Saison-Aus von Serena Williams:Geschwächter Körper, verletztes Ego

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Keine Lust mehr auf Tennis in diesem Jahr: Serena Williams (Foto: AFP)
  • Serena Williams beendet ihre Tennis-Saison vorzeitig, "um zu heilen", wie sie sagt.
  • Die Amerikanerin verfolgt das Halbfinal-Aus bei den US Open mehr, als sie anfangs zugeben wollte.
  • Schon gibt es erste Gerüchte, dass sie nicht mehr zurückkehrt auf die Profitour.

Von Matthias Schmid

Serena Williams eilte in den vergangenen Wochen rastlos von Termin zu Termin, als Geschäftsfrau hatte sie viel zu tun. Bei der New York Fashion Week stellte sie ihre neueste Mode-Kollektion vor, die so gut ankam, dass sich sogar der kanadische Rapper Drake in der ersten Reihe zu einem Handkuss hinreißen ließ. Auch Williams selbst war von ihrem Auftritt angetan, sie postete hinterher auf Instagram ein Video. Man sieht darauf, wie sie an ihrem Körper herunterfilmt und lächelnd verkündet: "Es war ein fantastische Show heute. Ich rocke immer noch mit meinem Outfit."

Auf Tennisklamotten hat die 34-Jährige dagegen wenig Lust, genaugenommen gar keine. Am Donnerstag teilte sie nun mit, dass sie in dieser Saison kein Turnier mehr spielen werde - obwohl noch einige Wochen Betrieb ist. "Ich habe fast das ganze Jahr verletzt gespielt - ob es mein Ellenbogen oder mein Knie oder in den finalen Momenten nach einem bestimmten Match in Flushing Meadows mein Herz war", sagte sie.

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Überraschend kommt diese Entscheidung nicht. Jenes "bestimmte Match in Flushing Meadows" geht ihr offenbar viel näher, als sie sich selbst zunächst eingestehen wollte. Seit der bemerkenswerten Halbfinale-Niederlage bei den US Open Mitte September gegen Roberta Vinci schmerzten nicht nur Ellbogen, Knie und Herz. Seither schmerzt auch noch ihr Ego.

Ein Halbvolley beendet jäh alle Träume

Die Dreisatz-Niederlage im Duell mit der Italienerin, gegen die sie in vorigen Matches nicht mal einen Satz abgegeben hatte, verwehrte ihr den historischen Grand Slam. Ihr blieb also versagt, alle vier großen Majorturniere in einem Kalenderjahr zu gewinnen. Williams wäre nach Maureen Connolly (1953), Margaret Smith Court (1970) und Steffi Graf (1988) erst die vierte Spielerin gewesen, der dieses Glück zuteilwird. Doch ein erfolgreicher Halbvolley von Vinci beim Matchball zerschmetterte alle Hoffungen auf das perfekte Tennisjahr.

Seit dem verlorenen letzten Ballwechsel hat Serena Williams nicht mehr gespielt, sie will auch nicht mehr antreten - zumindest in diesem Jahr nicht. "Ich mache einen proaktiven Schritt und sage meine Starts bei den Turnieren in Peking und Singapur ab, um mich ausführlich um meine Gesundheit zu kümmern und mir Zeit zu geben, um zu heilen", erklärte Williams. Verletzten Stolz zu heilen, nimmt viel Zeit in Anspruch.

Und prompt fragen sich viele Beobachter des Tennisbetriebs, ob sie überhaupt noch mal zum Schläger greifen wird. Williams hatte immer betont, dass sie schon so viele Titel gewonnen habe, dass ihr Rekorde nichts bedeuten würden. Bei Fragen nach Bestmarken drücke sie die "Stummtaste", wie sie noch in Wimbledon lächelnd sagte. Damals, im Juli, gewann sie ihren 21. Majortitel.

In London teilte sie mit, dass es nicht das Streben nach ewig gültigen Höchstleistungen sei, das sie antreibe. Mit 34 Jahren zieht es sie noch immer auf den Platz, weil sie der Wettkampf nicht loslässt, weil sie Niederlagen nicht haben kann, weil sie es nicht erträgt, wenn eine Gegnerin an einem Tag besser ist. "Ich hasse es wirklich zu verlieren, Ich gehöre zu den Menschen, die hart arbeiten, härter als andere, um sicherzugehen, dass dies nicht passieren wird."

Ein Champion braucht hohe Ansprüche, sagt ihr Trainer

Ihr Trainer Patrick Mouratoglou mag diese Einstellung, er liebt den Spirit von Serena Williams. Nach der Niederlage gegen Vinci hatte sie ihm anvertraut, dass ihre Saison nicht gut gewesen sei. Erfolglos gar. Dabei hatte Williams die Grand-Slam-Turniere in Melbourne, Paris und Wimbledon gewonnen. Jeder andere Spieler wäre vor Glück ausgerastet. Williams aber trauerte - und Mouratoglou versteht sie. "Es geht dabei um hohe Ansprüche und die braucht ein Champion", sagte der Franzose zu ESPN.

An ein Karriereende von Williams verschwendet er aber keinen Gedanken. Sie werde wiederkommen. "Stärker denn je", kündigt er an. Williams sagt zu diesem Thema nichts. Auf dem Video in New York verabschiedete sie sich mit einem Kuss. Über Tennis redete sie nicht. Nicht ein Wort.

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