Medhi Benatia Juventus Turin:Rassismus durch den Kopfhörer

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Medhi Benatia (li.) war mal in München, jetzt spielt er bei Juventus Turin. (Foto: AFP)
  • Juventus Turin steht vor dem Einzug ins Champions-League-Finale.
  • Ärger macht ein Vorfall bei einem Interview mit Medhi Benatia. Über Kopfhörer hört er rassistische Beleidungen.
  • Der Verein fordert nun vom TV-Sender RAI Aufklärung.

Von Birgit Schönau, Turin

Dass der Fußball voller Überraschungen ist, hat die laufende Champions-League-Saison mehr als einmal bewiesen. Wenn aber Juventus nach dem souveränen 2:0 in Monte Carlo nun am Dienstag gegen AS Monaco im eigenen Stadion das Finale verpassen würde, wäre das keine Überraschung. Sondern eine Sensation. So selbstverständlich wie sonst nur Real Madrid ist Italiens Rekordmeister ins Halbfinale marschiert, mit keinem einzigen Gegentor in der K.-o.-Runde.

Weder die Weltstars von Barcelona, noch Monacos junge Wilde haben Juves monumentalen Torwart Gianluigi Buffon überwunden. Und weil die Champions League Buffon in seiner Sammlung fehlt (Turin gewann sie zuletzt 1996), kann man sich denken, wie schwer die Aufholjagd für die offensivstarken, taktisch aber noch unreifen Monegassen werden wird.

An Juventus vorbeizukommen, ist derzeit nicht nur in Italien schwierig. Zwar zeigten die Turiner in der Liga zuletzt Anzeichen von Zerstreutheit, aber über ein Unentschieden kamen die Gegner dann doch nicht hinaus. Am Samstag machte Lokalrivale FC Turin diese Erfahrung. Bis in die Nachspielzeit rettete er seine 1:0-Führung, in Unterzahl - dann gelang Gonzalo Higuain, dem Doppeltorschützen von Monte Carlo, der Ausgleich.

Es war Juves erster Punktverlust nach 33 Heimsiegen in Serie. Doch auf dem Weg zum sechsten Meistertitel in sechs Jahren kann die Auswahl kaum noch jemand aufhalten, bei einem Vorsprung von sieben Punkten vor dem Zweiten AS Rom. Schon am kommenden Sonntag könnten die Turiner im Spitzenduell gegen die Roma den Titel klarmachen. Am 17. Mai folgt das Pokalfinale gegen Lazio, ein weiteres Mosaikteil für das Triple.

Juve-Coach Massimiliano Allegri muss dabei mit Verletzungsausfällen und Sperren kämpfen, doch gelingt es ihm, die Konzentration zu wahren. Einigen seiner Spieler ist die Müdigkeit dennoch anzumerken, allen voran Sami Khedira, der in Monte Carlo gesperrt war, und beim Einsatz im Derby eine derart schwache Leistung zeigte, dass Allegri womöglich auch im Rückspiel auf ihn verzichtet. Wahrscheinlich rückt stattdessen wieder Dani Alves ins Mittelfeld auf, der den Monegassen auch in der Offensive zu schaffen machte.

Sicher nicht mitspielen dürfte Mehdi Benatia, der als Bayern-Leihgabe in Turin spielt, aber nicht zur Stammformation gehört. Im Derby spielte Benatia solide, anschließend hatte er indes Grund zur Empörung. Der Staatssender RAI hatte den Marokkaner, der auch die französische Staatsbürgerschaft besitzt, nach dem Spiel interviewt. Bei der Live-Schaltung hörte Benatia plötzlich eine Beleidigung. "Sei still, du Sch...marokkaner", dröhnte ihm aus dem Kopfhörer entgegen. "Wer spricht da?", fragte der Verteidiger, "ich werde hier beleidigt."

Die Moderatorin sprach von technischen Problemen und brach die Verbindung ab. Juventus verlangt nun Aufklärung bei der RAI. Neben Benatia hatten auch der Fernsehreporter und eine Juve-Sprecherin die rassistische Attacke vernommen. "Italien ist ein Land, das ich seit Langem liebe", sagte Benatia später, "aber leider gibt es hier eine intolerante Minderheit. Der Vorfall an sich ist schon schlimm, noch schlimmer wäre es, den Fehler nicht einzugestehen." Die RAI wies jeden Verdacht von sich, entschuldigte sich aber bei dem Spieler.

© SZ vom 09.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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