Bundesliga:Platz drei in der Liga ist wie ein Lottogewinn

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Wolfsburgs Marcel Schäfer (re.): Kann mit seinem Team auch noch um den dritten Platz mitkämpfen (Foto: Bongarts/Getty Images)

Sechs Vereine konkurrieren um den dritten Platz in der Bundesliga - wer ihn ergattert, hat im Turbo-Kapitalismus des Fußballs wertvolle Vorteile.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Für die Erkenntnis, dass ein Fluch auf jenen Veranstaltungen lastet, die das Etikett "Spiel um Platz drei" tragen, hätte es den Wasserrohrbruch von München nicht gebraucht. Bei großen Turnieren, bei Welt- oder Europameisterschaften, ist das Spiel um Platz drei ein schlecht getarnter Cup der Verlierer. Zum Abschluss werden die Trostpreise an jene verteilt, die eigentlich nur schnell an den Strand wollen. Dann werden die Ersatzbänke geräumt, dürfen alle, die wochenlang still gehalten haben, brav noch einmal auflaufen. Bei kleineren Veranstaltungen hingegen wird das Duell der Halbfinal-Verlierer gestrichen, ersatzlos, sobald es von der Decke tropft. In München sorgte am Sonntag eine Blaskapelle für Ablenkung, während eilig das Leck unterm Hallendach gestopft wurde, um so zumindest das Pokalfinale der Basketballer des FC Bayern gegen Alba Berlin zu sichern.

Verloren haben die Münchner, was in Kontrast steht zur Aura des Klubs, die sich weiterhin über die Fußballer definiert. Die stehen ganz oben in der Architektur der Bundesliga, die sich momentan nach folgender Formel zu bemessen scheint: 1 plus 1 plus 6 plus 10. Was bedeutet: Vorne entwickelt der FC Bayern inzwischen sogar mit dem Rücken zum Tor (Müller!) mehr Gefahr als der Gegner bei frontaler Sicht. Dahinter hat sich Dortmund zwar nicht als Verfolger, aber doch wieder als klarer Zweiter etabliert. Dann folgt ein Mittelbau, folgen Hertha, Leverkusen, Gladbach, Schalke, Mainz, Wolfsburg, also jene Sechs, die sich tatsächlich an einem Wettstreit um Platz drei ereifern können. Die "10" steht für den Rest der Liga, für Ambitionsarme, Abstiegskandidaten und Absteiger.

Betoniert scheint die Liga nach dieser 1+1+6+10-Formel zu sein, da ist es ein dramaturgischer Glücksfall, dass Platz drei mehr Lottogewinn als Trostpreis ist. 20 Millionen Euro, heißt es, sei dieser Rang mindestens wert, garantiert er doch - wie die Plätze eins und zwei - das Startrecht in der Champions League. Platz vier birgt das Risiko, Ende August in der Champions-League-Qualifikation an Kiew oder Borissow zu scheitern.

Wer aber Platz drei anstatt vier besitzt, der gewinnt nicht nur einige Strandtage, sondern vor allem Planungssicherheit hinzu. Zudem weitere Argumente, die im Turbo-Kapitalismus des Fußballs immer wichtiger werden. Denn abgesehen von der Höhe des Gehalts wollen jene Profis, die sich ihren Arbeitgeber aussuchen können, heutzutage wissen, ob sie künftig auch sicher die Champions-League-Hymne zu hören bekommen. Einer wie Mahmoud Dahoud, Gladbachs umworbener Siegtorschütze im Derby gegen Köln, redet öffentlich nix, wird intern aber bald solche Fragen stellen. Die erstbeste Antwort ist es, im Millionenspiel um Platz drei dabei zu sein.

© SZ vom 22.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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