Managerin Sabine Kehm:Diese Frau ist Michael Schumachers Mauer

Günther Jauch zu Michael Schumacher

Sabine Kehm in einer Talkshow drei Monate nach Schumachers Skiunfall Anfang 2014.

(Foto: dpa)

Warum schweigt Schumachers Familie? Als die SZ mit seiner Managerin Sabine Kehm darüber reden will, zögert sie zunächst.

Von Michael Neudecker, Gland

Wie geht es ihm? Das ist die Frage, die bei Michael Schumacher alle umtreibt, nicht nur die Motorsport-Fans, denn Michael Schumacher ist es gelungen, als Rennfahrer zu einer weltweiten Berühmtheit zu werden. Die SZ hat Schumacher während seiner aktiven Zeit regelmäßig begleitet, und immer und überall war da diese Hysterie, wenn Schumacher auftauchte: erwachsene Menschen, die sich schubsten, schrien.

Wenn man gesehen hat, wie die begeisterte Menge in Monza die Absperrgitter vor ihm zum wackeln brachte; wenn man weiß, dass Schumacher in Hockenheim auch mal im Kofferraum an die Rennstrecke gebracht wurde, dann versteht man, weshalb er jemanden wie Sabine Kehm braucht. Sie war immer neben ihm, in Monza, Hockenheim und anderswo.

Die 51-jährige Kehm war bis 2001 Journalistin, damals arbeitete sie als Sportredakteurin bei der Süddeutschen Zeitung. Als sie bei Schumachers Manager Willi Weber um ein Interview mit Schumacher bat, da rief Weber an und bot ihr stattdessen den Job als Pressesprecherin an. Nach einiger Bedenkzeit sagte Kehm zu, seitdem ist sie Schumachers Schleuse zur Öffentlichkeit, 2010 löste sie zudem Weber als Managerin ab.

Alles, was an offiziellen Informationen über Michael Schumacher nach draußen dringt, läuft über ihren Schreibtisch beziehungsweise ihr Smartphone. Wenn man also Antworten will, dann muss man mit ihr reden.

Wehe, man erwähnt die Kinder

Die SZ hat Sabine Kehm schon vor Schumachers Unfall im Dezember 2013 immer wieder getroffen, in Fahrerlagern überall auf der Welt. Und dabei auch mal selbst erlebt, wie sie reagiert, wenn man nur darüber nachdenkt, zu erwähnen, dass bei einer Feier im kleinen Kreis im Motorhome auch Schumachers Kinder dabei waren.

Sabine Kehm ist eine kluge, freundliche Frau und eine angenehme Gesprächspartnerin. Aber wenn es sein muss, dann wird sie zu Schumachers Mauer - heute ist sie das mehr denn je. Als die SZ bei Kehm anfragte, ob man sich einmal länger über die Frage unterhalten könne, warum diese Mauer so undurchdringlich ist, warum niemand erfahren darf, wie es ihm geht, da zögerte Kehm zunächst.

Im Team schweigen und klagen

Schließlich willigte sie ein. Das Ergebnis: mehr als zehn Stunden Gespräch in Gland am Genfer See, die meiste Zeit davon an einem großen, mit Leder überzogenen Tisch in ihrem Büro, das "The MS-Office" heißt und recht schmucklos neben einem Friseurladen liegt. Ihre Bedingung: Nur sie spricht, sonst niemand, weder Schumachers Ehefrau Corinna, noch seine 18-jährige Tochter Gina oder sein 16-jähriger Sohn Mick.

Der langjährige Schumacher-Freund Peter Kaiser, der während des Gesprächs zufällig im Büro auftaucht, grüßt zwar freundlich, aber auch er redet nicht. Am nächsten Tag ermöglicht Kehm dann noch ein Interview mit Schumachers Medienanwalt Felix Damm, der Kehm und Schumachers Familie auf ihrem Weg des Schweigens unterstützt. Und klagt, wann immer es nötig wird, also: sehr oft.

Herausgekommen ist eine Geschichte über die Schwierigkeit der Menschen in Schumachers Umfeld, irgendwo dazwischen zu leben, zwischen dem ständigen Drängen der Öffentlichkeit und dem Wohnzimmer der großen Villa in Gland; zwischen schweigen und klagen und warten und hoffen. Eine Geschichte über den Sinn des Schweigens.

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