei Plätze dahinter ist Zbik notiert.

Techniker gegen Adlerauge

Sturm ist ein austrainierter Boxer mit herausragender Technik, er schlägt schnelle und saubere Kombinationen - er verfügt über die Wucht, den Gegner mit Haken oder einem Cross auf die Bretter zu schicken. Mittlerweile ist er erfahren genug, das Tempo zur rechten Zeit zu erhöhen: "Ich kann zwölf Runden lang Vollgas geben. Zbik schlägt und muss danach erst einmal Luft holen."

Zbik dagegen ist ein beweglicher Athlet mit guten Reflexen und wachsamen Augen. Er lässt kaum klare Treffer des Gegners zu, er punktet solide mit der linken Führhand und der rechten Geraden. Er ist wahrlich kein K.o.-Prügler, sondern gewinnt seine Kämpfe gewöhnlich nach Punkten. Hin und wieder allerdings gönnt er sich kleine Pausen, die der Gegner für Angriffe nutzen kann.

Der Sieger des Kampfes wird zunächst gegen den gefährlichen Kasachen Gennady Golovkin antreten, danach winken lukrative Duelle, womöglich in den USA gegen Chavez junior, Dimitri Pirog oder Sergio Martinez. "Eine große Fresse zu haben ist eine Sache", sagt Sturm, "wirklich beweisen muss man sich im Ring." Auch das war keine Beleidigung, sondern eine Tatsache.

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