IOC-Präsident:Lange Rede, keine Antwort

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Bei der Pressekonferenz kurz vor Spielebeginn spricht Thomas Bach gerne über bunte Themen. Nicht so gerne spricht er über das heikelste sportpolitische Thema: das anhaltende Chaos um die Zulassung russischer Sportler.

Von Johannes Aumüller, Pyeongchang

Thomas Bach saß auf dem Podium und verbreitete den Eindruck, als sei er sehr zufrieden mit sich und seiner IOC-Welt. Ständig gebrauchte er das Wort "Highlight". Etwa weil das Internationale Olympische Komitee (IOC) auf seiner Session beschlossen hatte, die Jugendspiele 2022 nach Afrika zu vergeben. Weil es ein neues Programm aufgelegt hat, durch das die Ausrichter von Olympischen Spielen angeblich bis zu einer Milliarde Dollar einsparen könnten. Oder weil noch nie Sportler aus so vielen Ländern an Winterspielen teilnahmen wie nun in Pyeongchang, 92.

Sehr gerne sprach Bach bei der obligatorischen Pressekonferenz kurz vor Spielebeginn über solche Themen. Nicht so gerne sprach er über das heikelste sportpolitische Thema: das anhaltende Chaos um die Zulassung russischer Sportler. Am Freitag fangen die Spiele an, und bis kurz vor der Eröffnungsfeier wird unklar sein, aus wie vielen Athleten das Aufgebot des suspendierten russischen Olympia-Komitees besteht. 169 handverlesene Athleten lud das IOC ein, eine schlug die Einladung kurzfristig aus, die Eisschnellläuferin Olga Graf. Dafür wollen sich insgesamt 47 nicht eingeladene Athleten kurzfristig einklagen.

Die Richter wollen vom IOC genaue Gründe wissen

Am Mittwoch befasste sich die sogenannte Ad-hoc-Kammer des Internationalen Sportgerichtshofes (Cas) mit deren Eingaben. Die klagenden russischen Athleten setzen sich aus zwei Gruppen zusammen. Einmal geht es um eine 15-köpfige Fraktion, zu deren prominentesten Vertretern der Langläufer Alexander Legkow und der Skeletoni Alexander Tretjakow zählen: Diese waren vom IOC wegen angeblicher Verstrickungen ins Betrugssystem von Sotschi lebenslang für Olympia gesperrt worden, erkämpften sich einen Freispruch vor dem Cas - und mussten dann erfahren, dass sie trotzdem nicht eingeladen werden. Eine interne Prüfkommission habe Zweifel an deren Sauberkeit festgestellt. Zur anderen Gruppe gehören 32 Athleten wie Shorttracker Viktor Ahn oder Biathlet Anton Schipulin, gegen die es nie eine Sanktion gab, bei der die Prüfkommission aber ebenfalls an der Sauberkeit zweifelte.

Das Verfahren gestaltet sich intensiver als gedacht. Gemäß der Statuten des Cas soll seine bei Olympischen Spielen eingesetzte Ad-hoc-Kammer Streitfälle binnen 24 Stunden entscheiden; doch das passierte diesmal nicht. Stattdessen soll es am Donnerstag und womöglich noch am Freitagmorgen (Ortszeit) weitergehen. Das IOC erhielt vom Richter-Trio des Cas eine Frist, bis zu der es sich erklären soll. Sollte es die Hoffnung gehabt haben, dass sich die Richter aus formalen Gründen für nicht zuständig erklären, hat sich das nun erledigt. Dem Vernehmen nach wollen die Richter stattdessen genau wissen, aus welchen konkreten Gründen die einzelnen Sportler keine Einladung erhielten.

Das IOC habe "gute Argumente", fand Bach am Mittwoch - und machte noch eine bemerkenswerte Einlassung. Er hoffe, dass es schnell gehe mit der Entscheidung, aber: "Wir haben das Timing nicht in der Hand." Das sagte also just der leitende Mann jener Organisation, die das Thema so lange verschleppte. Und die hätte gewarnt sein müssen, weil sie vor zwei Jahren vor den Sommerspielen in Rio schon einmal erlebt hatte, wie sich russische Sportler wie die Schwimmerin Julia Jefimowa kurzfristig einklagten.

Ob er eine persönliche Verantwortung für die verfahrene Situation rund ums Russland-Thema trage, wurde der IOC-Chef am Ende der Pressekonferenz noch gefragt. Da holte Bach zu einer langen Rede aus, um das Tun des IOC und seiner Kommissionen der vergangenen Monate zu rekapitulieren. Aber eine klare Antwort gab es nicht.

© SZ vom 08.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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