Motorsport:Formel 1 will schnellere Autos

villeneuve 1997

Vor neunzehn Jahren: Jacques Villeneuve dreht seine Runden auf dem Nürburgring und gewinnt schließlich den hier ausgetragenen Großen Preis von Luxemburg.

(Foto: imago sportfotodienst)

Tiefer, breiter, aggressiver: Eine altbekannte Aerodynamik soll die Wagen in der Rennserie beschleunigen. Aber wird die Formel 1 dadurch attraktiver?

Von Dominik Fürst

Kurzer Rückblick ins Jahr 1997: Prinzessin Diana stirbt in einem Tunnel in Paris, Lars Ricken lupft die Fußballer von Borussia Dortmund zum Gewinn der Champions League in München und Michael Jackson moonwalkt über deutsche Bühnen, seine Tour heißt "History". Die Formel-1-Saison gewinnt ein Kanadier namens Jacques Villeneuve - in einem tiefen und breiten Boliden aus dem Rennstall Williams-Renault.

Wie es aussieht, kehrt die Rennserie jetzt in die Vergangenheit zurück. Zumindest optisch. Ab 2017 sollen die Autos wieder tiefer, breiter und aggressiver werden. Das ist noch nicht offiziell, aber wohl das Ergebnis eines Treffens der Formel-1-Kommission unter der Woche in der Nähe von London, auf dem Flugplatz Biggin Hill. Wie die Fachmagazine übereinstimmend berichten, werden die Boliden um 20 Zentimeter breiter und wachsen damit auf eine Gesamtbreite von 200 Zentimetern an. So wie zuletzt im Jahr 1997.

"Wir werden einfach nur schneller fahren", sagt Lewis Hamilton. Wirklich?

Der Vorschlag stammt vom Rennstall McLaren-Honda und wurde offenbar von der Mehrheit der Fahrer angenommen. Wer profitiert davon? "Durch die neuen Regeln werden die Autos wieder spektakulärer und schwerer zu fahren sein", sagt Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Der Brite erwartet "eine Durchmischung der Hierarchie". Red Bull hat seit Sebastian Vettels Weggang 2014 eine kleine Krise durchlebt und hofft jetzt auf die wohltuende Wirkung technischer Neuerungen. Von der jüngsten technischen Revolution im Jahr 2014, der Einführung der Turboaggregate, profitierte vor allem Mercedes und gewann mit dem besten Motor seitdem zweimal Fahrer- wie Konstrukteurs-WM.

Umstritten ist, wie wohltuend sich die Umbauten auf der Strecke tatsächlich auswirken. Weil Vorder- und Hinterreifen sowie Front- und Heckflügel breiter und die Boliden um etwa 20 Kilogramm schwerer werden, sollen bis zu fünf Sekunden schnellere Rundenzeiten möglich sein. "Wir werden einfach nur schneller fahren als bisher, das ist alles", sagt Weltmeister und Mercedes-Pilot Lewis Hamilton.

Das sehen nicht alle so. Ausgerechnet der Motorsportchef in Hamiltons Rennstall, Toto Wolff, hat bis zuletzt einen derart radikalen Eingriff ins Regelwerk kritisiert und gehofft, noch eine Mehrheit dagegen formieren zu können. "Je länger man Regeln stabil hält, desto mehr schmilzt die Performance zwischen allen zusammen", sagt Wolff. Gerade da widersprechen ihm freilich die derzeit unterlegenen Konkurrenz-Rennställe.

Einige Fahrer fürchten zudem, dass das Überholen mit breiteren Autos und größerer Reifenbelastung nahezu unmöglich wird. "Wir sollten versuchen, Überholen zu vereinfachen", sagte Nico Rosberg schon im März, als der Vorschlag erstmals diskutiert wurde. "Mehr Abtrieb ist aber dafür bekannt, das Hinterherfahren schwieriger zu machen. Das ist nicht unbedingt der richtige Weg." Jetzt sind die Regeländerungen beschlossen, aber es dürfte weiter über sie gestritten werden.

Klar ist, dass die Formel 1 gerade um ihren Status kämpft. Schnellere Autos sollen die Rennserie für den Zuschauer attraktiver machen. Aber kann man fünf Sekunden Unterschied wirklich sehen? Viele glauben: nein. Und betrachten die anstehende Regeländerung als symbolische Maßnahme. Sollte das Überholen tatsächlich dadurch erschwert werden, könnte sogar das Gegenteil der beabsichtigten Wirkung eintreten: langweiligere Rennen. Das bleibt abzuwarten.

Es geht jetzt noch um das Motorenreglement für 2017, das vor allem kleineren Teams wie Sauber, Manor und Force India am Herzen liegt. Diskutiert wird über eine Kostensenkung, abgestimmt wurde bei dem Treffen in London allerdings noch nicht. Spätestens am Samstag soll in der Frage eine Entscheidung verkündet werden - wie auch die offizielle Rückkehr zu den breiteren Fahrzeugen.

Die Fahrer werden dann bereits im russischen Sotschi weilen, wo am Wochenende das vierte Rennen der Saison ansteht. Die ersten drei Wettbewerbe hat Nico Rosberg gewonnen. Er fährt für Mercedes. Und die sind, zumindest im Jahr 2016, das dominierende Team der Formel 1.

Mit Material der Agenturen

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