Olympia:Lena Schöneborn verzweifelt an der zickigen Fuchsstute

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Will nicht über das Hindernis: die Fuchsstute Legende, Reiterin Schöneborn verzweifelt. (Foto: Yasuyoshi Chiba/AFP)

Das ihr zugeloste Pferd verweigert vier Mal das Hindernis. Die deutsche Moderne Fünfkämpferin verfehlt die anvisierte Medaille, eine andere Deutsche überrascht.

Von Volker Kreisl, Rio de Janeiro

Legende war sich natürlich keiner Schuld bewusst. Sie trabte mit ihrer Reiterin vom Platz, wackelte mit den Ohren und stand dann außerhalb des Parcours' auf dem Wartefeld. Und Lena Schöneborn, die im Sattel saß, hatte noch diesen letzten kurzen Ritt mit Legende hinter sich gebracht, es musste ja sein, doch dann sah sie zu, dass sie so schnell wie möglich von diesem Pferd herunterkam. Legende hatte soeben zwei Olympiaträume im Modernen Fünfkampf ruiniert, erst den von Barbora Kodedova, und dann noch den der Olympiasiegerin von 2008, der Berlinerin Lena Schöneborn, zu diesem Zeitpunkt in Rio die Mitfavoritin im Gold.

Das Springreiten ist die schwierigste Disziplin in diesem Mehrkampf, nicht weil es die Sportler nicht beherrschen, sondern weil es sie vor knifflige Aufgaben mit fremden, zugelosten Tieren stellt, manchmal vor unlösbare. 18 Pferde gibt es für 36 Reiter, Legende verweigerte in beiden Einsätzen den Sprung über die Hindernisse, bei Kodevova zweimal, bei Schöneborn dann viermal; einmal am vierten und dann noch dreimal am sechsten Hindernis. Vermutlich hätte die 13-jährige Fuchsstute, die als Weltcup-Pferd bislang nicht mit Aussetzern auffällig geworden war, die Serie der Verweigerungen so fortgeführt, doch bei vier abrupten Stopps ist Schluss.

Schöneborn durfte noch die Kampfrichter grüßen, für die dritte Disziplin bekam sie null Punkte, damit hatte sie einen Rückstand vom 5:28 Minuten fürs abschließende kombinierte Laufen und Schießen über 3200 Meter. Alle Chancen waren somit dahin, mit den Nerven war die 30-Jährige erst einmal am Ende, die Stunde zwischen Reiten und Laufen verbrachte sie irgendwo hinter verschlossenen Türen und vergoss Tränen. Sie hatte durchaus schon Reitfehler gemacht in ihrer Karriere, sagte sie, "bei Olympia in London vor vier Jahren hatte ich auch eine Verweigerung", was 20 Punkte Abzug ergibt. "Aber null Punkte", sagte sie kopfschüttelnd, "hatte ich noch nie."

Nach dem Fechten und Schwimmen hatte Schöneborn noch mit 35 Sekunden Rückstand passablen Anschluss auf Platz eins, sie war läuferisch und auch als Schützin die weitaus Beste unter den ersten Fünf. Doch dieser Nachmittag im recht gut gefüllten umgebauten Rugbystadion im Deodoro-Park brachte nicht nur Schöneborn Pech. Neben der Olympiasiegerin von 2008 fiel auch die Goldgewinnerin von 2012, die Litauerin Laura Asadauskaite wegen viermaligen Verweigerns ihres Pferdes aus dem Rennen. Gewonnen hat schließlich die Australierin Cloe Esposito vor Elodie Clouvel aus Frankreich und der Polin Oktawia Nowacka.

Die Berlinerin Annika Schleu überrascht auf Rang fünf

Für die deutschen Fünfkämpferinnen von Trainerin Kim Raisner, die wie alle Vertreterinnen dieses hoch komplexen und aufwändigen Nischensports auch immer um Werbung für ihre Disziplin bemüht sind, war der Nachmittag aber nicht nur ein Rückschlag. Annika Schleu, 26 Jahre alt und ebenfalls aus Berlin, hatte im Schlusswettbewerb, der wegen der integrierten vier Schießeinlagen entfernt ans Biathlon erinnert, eine furiose Aufholjagd von Platz 15 auf Rang fünf hingelegt. Irgendwann hatte sie die große Verfolgergruppe hinter sich gelassen und plötzlich gemerkt: "Ich stehe ganz alleine am Schießstand, das hat mich motiviert."

Nicht erst mit diesem fünften Rang gilt sie als die Hoffnung des deutschen Verbandes für die Zeit nach Schöneborn. Schleu will bis Tokio 2020 weitermachen, bei Schöneborn sieht das etwas anders aus. "Nochmal vier Jahre mache ich eher nicht, die Chance, dass ich vorher aufhöre, liegt bei 90 Prozent", sagte sie. Andererseits will sie doch auch noch ein, zwei Jahre dranhängen, sie erklärte: "Dieser Wettkampf hier soll wirklich nicht mein letzter gewesen sein."

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