Premier League:Schnittwunden im Gesicht

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Zum Glück ohne Knochenbrüche: Sadio Mané tritt City-Torwart Ederson ins Gesicht. (Foto: David Klein/imago)

Mit einem 5:0 gegen Jürgen Klopps FC Liverpool unterstreichen Manchester City und Pep Guardiola ihre Titelambitionen. Ein rüdes Foul endet glimpflich - und Klopp will das Ergebnis ignorieren.

Von Sven Haist, Manchester

Als der brasilianische Torwart Ederson gegen Ende der ersten Halbzeit auf dem Boden lag, war es plötzlich ganz still im Stadion von Manchester City. Nach einem hohen Pass hinter die Abwehr wetteiferten Ederson (für City) und Angreifer Sadio Mané (für den FC Liverpool) um den Ball, allerdings aus genau der entgegengesetzten Richtung kommend. Beim Aufprall der beiden hatte Ederson seinen Kopf nach unten gerichtet und Mané seinen linken Fuß nach oben gestreckt. Das muss dann als Information genügen; die Details spart man sich lieber.

Die Szene endete in einer neun Minuten und 24 Sekunden langen Unterbrechung und einem Platzverweis für Mané. Mehrere Sanitäter kümmerten sich um Ederson, der regungslos auf dem Rasen lag. Mit Halskrause und angeschlossenem Sauerstoffgerät transportierten sie ihn in das medizinische Institut des Vereins am Trainingsgelände. Die Röntgenaufnahmen zeigten später, dass Ederson lediglich mit tiefen Schnittwunden im Gesicht davonkam. Das Ende des Spiels verfolgte er schon wieder auf der Ersatzbank. Die Schutzengel müssen mit ihm gewesen sei, anders ist die vergleichsweise kleine Verletzung kaum zu erklären. Die Geschwindigkeit Manés ließ mehrere Knochenbrüche vermuten.

Im ersten Affekt beklagte Liverpools Trainer Jürgen Klopp an der Seitenlinie die Hinausstellung seines Spielers ("Ich finde nicht, dass das eine rote Karte ist"), ehe er sich bei seinem Gegenüber Pep Guardiola doch entschuldigte. "Sadio ist sehr, sehr traurig über die Vorkommnisse", sagte Klopp, "die Situation ist einfach unglücklich, ein Unfall." Absicht ist Mané nicht zu unterstellen, sein Blick richtete sich ausschließlich auf den Ball. Das spricht ihn jedoch nicht von den Folgen frei, die er mit so einem Sprung in Kauf nimmt für den Fall, dass er - wie geschehen - nicht an den Ball kommt. Der Ligaverband sperrte Mané umgehend für zwei Spiele in der Premier League (Burnley, Leicester) und das Duell im Ligapokal (Leicester). "Gegen diese Entscheidung vorzugehen, wäre reine Zeitverschwendung - so wie das Spiel heute", fand Klopp.

Sergio Agüero und Gabriel Jesus sind ein außergewöhnliches Sturmduo - auch Leroy Sané trifft

Der Vorfall in der 37. Minute überschattete zwar die Partie und dezimierte die Liverpooler früh. Das 0:5 (0:2), die höchste Niederlage des Vereins unter Klopp, rechtfertigte er trotzdem nicht. "Ich werde versuchen, das Ergebnis zu ignorieren, aber nicht die Fehler", sagte Klopp. In seiner Trainerkarriere hat er nur einmal höher verloren: beim 1:6 mit dem FSV Mainz 05 in der Bundesliga gegen Werder Bremen (Oktober 2006).

City wiederum bekräftigte die Ansprüche auf die erste Meisterschaft seit 2013/ '14. Seit einem Jahr trainiert Pep Guardiola nun im Osten Manchesters. Direkt nach seiner Ankunft hat sich der Katalane mit den britischen Gepflogenheiten im Fußball angelegt, zu denen ein rustikaler Stil, intensive Zweikämpfe sowie ein rastloses Hin und Her gehören. Im Duell mit dem FC Liverpool, der ersten Herausforderung für City in dieser Saison, ist nun sichtbar geworden, dass Guardiola den Kampf gewinnen könnte. Erstaunt verfolgten die Leute die Angriffszüge, in keiner Phase war City auszurechnen. Die Spieler kombinierten sich mit flachen Pässen aus dem eigenen Strafraum in die gegnerische Hälfte vor. Und wenn der Gegner das wie in der Anfangsphase mit frühen Attacken zu unterbinden versuchte, überbrückte der zu diesem Zeitpunkt noch mitagierende Torwart Ederson das Feld mit einem punktgenauen Flugball auf die Angreifer.

In den Vordergrund drängte sich Citys Sturmduo, bestehend aus Sergio Agüero und Gabriel Jesus. Zusammen gelangen ihnen die ersten drei Treffer. Das vierte und fünfte Tor setzte der eingewechselte Leroy Sané oben drauf (77./91.). Dabei besaßen die Aktionen allesamt eine Kunstfertigkeit, die in den anderen Ligaspielen jeweils zur Auszeichnung Tor des Tages gereicht hätte. Das 1:0 durch Agüero (24.) leitete etwa David Silva ein mit einem Pass aus dem Mittelfeld, der Liverpools Abwehr mittellos machte.

Das Interagieren zwischen Agüero und Jesus, dem die zwei folgenden Treffer gelangen (45+6./53.), deutete an, dass die beiden dem legendären Manchester-United-Angriff um Andy Cole und Dwight Yorke nachfolgen könnten. Die Statistiken weisen Agüero nun mit 124 Toren als den besten nicht-europäischen Angreifer der Liga aus, und Wunderknabe Jesus, 20, hat in 14 Premier-League-Einsätzen schon zehn Tore angehäuft. Die Vorgabe von Cole/Yorke liegt bei 35 Treffern in der Meistersaison 1998/'99, die mit dem zusätzlichen Triumph im FA-Cup und der Champions League endete. Ein solches Triple strebt auch Manchester City an.

© SZ vom 11.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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