Hinrunde der Bundesliga:Die Tabelle tröstet jeden

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Eintracht Frankfurt bedankt sich bei seinen Anhängern. (Foto: dpa)

Jenseits von Hoffenheim und Hannover schämt sich niemand für seine Bilanz - dabei gibt es nur zwei klare Gewinner der Hinrunde.

Kommentar von Philipp Selldorf

Die Vorrunde ist nun fast beendet, 154 von 156 Spielen der ersten Halbserie in der 53. Bundesligasaison sind abgeschlossen, und wenn man sich die Mühe macht, die Tabelle etwas näher zu betrachten, dann möchte man ausrufen: Na und? Ist doch gar nichts passiert.

Das betrachtet man in Hannover und Hoffenheim, wo man sich am unteren Rand des Bildes häuslich eingerichtet hat, vermutlich nicht ganz so entspannt, doch selbst an diesen Orten wird von der für Tabellenschlusslichter eigentlich vorgeschriebenen Panik abgesehen: Niemand, nicht mal ein ambitionierter Nachwuchsultra, steigt in Sinsheim auf die Barrikaden, obwohl sich die 1899er das Toreschießen so kategorisch abgewöhnt haben wie Thomas Tuchel das Weizenbrot und den Industriezucker.

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Nach Kovacs Abschied ist die Trainersuche an der Säbener Straße in vollem Gang. Die Anforderungen sind groß, nur deutscher Meister zu werden, reicht nicht aus. Eine Ahnengalerie.

Und in Hannover ist trotz anhaltenden Misserfolgs nicht mal der allmächtige Präsident ausgeflippt - immer noch hat Martin Kind keinen Trainer entlassen, was auch eine Form der Askese darstellt. Das Verzichten am Tabellenende hat aber wohl örtliche Ursachen und sollte nicht als Trend missverstanden werden: Während man in Hannover erkannt hat, dass die Mannschaft deutlich mehr Punkte aufs Konto geschafft hat (14), als ihr sportlich zustanden (14), verzichtet man in Hoffenheim aus Tradition und aus Prinzip auf Emotionen.

Jenseits von Hannover und Hoffenheim ist diese Tabelle eine besonders freundliche Tabelle, sie lässt nahezu jedem Teilnehmer das Gefühl, dass er sich seines Ertrages und seiner Leistungen nicht zu schämen braucht. Für fast jeden findet sich ein Trost, jeder kann behaupten, dass ihm während der Hinrunde sein erklärtes Ziel nicht abhanden gekommen ist.

Es gibt zum Beispiel die designierten Spitzenklubs - Wolfsburg, Leverkusen, Mönchengladbach, Schalke -, die zwar oft nicht wie Spitzenklubs gespielt haben, aber ihren sozialen Status doch halbwegs haben erhalten können. In der Tabelle bilden sie ein Rudel, sie halten so eng Kontakt zueinander, als ob sie während der Rush Hour gemeinsam in den Omnibus gesperrt wurden. Borussia Dortmund hat sich von diesem Quartett der Halbstarken bereits distanziert und nimmt trotz der Niederlage in Köln auf dem zweiten Platz eine insulare Stellung ein.

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Die Spitze der Tabelle ziert, wie das üblich ist, der FC Bayern. Das überrascht niemanden auf der Welt und nicht mal den Mann im Mond. Im vorigen Jahr hatten die Bayern zu diesem Zeitpunkt zwar bereits elf Punkte Vorsprung auf den Zweiten, dies kann man ihnen nach einer Vorrunde mit einer Niederlage und einem Unentschieden aber nicht zum Vorwurf machen.

Guardiola wird nicht barmherzig sein

Wird sich an ihrer Überlegenheit etwas ändern, wenn nun Pep Guardiola erklärt, dass er im Sommer den Verein verlassen und künftig einen englischen Verein trainieren wird? Mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht. Es ist der übliche Lauf der Dinge. Gern hätte man erlebt, dass dieser Lauf mal unterbrochen würde, aber es wird wieder nicht passieren, dass der Startrainer Guardiola sagt, er wolle seine Trainerkunst diesmal keinem Millionärsklub zur Verfügung stellen, sondern auf dem Wege einer barmherzigen Mission - dem MSV Duisburg. Doch so viel Barmherzigkeit ist nicht in der Welt.

Es gibt aber auch zwei Gewinner der Vorrunde, die selbst nicht damit gerechnet hatten, zu den Gewinnern gezählt zu werden. Darmstadt 98 hat nach den radikalen Umbauten im Spielerkader und der beschleunigten Versetzung aus den Unterhäusern (dritte und zweite Liga) ins Oberhaus das Tasmania-Berlin-Syndrom befürchtet, und nun ist ein vorläufig solider Platz im Mittelfeld dabei herausgekommen. Und der FC Ingolstadt, der andere bescheidene Neuling, steht sogar noch ein Stückchen besser da. In Darmstadt und Ingolstadt weiß man jedoch: Das Ende der Vorrunde ist nur der Anfang der Rückrunde.

© SZ vom 20.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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