Premier League:Guardiola verzichtet auf Konfetti

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Hübscher Pokal: Vincent Kompany (Mitte), Sergio Aguero (rechts) und Leroy Sane freuen sich. (Foto: Peter Nicholls/Reuters)

Nach dem Ligapokal-Sieg, seinem ersten Titel in England, hält sich City-Trainer Pep Guardiola zurück und spricht über Katalonien.

Von Sven Haist, London

Während den Feierlichkeiten seiner Mannschaft versuchte Pep Guardiola den Eindruck zu vermitteln, dass er mit dem Gewinn des Ligapokals für Manchester City nichts zu tun habe. Bei der Pokalübergabe verzichtete er darauf, mit seinen Spielern auf der Ehrentribüne die Trophäe abzuholen sowie auf seine persönliche Medaille. Stattdessen verfolgte Guardiola die Zeremonie lieber aus etwa 50 Meter Entfernung. Die Positionierung inmitten seines Trainerstabs auf dem Spielfeld war dabei natürlich kein Zufall - bei jemandem, der stets jede Bewegung auf dem Platz vorgibt, um das ewige Duell mit der Perfektion zu gewinnen. Selbst das obligatorische Motiv mit den Profis vor den Kameraleuten samt gold-silbernen Schleiern in der Luft ließ Guardiola sausen. Bis er den Pokal schließlich in der Hand hielt, dauerte es knapp eine halbe Stunde.

Arsenals Leistung ist eines Finales unwürdig - und Wenger fordert bei 0:3 mehr Nachspielzeit ...

"Der ist für Manchester City, nicht für mich. Glückwunsch an alle. Ich habe nicht vergessen, wie der Klub sich um mich gekümmert hat, als es nicht so gut lief", sagte Pep Guardiola.

Sein gönnerhaftes Auftreten verfälschte die Tatsache, dass nicht City, sondern er selbst zum ersten Mal einen Titel in England gewonnen hat. Für den neureichen Klub aus dem Nordwesten der Insel ist es der fünfte Erfolg im Ligapokal, wenngleich der Stellenwert dieses Wettbewerbs fast so gering ist wie der Pokal selbst, den man auf Citys Siegerfoto in der Kabine schon explizit suchen muss, um ihn zu finden. Nach dem Abpfiff nahm sich Guardiola beinahe krampfhaft zurück, was ihn jedoch nur verstärkt in den Mittelpunkt rückte. Spätestens auf der Pressekonferenz war das endgültig der Fall, als er die sportliche Bühne für eine politische Botschaft nutzte.

Seit Monaten befindet sich Guardiola im Zwist mit dem englischen Verband, der ihm bereits ein paar Mal das sichtbare Tragen einer gelben Schleife im Stadion untersagt hat. Mit diesem Kennzeichen möchte Guardiola auf den Unabhängigkeitskampf seiner Herkunftsregion Katalonien in Spanien hinweisen, bei dem Aktivisten aus seiner Sicht zu Unrecht in Gefangenschaft genommen wurden. Nun droht ihm durch die FA eine Geldstrafe oder gar eine Sperre: "Ich werde das immer anhaben und akzeptieren, was entschieden wird. Das ist kein Mangel an Respekt, ich bin ein Mensch, das ist für Menschlichkeit", sagte er.

Die Auseinandersetzung mit dem Verband dürfte Guardiola mehr zugesetzt haben als das Spiel. Beim 3:0 im Finale über den FC Arsenal genügte seinem Team eine mäßige Leistung. Einzig Kapitän Vincent Kompany ragte als Man of the Match heraus, nicht nur wegen der kindlichen Freudensprünge nach seinem Tor zum 2:0 (58.). In knapp zehn Jahren hat der dienstälteste City-Profi durch 41 Verletzungen 130 Spiele verpasst: "Man arbeitet so hart, und es ist alles wert, wenn du hier stehst. Ich hoffe, meine Mitspieler haben gespürt, was ich gespürt habe", sagte Kompany.

Der Widerstand Arsenals war direkt mit dem ersten Gegentor gebrochen, bei dem sich der deutsche Nationalverteidiger Shkodran Mustafi in der Entstehung durch City-Torjäger Sergio Agüero (18.) übertölpeln ließ, als hätte er noch nie einen Zweikampf bestritten. Die nachfolgende Körperhaltung der Gunners bewies, warum der Klub in der Liga nach 27 Spielen bereits 27 Punkte hinter dem designierten Meister Manchester City liegt.

Am Mikrofon des Fernsehsenders Sky holte Dauerkritiker Gary Neville zu einem umfassenden Arsenal-Verriss aus, der dritte Gegentreffer durch David Silva spielte da schon gar keine Rolle mehr (65.). "Schau hin: Ramsey geht spazieren, Xhaka geht spazieren, Özil geht spazieren, charakterlos, sich aufgebend. Warum geht ihr auf dem Spielfeld im Wembley spazieren? Ihr seid eine Schande, eine absolute Schande! Mir fällt es schwer, Worte zu finden", sagte Gary Neville über die Londoner Profis. In seiner Tätigkeit als TV-Experte sorgt er inzwischen mit seinen gnadenlosen Analysen für größeren Wirbel als einst rechts hinten in der Abwehr von Manchester United.

Im Gegensatz zu den schweigend das Stadion verlassenden Spielern - darunter Winter-Zugang Pierre-Emerick Aubameyang, der mangels Aktionen nur auf dem Spielberichtsbogen erwähnt wurde - entblößte sich Arsenals Trainer Arsène Wenger: Neben den für ihn irregulären ersten beiden Treffern forderte er allen Ernstes eine längere Nachspielzeit. Diese Form der Aufarbeitung bestätigt in seiner 22. Saison bei den Gunners, dass der Klub einen neuen Anführer mit neuen Ideen benötigt.

"Nach so einer Niederlage wird alles hinterfragt, die Spieler, die Mannschaft, die einzelnen Personen", sagte Wenger - nur sich selbst ließ er dabei wie gewohnt außen vor. Sein Vertag endet im Juni 2019, aber bei einer ähnlichen Nicht-Leistung am Donnerstag im Nachholspiel gegen City in der Liga sähe es danach aus, dass dem Klub der nächste Aufstand droht.

© SZ vom 27.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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