Neulich hat Klaus Augenthaler eine SMS bekommen, das Abschlusstraining seiner Mannschaft stand bevor. Augenthaler sah also auf ein Handy, ein Spieler hatte ihm geschrieben, dass er nicht kommen könne: "Sorry, Coach! Ich hab' schon seit Wochen Karten für ein Justin-Bieber-Konzert in München."
Augenthaler muss im Interview der Süddeutschen Zeitung (Wochenendausgabe) selbst lachen, als er die Geschichte erzählt, an einem Montagmittag Anfang Oktober. Er sitzt in einem Restaurant am Ammersee, in der Nähe seines Wohnorts, und spricht über sein neues Amt. Seit dem Sommer trainiert Augenthaler, 59, den Landesligisten SV Donaustauf aus der Nähe von Regensburg, und so eine Geschichte erlebt der Fußball ja auch nicht oft: dass ein Weltmeister von 1990 plötzlich einen Amateurverein coacht.
"Das ist schon ein Unterschied", sagt Augenthaler, wenn er die Bedingungen vergleicht mit denen, die er in seiner Zeit als Profi-Trainer vorfand. "Wir teilen uns in Donaustauf zum Beispiel einen Trainingsplatz mit Jugendmannschaften, da muss ich immer auf den Belegungsplan schauen." Und ein Mal schrieb ihm ein Spieler, dass er nicht zum Training kommen könne, weil er mit seinem Vater Holz hacken müsse. "Noch drücke ich da ein Auge zu", sagt Augenthaler, "langfristig kann es so nicht bleiben."
Trainer, die nie Profis waren, begegnet Augenthaler skeptisch
Bis 2007 war Augenthaler Bundesliga-Trainer, in Nürnberg, Leverkusen und Wolfsburg. Auch danach habe es noch Anfragen gegeben. "Aber ich hatte damals einen Anwalt, der mich beraten hat. Er sagte: Warte ab, vielleicht kommt noch ein besserer Verein." Augenthaler wartete ab, aber zu einem Bundesligisten fand er nicht. Inzwischen drängen viele Trainer auf den Markt, die selbst nie Profi waren. Augenthaler sieht das skeptisch: "Ich habe mit ein paar von ihnen telefoniert, die mir erklären wollten, wie der Fußball funktioniert. Da habe ich mich gefragt: Hat er jetzt 400 Bundesligaspiele oder ich?"
Mit seiner vorletzten Pressekonferenz als Wolfsburg-Trainer hat er es jedenfalls in die Geschichte der Bundesliga geschafft. 42 Sekunden dauerte sie, Augenthaler eröffnete den Journalisten: "Guten Tag! Es gibt vier Fragen und vier Antworten. Die Fragen stelle ich, die Antworten gebe ich auch." Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung gibt er nur die Antworten. Er spricht über die Generation der Weltmeister von 1990, über 1860-Fans, die ihn als Löwen-Trainer wollen - und über einen Zugang des FC Bayern, den er einst in die Isar schmiss.