Olympia:Justiz-Wirren um US-Schwimmer: "Ryan Lochte ist hier das Opfer"

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Ryan Lochte ist inzwischen wieder in den USA. (Foto: Getty Images)

Was geschah im Zuge des Überfalls auf die amerikanischen Olympia-Schwimmer? Es gibt weder Zeugen noch Täter - Ryan Lochte erzählt nun seine Version der Ereignisse neu.

Die brasilianischen Justizbehörden haben am Mittwochabend die beiden amerikanischen Schwimmer Jack Conger, 21, und Gunnar Bentz, 20, an der Ausreise gehindert. Ihnen wurden am Flughafen die Pässe abgenommen. Sie waren kurzzeitig in Gewahrsam, sind aber wieder auf freiem Fuß. Das Land dürfen sie vorläufig nicht verlassen. Gleiches gilt für Jimmy Feigen, 26, der von sich aus Kontakt mit den Behörden aufnahm. Eine Richterin hatte zuvor angeordnet, dass auch Feigens Pass einbehalten werden solle, ebenso wie der des sechsmaligen Olympiasiegers Ryan Lochte. Der 32-Jährige ist wieder in den USA. Das US-Konsulat in Rio sowie Anwälte sind bereits in die Affäre eingeschaltet.

Hintergrund der Aktion ist ein angeblicher Raubüberfall, in den die vier US-Athleten am frühen Sonntagmorgen verwickelt gewesen sein wollen. Sie hatten behauptet, auf dem Heimweg von einer Party ins olympische Dorf unter Androhung von Waffengewalt ausgeraubt worden zu sein - von Gangstern, die sich als Polizisten verkleidet hatten. Nach den ersten Ermittlungen gab es allerdings Ungereimtheiten. Ryan Lochte selbst hat am Mittwoch seine ursprüngliche Version in einem Telefongespräch mit dem US-Sender NBC revidiert. So seien die vier Athleten in ihrem Taxi nicht auf offener Straße von den vermeintlichen Polizisten angehalten worden, sondern an einer Tankstelle überfallen worden. Zudem habe ihm einer der Räuber die Pistole nicht an die Schläfe gedrückt, sondern sie bloß in seine Richtung gehalten.

Die Polizei in Rio hat jedenfalls noch Fragen. So wunderten sich die (echten) Polizisten, dass den Athleten angeblich nur Geldbörsen abgenommen wurden, nicht aber Smartphones, Uhren, Schmuckstücke. Zudem berichtete die britische Daily Mail , dass die vier Athleten bei ihrer frühmorgendlichen Rückkehr ins Dorf von Überwachungskameras aufgenommen wurden und dabei munterer gewirkt haben, als man nach einem Überfall habe erwarten können. Und in jedem Fall alkoholisiert.

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Es wird immer verwirrender: Ryan Lochte relativiert seine Angaben zum nächtlichen Überfall. Zwei Kollegen dürfen nicht aus Brasilien ausreisen.

Am Donnerstag befeuerte dann auch der US-Fernsehsender ABC die Zweifel an der Räuber-Geschichte unter Berufung auf einen örtlichen Ermittler. Demzufolge sei einer der Schwimmer aufgenommen worden, "wie er an der Tankstelle die Tür zur Toilette aufbrach und mit einem Sicherheitsmann kämpfte". Kriminalbeamte bestätigten das später gegenüber brasilianischen Medien: Da die gerufene Polizei nicht sofort eingetroffen sei, seien die Athleten von dem Wachmann mit vorgehaltener Waffe zum Bleiben gezwungen worden. Als Lochte und Co. den Schaden bezahlten, hätten sie gehen dürfen. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Schwimmer die Räuber-Geschichte erfunden haben, um den Vorfall zu vertuschen.

Während sich dieser Fall in Richtung der Vortäuschung einer Straftat bewegt, meldete das britische Olympiateam einen bewaffneten Raubüberfall auf einen seiner Athleten. Namen wurden nicht genannt, der Athlet stehe unter Schock. Und zwar ganz im Ernst.

© SZ vom 19.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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