Jürgen Klopp:Er kann auch Dortmund

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Als Jürgen Klopp zu Borussia Dortmund kam, stand er im Verdacht, ein Mainzer Milieutrainer zu sein. Jetzt zeigt er sein Talent, auch größere Welten zu erobern.

Christof Kneer

Er hat 2006 den deutschen Fernsehpreis gewonnen, 2008 die Wahl zum Brillenträger des Jahres, und in der nicht-olympischen Disziplin des Zaunkletterns ist er ohnehin auf Jahre hinaus unschlagbar. Jürgen Klopp hat schon viele Auszeichnungen angehäuft, aber bei einem weiteren Rekordversuch ist er gescheitert: Durch das 2:0 in Frankfurt wird sein BVB die Rekordmarken aus Köln und Kaiserslautern nicht gefährden können. Diese Klubs schafften 18 Remis in einer Saison - Dortmund (Stand:13) kann jetzt nur noch auf 17 kommen.

Sechster Sieg in Folge: Dortmunds Trainer Jürgen Klopp mit seinem Stürmersohn Mohamed Zidan. (Foto: Foto: Getty)

Die Statistik weist den BVB mit 13 Siegen, 13 Remis und nur vier Niederlagen als skurrilste Elf der Liga aus, aber hinter der Skurrilität lauert ein Potential, das den Rivalen Sorgen macht. Wer nur den nackten Zahlen vertraut, der nun zählt sechs Siege in Serie. Wer aber rechnet wie Jürgen Klopp, der kommt auf mindestens neuneinhalb; Klopp hat ja schon vor einer Weile beschlossen, so manches Remis als "halben Sieg" zu werten.

Seit Siege mit drei statt zwei Punkten entlohnt werden, hat das arme Remis viel mitmachen müssen. In der Beliebtheitsskala rangiert es nur noch knapp vor dem Abstiegsgespenst, und diese Geringschätzung hat der BVB zur unauffälligen Aufholjagd genutzt. In den vielen Remis steckte ja eine geheime Botschaft: Achtung, hier spielt eine Elf, die nach ein paar wirren Jahren wieder so stabil ist, dass sie ihre Spiele fast gewinnt. Inzwischen gewinnt sie die Spiele ganz.

Jürgen Klopp ist so schnell zum Dortmunder geworden, dass man es für ein Gerücht halten muss, dass er zuvor sieben Jahre lang in Mainz die Zäune hochgeklettert sein soll. Dortmunds Aufschwung verdankt sich neben ein paar banalen Glücksfällen (wie der Genesung von Dede, Kehl oder Owomoyela) vor allem der Arbeit des Mainzelmannes. Als er zum BVB kam, stand er noch im Verdacht, ein Milieutrainer zu sein, der nur Mainz kann. Nun ahnt man: Er kann auch Dortmund.

Er hat das Talent, auch größere Welten zu seinem Milieu zu machen. Seine wuchtigen Ansprachen und sein Gespür für klar strukturierten Sport funktionieren bislang auch eine Ebene höher, und seine Spieler sehen mit Respekt, dass ihr Fernsehpreisträger souverän genug ist, eigene Fehler a) zu erkennen und b) zu korrigieren. Dem eher altmodischen Spiel des Torjägers Frei hat er lange misstraut, aber er hat schnell gemerkt, dass er ohne altmodische Torerfolge den Klub nicht modernisieren kann.

Auf diese Weise hat Jürgen K. jeden Spieler jeden Tag besser gemacht, und in München ärgern sie sich im Stillen gewaltig, dass sie ihr Milieu vor einem Jahr einem anderen Jürgen K. anvertraut haben.

© SZ vom 04.05.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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