SC Freiburg:Alles läuft schief

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Kein Foul, ob mit oder ohne Videobeweis: Freiburgs Stürmer Janik Haberer grätscht aus Versehen seinen eigenen Trainer um. (Foto: Herbert Rudel/imago)

Viel Lob, wenig Punkte und immer mehr Verletzte: Der SC Freiburg und Trainer Streich fühlen sich vom Schicksal verfolgt.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Als eigentlich schon alles zum Spiel gesagt war, verfinsterte sich die Miene von Christian Streich noch einmal kurz: "Unsere Punktesituation ist natürlich katastrophal", sagte Freiburgs Trainer. "Acht Punkte aus elf Spielen ..." Diese nackten Zahlen sind es wohl auch, die aus Freiburger Sicht hängen bleiben werden nach einer 0:1-Niederlage gegen Schalke 04, nach der es mal wieder jede Menge Komplimente für den Drittletzten gab.

Gelobt wurde der SC allerdings schon häufiger in dieser Spielzeit. Aber unterm Strich stehen nach einem Drittel der Saison fünf Niederlagen und fünf Remis nur einem einzigen Sieg gegenüber. Und als ob das alles nicht schon niederschmetternd genug wäre, gab es auch diesmal wieder einen verletzten Stammspieler zu beklagen: Mittelfeldmotor Mike Frantz erlitt eine Innenbandverletzung und fällt vermutlich mehrere Wochen aus.

Dabei spielte Freiburg auch gegen Schalke zumindest eine Halbzeit lang richtig gut, baute das Spiel überlegt von hinten auf, verhinderte geschickt die gefürchteten Schalker Pressing-Situationen und kam zu zwei Lattentreffern.

Stürmer Niederlechner wird wohl die ganze Saison fehlen

"Das war ein glücklicher Sieg für uns aufgrund der ersten Halbzeit", gab Schalkes Trainer Domenico Tedesco nach der Partie zu. Und wünschte Freiburg alles Gute im Abstiegskampf: "So weitermachen, dann holt ihr die Punkte. Ich drücke jedenfalls die Daumen." Auch der ehemalige Freiburger Daniel Caligiuri, dessen spielentscheidendes Tor (62.) von Christian Günter entscheidend abgefälscht worden war, hatte aufgrund seines Duseltores "ein bisschen Mitleid mit den Freiburgern".

Zum durchaus ansehnlichen Spiel passte dabei die Anzahl der Aluminiumtreffer. Schalkes Yevhen Konoplyanka traf nach einem dicken Patzer von Freiburgs Julian Schuster den Pfosten (29.), auf der Gegenseite war es die Latte, die einem Freiburger Torerfolg im Wege stand. Nils Petersen (32.) und Bartosz Kapustka (37.) scheiterten am Gebälk. Kurz nach dem Seitenwechsel folgte dann die Szene, die auf Freiburger Seite als Knackpunkt im Spiel ausgemacht wurde: Bestens freigespielt von Kapustka vergab Nils Petersen die beste Freiburger Chance der Partie. Er schoss Ralf Fährmann an, anstatt den Ball über den am Boden liegenden Schalker Keeper zu lupfen (50.). Danach spielten nur noch die Schalker. Beim SC schwanden hingegen die Kräfte und auch die Überzeugung, das Spiel noch drehen zu können.

So unverdient, wie es die generösen Schalker Lobeshymnen auf den Gegner nahelegten, war ihr Sieg nun aber auch wieder nicht. Zumal es Spieler gab, die den Qualitätsunterschied im Gegensatz zum wackeren Freiburger Kollektiv ausmachten: Abwehrchef Naldo zum Beispiel, oder Max Meyer, bei dem man sich zunehmend fragt, warum erst Tedesco auf die Idee kam, den jungen Mann auf die Sechser-Position zu stellen. Platz vier - und damit akute Champions-League-Gefahr - scheint derzeit die logische Konsequenz des fußballerischen Aufschwungs auf Schalke.

In Freiburg hat man dagegen erstmals seit eineinhalb Jahren wieder echte Abstiegsangst. Die Personalsituation ist besorgniserregend und inzwischen endgültig existenzgefährdend. Unter der Woche verletzte sich Stürmer Florian Niederlechner so schwer am Knie, dass die Saison für ihn beendet sein dürfte. Eine zentrale Hiobsbotschaft, die von vielen kleineren umrahmt wird: So spielte gegen Schalke ein junger Mensch namens Caleb Stanko auf der Innenverteidiger-Position. Stanko ist ein gelernter Mittelfeldmann und kam nur deshalb zum ersten Saisoneinsatz, weil vier von fünf Innenverteidigern ausfielen.

So langsam scheint sich im kollektiven Bewusstsein der Spieler der Glaube einzunisten, dass in dieser Spielzeit einfach zu viel schief läuft, als dass das nicht mit einem ungünstigen Schicksal zu tun hätte. "Letzte Saison hätten wir so ein Spiel vielleicht noch gewonnen, aber jetzt stehen wir im Abstiegskampf", seufzte Petersen reichlich fatalistisch nach der Partie. Und sein Trainer, der nach einer Seitenlinien-Kollision mit dem eigenen Spieler Janik Haberer eine Schulterblessur davontrug, stellte diese Überlegung an: "Ich kicke ja nicht mehr. Deswegen wär's mir lieber, meine Schulter wäre kaputt und zwei Spieler weniger wären verletzt."

© SZ vom 06.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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