Michael Schumacher und Nico Rosberg:Pikantes Generationenduell

Lesezeit: 3 min

Michael Schumacher war in den vergangenen Rennen erfolgreich. Großen Anteil daran hat Renningenieur Jock Clear, der einst Jacques Villeneuve zum Weltmeister gemacht und sich dann abfällig über Schumacher geäußert hat. Nun bilden Schumacher und Clear ein funktionierendes Gespann - Teamkollege Nico Rosberg kann das nicht gefallen.

Elmar Brümmer

Fünfter oder Sechster, was interessiert das einen Rekord-Weltmeister schon? Gezählt wird bei einem Michael Schumacher erst ab der dritten Treppchenstufe aufwärts. So war das jedenfalls bisher, in den ersten anderthalb Jahren seines Comebacks, in denen er lernen musste, ohne Podiumsbesuche auszukommen.

Michael Schumacher hat sich nach seinem Comeback in der Formel 1 emanzipiert, nun könnte er die Führungsrolle bei Mercedes für sich beanspruchen. (Foto: AP)

Der 42-Jährige hatte genug damit zu tun, sich selbst und vor allem den Silberpfeil einigermaßen auf Stand zu bringen, er blendete das Duell gegen den 16 Jahre jüngeren Teamkollegen Nico Rosberg einfach aus, in dem es pausenlos Qualifikationsniederlagen gesetzt hatte. Doch trotz dieser Überlegenheit im direkten Vergleich hatte sich Rosberg nie entspannt ob der Konkurrenzsituation. Urängste, die sich auf der Zielgeraden dieser Formel-1-Saison zu bestätigen scheinen.

Dreimal Fünfter in den letzten sechs Rennen, mit einem Rennauto, das eher auf Rang sieben eingeschätzt wird - Schumacher ist im Kommen. Er fährt sich warm für das Rennjahr 2012, auch was die Rivalität angeht.

Der Konflikt entbrennt beim Großen Preis von Indien. Schumacher ist nach starkem Start von Platz elf aus nach dem ersten Renndrittel mit sechseinhalb Sekunden Rückstand auf Rosberg Sechster. Nach weiteren 20 Runden schrumpft der Abstand auf zweieinhalb Sekunden. Es sind noch 15 Runden zu fahren, da holt der Mercedes-Kommandostand Rosberg zum Pflichtwechsel von den weichen auf die harten Reifen an die Box. Schumacher wechselt erst fünf Umläufe später, und ist am Kollegen vorbei.

Wie es um das Binnenverhältnis wirklich bestellt ist, kann in Noida an Worten und Mimik vor den TV-Kameras abgelesen werden. Rosberg ist sichtlich unzufrieden mit der Taktik: "Es ist schade, denn meine Strategie war im Nachhinein die langsamere. Das war eine Entscheidung von der Boxenmauer, ich hatte schon vorher ein schlechtes Gefühl dabei."

Schumacher hingegen, der noch in der Qualifikation über schlecht ausgewuchtete Reifen geklagt hatte, verkniff sich derart konsequent seine Genugtuung, dass diese dadurch erst richtig auffällig wurde. Er will von Stallregie zu seinen Gunsten nichts wissen: "Es lag nur einfach daran, dass seine Reifen jeweils früher kaputt waren als meine. Das heißt: Er musste einfach an die Box. Normalerweise ist immer der schneller, der zuerst hereinkommen und frische Reifen fassen kann."

Zehn Zylinder der Formel 1
:"Die indischen Frauen sind wunderschön"

702 Runden Erster: Sebastian Vettel holt sich in Indien einen Uralt-Rekord von Nigel Mansell und bedankt sich bei den Gastgebern mit ungewöhnlichen Worten. Lewis Hamilton erlebt ein Desaster-Rennen und kann nicht einmal über Erzfeind Felipe Massa lachen, der sich extrem dämlich anstellt.

Sebastian Gierke

Das Geplänkel ist ein Vorgeschmack darauf, wie sich das Generationenduell entwickeln wird, wenn der Mercedes konkurrenzfähig sein wird. Akklimatisiert hat sich Schumacher endlich in der neuen Formel 1, jetzt kann die Emanzipation im eigenen Rennstall beginnen.

Zehn Zylinder der Formel 1
:"Die indischen Frauen sind wunderschön"

702 Runden Erster: Sebastian Vettel holt sich in Indien einen Uralt-Rekord von Nigel Mansell und bedankt sich bei den Gastgebern mit ungewöhnlichen Worten. Lewis Hamilton erlebt ein Desaster-Rennen und kann nicht einmal über Erzfeind Felipe Massa lachen, der sich extrem dämlich anstellt.

Sebastian Gierke

Über die Momentaufnahmen vom Buddh International Circuit hinaus ist der Trend evident: In den jüngsten sechs Rennen hat Schumacher 38 seiner 70 WM-Punkte geholt (bei zwei Ausfällen), Rosberg kam nur auf die Hälfte der Zähler und liegt bei 75 Punkten. Die Aufwärtsbewegung seit der Sommerpause hängt eng mit einer Personalrochade zusammen. Schumacher ist bekannt dafür, dass er einen Großteil seiner Leistung aus dem intensiven Studium der Fahrzeugdaten bezieht.

Die Renningenieure, die ihm Mercedes an die Seite stellte, waren diesem Datenhunger nicht gewachsen. Schumacher verlangt eine gewissenhafte Interpretation, aber auch schnelle und durchaus riskante Entscheidungen, vor allem aber Weitblick. Im August wurde in der Rennfabrik in Brackley deshalb eine Doppelspitze an seiner Seite installiert. Neuer Renningenieur ist Peter Bonnigton, eher frisch im Geschäft.

Entscheidender aber ist dessen Backup: Als Dateningenieur wurde Jock Clear zurückgeholt. Das ist eine doppelt pikante Personalie, denn der 48-Jährige war einst der Kopf hinter dem WM-Titel von Schumachers Erzrivalen Jacques Villeneuve 1997 - und im vergangenen Jahr bei Mercedes verantwortlich für die Einstellung von Rosbergs Auto. Die beiden kamen aber nicht richtig klar.

Schumacher schätzt die Effizienz des Doppelpasses: "Wir haben etwas verändert, und das hat sich bezahlt gemacht. Seither läuft es einfach wesentlich besser für mich. Ich kann das Auto mehr nutzen und die einhundert Prozent herausquetschen." Beim Japan-Grand-Prix wurden ihm erstmals seit 2006 wieder Führungsrunden gutgeschrieben.

Schumacher betont, dass es ihm weiterhin mehr darum gehe, "dass wir als Team in die richtige Richtung gehen und ein Auto bekommen, mit dem wir um vordere Positionen kämpfen können. Erst dann kommt es darauf an, wo ich im Vergleich zu Nico stehe." Ein klarer Hinweis auf den Führungsanspruch. Beide haben ihre Verträge über 2012 hinaus noch nicht verlängert. Wartet Rosberg, ob Schumacher seine Option zieht und entgegen aller bisherigen Annahmen noch ein Jahr oder zwei Jahre dranhängt?

Dem Wiesbadener soll ein längerfristiges Angebot von Mercedes vorliegen, er hat sich aber auch bei Renault und Ferrari ins Gespräch gebracht. Schumachers aktuelle Form bestärkt ihn darin, seinen Platz zu suchen.

© SZ vom 02.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: