Leipzig:Mama kommt mit

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Für offenbar 20 Millionen Euro will RB den Portugiesen Úmaro Embaló holen. Nie zuvor wurde in Europa so viel für einen 16-Jährigen bezahlt.

Von Javier Cáceres, Berlin

Verliert Cristiano Ronaldo von Real Madrid bald einen Rekord? Als der heutige Weltfußballer vor knapp 15 Jahren bloß ein (bei Sporting Lissabon ausgebildetes) Versprechen auf die Zukunft war, holte ihn Manchester United für eine Ablöse von 15 Millionen Euro in die Premier League. Das war eine atemberaubende Summe für einen so jungen Spieler, der, andererseits, bereits die Volljährigkeit erreicht und in der ersten Liga seiner Heimat reüssiert hatte. Zur teuersten Nachwuchshoffnung, die je Portugal verlassen hat, wird nun aber wohl anstelle von Ronaldo ein Spieler ohne Erstliga-Erfahrung: Úmaro Embaló, sechzehn, in Zahlen: 16 Jahre alt. Der Stürmer steht vor dem Abschluss eines Vertrags beim Bundesligisten RB Leipzig, für eine Ablöse von angeblich zwanzig Millionen Euro. Die Klubs hüllten sich auch am Freitag offiziell in Schweigen. Embalós Manager Cátio Baldé aber sagt mit freudigem Unterton ins Telefon: "Wir sind auf einem sehr, sehr guten Weg." Der Vollzug könne womöglich Anfang nächster Woche gemeldet werden.

Dass Embaló einen so hohen Auktionspreis erzielt, liegt an den insgesamt explodierenden Preisen auf dem Transfermarkt, aber auch an dem Interesse, das der schnelle, vielseitige Stürmer vor allem bei seinen Auftritten in der Youth League, der Nachwuchs-Champions-League, bei europäischen Topklubs geweckt hat. Oder genauer: geweckt haben soll.

Benficas Präsident Luís Filipe Vieira, der vor wenigen Tagen zu - offenbar finalen - Verhandlungen in Leipzig einschwebte, gilt nicht erst seit dem erstaunlich teuren Transfer von Rechtsverteidiger Semedo an den FC Barcelona (30,5 Millionen Euro plus fünf Millionen für je 50 Saisonspiele) als geschickter Verkäufer. Ob nun Real Madrid, Inter Mailand, der FC Barcelona und Manchester United sich wirklich so intensiv und preistreibend um Embaló geprügelt haben, wie es portugiesische Medien in den vergangenen Monaten behauptet haben, steht zumindest in zwei Fällen in Abrede. Davon unberührt bleibt, dass Branchenkenner Embaló wegen seiner Ballbehandlung und vor allem wegen seiner Schnelligkeit für ein "Ausnahmetalent" halten. Gut möglich also, dass sich die 20 Millionen Euro bald als Schnäppchen oder lohnende Investition entpuppen. Doch wer will, andererseits, die Entwicklung eines 16-Jährigen, der mit 13 aus seinem Geburtsland Guinea-Bissau nach Portugal gekommen war, mit Sicherheit vorausahnen? Und hatte man nicht auch schon bei anderen geweissagt, dass sie den Fußball revolutionieren würden? Beim Norweger Martin Ödegaard etwa, der bei Real Madrid doch nicht durchstartete und nun versucht, beim SC Heerenveen in den Niederlanden Fuß zu fassen, oder beim mittlerweile vereinslosen US-Amerikaner Freddy Adu?

Dass sich Embaló offenbar für eine Karriere in der Bundesliga entschieden hat, hat viel mit dem Zureden seines Managers Baldé zu tun. Baldé berichtet, dass es ihm die Klubphilosophie von RB sehr angetan habe; er hat eine gewisse Einsicht in das Leipziger Innenleben, weil er bei den Leipzigern einen weiteren Spieler untergebracht hat: Armindo Tué Na Bangna alias Bruma, vormals Galatasaray Istanbul. Die Erfahrungen Brumas, der ebenfalls aus Guinea-Bissau stammt, aber für Portugals Nachwuchsteams spielt, gäben ihm, Baldé, die Gewissheit, dass die Entwicklungschancen für einen jungen Spieler wie Embaló nirgends größer seien als in Leipzig.

Seinen jungen Klienten Embaló umschreibt Baldé als einen überaus ehrgeizigen Jungen. Er habe ihn bei einem Turnier seiner eigenen Fußball-Akademie "Demba Sanó" in Bissau entdeckt, in der Dutzende Jugendliche davon träumen, den Sprung in den europäischen Fußball zu schaffen. Vor einigen Monaten kündigte er an, dass er die Akademie in diesem Sommer für einen Millionen-Euro-Betrag ausbauen möchte. Geplant ist unter anderem ein Internat - wohl nach Leipziger Vorbild.

Dass der 16-jährige Embaló in Leipzig fremdeln könnte, hält sein Manager weitgehend für unwahrscheinlich, man habe eine Struktur erdacht, die ihm helfen solle, sich in der Bundesliga zurechtzufinden. Unter anderem solle ihn die Mutter begleiten, die mit ihm in Portugal lebt. Vor einer Last immerhin wäre er gefeit. Er wäre zwar der teuerste U 18-Wechsel Europas, vor Romelu Lukaku (Manchester United), der 2011 bei seinem Wechsel vom RSC Anderlecht zum FC Chelsea 14 Millionen Euro kostete. Weltweit aber wäre ihm der Brasilianer Vinicius Junior (Flamengo Rio de Janeiro) voraus. Real Madrid zahlt für ihn 45 Millionen Euro.

© SZ vom 20.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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