Leichtathletik-EM:Vier Holländer und ihr Stadion

Die niederländische 4x400-Meter-Staffel darf bei der Leichtathletik-EM nach einem Protest noch einmal antreten. Die Zuschauer sind bereits weg, da laufen die Vier ganz alleine im Züricher Stadion. Eine friedliche, ursprüngliche Kulisse.

Von Johannes Knuth, Zürich

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(Foto: Getty Images)

Die niederländische 4x400-Meter-Staffel darf bei der Leichtathletik-EM nach einem Protest noch einmal antreten. Die Zuschauer sind bereits weg, da laufen die Vier ganz alleine im Züricher Stadion. Eine friedliche, ursprüngliche Kulisse. Von Johannes Knuth, Zürich Letzigrund-Stadion Zürich, Samstagabend, kurz nach 20 Uhr. Der vorletzte Wettkampftag der Leichtathletik-WM ist beendet, die Zuschauer haben vor rund einer halben Stunde das Stadion verlassen. Trotzdem tritt die niederländische 4x400-Meter-Staffel zu ihrem Vorlauf an - alleine. Hatte niemand den Holländern die korrekte Startzeit mitgeteilt?

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(Foto: Franck Fife/AFP)

Tatsächlich dürfen die Niederländer ihren Vorlauf vom Nachmittag wiederholen. In jenem Lauf war einer ihrer Athleten von einem ukrainischen Konkurrenten behindert worden. Die Jury disqualifizierte die ukrainische Staffel. Weil die Niederländer durch den Zwischenfall Zeit verloren und sich nicht für den Endlauf qualifiziert hatten, bestanden sie auf einer zweiten Chance. Die sprach ihnen die Jury auch zu, allerdings erst nach längerer Beratung. Und weil die Kampfrichter schlecht sämtliche Mannschaften ein zweites Mal zum Vorlauf zitieren können, müssen die Niederländer um Startläufer Björn Blauwhof (Bild) jetzt alleine rennen.

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(Foto: dpa)

Ein paar niederländische Fans haben mitbekommen, dass ihre Staffel noch einmal laufen darf. Sie kommen zurück ins Stadion, schauen sich das Rennen jetzt auf den besten Plätzen an. Ansonsten sind nur noch einige Helfer anwesend. Die Fans trommeln dafür sehr engagiert auf die Werbebanden neben der Laufbahn ein. Das erzeugt fast mehr Stimmung als während so mancher Vormittags-Einheit.

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(Foto: Getty Images)

Terrence Agard (unten) nimmt Startläufer Blauwhof in Empfang. Die Niederländer müssen die 3:04,07 Minuten der Tschechen unterbieten, die bis dato den achten und letzten Platz für das Finale am Sonntag besetzen. Blauwhof beginnt verhalten, er bleibt rund eine Sekunde über seiner Bestzeit. Allerdings hatten die Niederländer nur zwei Stunden Zeit gehabt, um sich von ihrem ersten Vorlauf zu erholen. In der Regel dürfen sich die Athleten zwischen einem Staffel-Vorlauf und dem Finale einen Tag lang ausruhen - was bei einer anstrengenden Sprintausdauerstrecke wie den 400 Metern auch angemessen ist.

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(Foto: dpa)

Obed Martis geht als dritter Läufer der Niederländer auf die Runde. Während Martis durch das Stadion hechelt, macht sich über ihm die Sonne rar, vereinzelt lugen Strahlen hinein ins Rund. Das hat etwas Friedliches, Ursprüngliches: Nur der Läufer und die Bahn. Allerdings würde Martis darauf mit Sicherheit gerne verzichten. Er kann sich an keinem Läufer orientieren, keinen Windschatten nutzen auf der langen Stadionrunde.

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(Foto: AFP)

Als Schlussläufer Lee-Marvin Bonevacia sich dem Ziel nähert, wird klar: Die Niederländer werden es nicht schaffen. Am Ende benötigen sie 3:05,93 Minuten, fast zwei Sekunden länger als gefordert. Die Zeit ist dennoch passabel, den Umständen entsprechend.

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(Foto: AFP)

Für ein paar Minuten liegen die Läufer am Boden wie tote Fische an Land. Kurz darauf kann Schlussläufer Bonevacia dann wieder für die Fotografen und Kamerateams posieren. Derart viel Aufmerksamkeit hat in der Leichtathletik-Historie wohl noch keine Staffel erlangt, die gerade im Vorlauf eines 4x400-Meter-Finals ausgeschieden ist.

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(Foto: AFP)

Am Ende reichen die Kräfte sogar noch für ein Siegerfoto - völlig zurecht, die Niederländer waren ja als Erste ins Ziel gekommen. Die Medaillen werden übrigens an diesem Sonntag (ab 15:45 Uhr) vergeben. (Liveticker bei SZ.de). Die deutschen Männer haben Außenseiterchancen.

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