Köln:Sturmtief

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Wieder kein Tor - und verletzt: Kölns neuer Stürmer Jhon Cordoba. (Foto: Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Beim kriselnden Liga-Letzten fällt auch Angreifer Cordoba aus. Auch andere Spieler fehlen dem 1. FC zum neuerlichen Einschwur.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Einer der zuletzt glücklichen Momente beim 1. FC Köln war der Trainingsauftakt mit Anthony Modeste Anfang Juli. Die Strecke von der Kabine auf den Platz durch ein idyllisches Waldstück voller fröhlicher Fans bahnte sich der Franzose wie ein Heiliger. Das jubelnde Volk teilte sich vor ihm wie das Meer vor Moses:. "Scheiß auf Schina!", rief ihm ein Mann aufrichtig rheinisch zu, aber genau das tat Modeste dann nicht. Neun Tage später wurde der treffsichere Stürmer nach Tianjin am Golf von Bohai transferiert. Mit den 35 Millionen Euro, die der 1. FC Köln für ihn bekam, kann sich der Klub aber bislang kaum trösten. Neun sieglose Pflichtspiele nacheinander, acht Niederlagen, nur drei eigene Tore; in der Bundesliga ein einziger Punkt und 2:15 Tore; als Tabellenletzter bereits sechs Punkte Rückstand auf den Drittletzten HSV - Köln kriegt die Krise.

Am Sonntagabend, als der FC sein Heimspiel gegen Leipzig verlor, saß Modeste als Zuschauer auf der Tribüne. Er sah, wie sich sein aus Mainz verpflichteter Nachfolger Jhon Cordoba folgenschwer am Oberschenkel verletzte und wie in dieser 54. Minute die neueste Stürmer-Verpflichtung eingewechselt wurde: Claudio Pizarro, 39.

Coach Stöger will nicht aufgeben, Manager Schmadtke stützt ihn

Wen Modeste nicht sah, das war der Stürmer Artjoms Rudnevs, der im Laufe der vergangenen Woche wegen privater Probleme den Vertrag auflösen und nach Lettland heimkehren durfte. Das vor einem Jahr aus Auxerre verpflichtete Stürmertalent Sehrou Guirassy stand gegen Leipzig nicht mal im Kader. Simon Zoller ist verletzt. Köln hat plötzlich ein Stürmerproblem, dabei dachte man, 15 Gegentreffer in der Liga seien das größere Übel.

Offensivspieler Yuya Osako wäre eine Lösung für die Position ganz vorne, aber er ist als japanischer Nationalspieler jetzt erst mal weg und kann im Training nicht auf die zentrale Stürmerposition vorbereitet werden. Osako hat in den nächsten Tagen zwei Heimspiele mit der japanischen Mannschaft. Konstantin Rausch spielt außerdem für Russland. Jorge Meré spielt mit der spanischen U21 in Slowenien und Joao Queiros mit Portugals U20 in der Schweiz. Salih Özcan gastiert mit der deutschen U20 in den Niederlanden. Sie alle fehlen dem angeschlagenen Team zum neuerlichen Einschwur. Die U21-Nationalspieler Lukas Klünter und Jannes Horn immerhin sind vom Deutschen Fußball-Bund befreit worden und durften in Köln bleiben.

Schon beginnen die ersten Medien eine Debatte um den Trainer Peter Stöger, der den Klub erstmals nach einem Vierteljahrhundert wieder in den Europapokal geführt und seit seinem Amtsantritt im Juni 2013 eigentlich immer bloß Lob geerntet hatte. Er könne doch jetzt nicht in der ersten schwierigen Phase gleich aufgeben, sagt Stöger halbwegs entrüstet. Er muss sich aber bislang auch bloß gegenüber der Öffentlichkeit rechtfertigen. Intern steht nicht nur Manager Jörg Schmadtke hinter ihm: "Was in den Spielen momentan fehlt, das kann man nicht dem Trainer anlasten", sagt Schmadtke. Auch Stöger selbst lobt mehr als er kritisiert: "Die Jungs san giftig, san unterwegs und laufen wie die Häschen", sagte der Österreicher gütig nach der erneuten Niederlage gegen Leipzig. Aus ihm sprach die Überzeugung, dass der 1. FC Köln bald wieder glücklichere Momente erlebt.

© SZ vom 04.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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